Bericht der Gentechnikkommission zeigt aktuelle Handlungsfelder auf
Wien (pk) - Die Information der Öffentlichkeit über die Entwicklungen im Gentechniksektor schreibt
das heimische Gentechnikgesetz vor. Dementsprechend übermittelt das Gesundheitsministerium gemeinsam mit dem
Wissenschaftsministerium dem Parlament jedes dritte Jahr einen entsprechenden Bericht der zuständigen Kontrollstelle,
der heimischen Gentechnikkommission.
Wichtige Vorkehrungen zum gesetzlichen Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft Österreichs sind laut Bericht
in den letzten Jahren getroffen worden, nachdem 2015 eine EU-Richtlinie dies ermöglicht hatte. Unabhängig
davon komme der heimischen Biotechnologie-Forschung eine große Bedeutung zu. Hingewiesen wird allerdings
auf die Notwendigkeit umfassender Förderkonzepte, um Österreich auch weiterhin als wirtschaftlichen Standort
biotechnologischer Aktivitäten zu erhalten.
In ihrem nunmehr siebenten Bericht über den Zeitraum 2014 bis 2016 (III-237 d.B.) beleuchtet die Gentechnikkommission
auch die Entwicklungen auf EU-Ebene und ihren Einfluss auf die nationale Gentechnikpolitik.
GVO auf heimischen Feldern untersagt
Die Republik war 2015 eines der ersten Länder in der Europäischen Union, die die EU-Richtlinie zur Selbstbestimmung
der Mitgliedstaaten beim Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in nationales Recht umsetzten,
erinnert die Gentechnikkommission. Bereits im Rahmen des EU-weiten Marktzulassungsverfahrens mache die Republik
durch das Gentechnik-Anbauverbotsrahmengesetz von der europarechtlich festgeschriebene Möglichkeit Gebrauch,
Aussaaten oder Pflanzungen von GVO im Bundesgebiet zu untersagen ("opt out"). In anderen EU-Staaten seien
dagegen im Berichtszeitraum insgesamt 26 GVO (Mais, Raps, Baumwolle, Sojabohnen, Nelken) zugelassen worden, 40
weitere befänden sich in der Pipeline.
Die ebenfalls 2015 erfolgte Verlängerung von zwei nationalen Verordnungen, die das Inverkehrbringen von gentechnisch
veränderten Rapsarten verbieten, nennt die Gentechnikkommission als weiteres Beispiel für die kritische
Haltung Österreichs zu genmanipulierten Erzeugnissen. Bedenken gebe es nicht zuletzt wegen potenzieller Verbreitungen
("Auskreuzungen") von Gentechnik-Pflanzen während des Transports. Außerdem seien noch nicht
sämtliche toxikologischen Risiken abschätzbar.
Schutz vor grenzüberschreitender GVO-Verbreitung
Bereits 2001 wurde mittels der heimischen Saatgut-Gentechnik-Verordnung dafür gesorgt, dass ausschließlich
gentechnikfreies Saatgut in Österreich angeboten wird. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
(AGES) überwacht die Einhaltung dieser Bestimmung und sammelt Informationen zu den Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten,
mit denen das unbeabsichtigte Vorhandensein von GVO in Kulturpflanzen vermieden werden soll ("Koexistenz-Maßnahmen”).
International viel Diskussion gibt es der Gentechnikkommission zufolge über neue Züchtungstechniken ("Grüne
Gentechnik"). Der Europäische Gerichtshof entschied 2018, dass durch gerichtete Mutagenese erzielte Genomveränderungen
an Pflanzen, etwa zur Hebung der Pestizidresistenz, als GVO gelten und somit von der Opt-out-Regelung erfasst sind,
heißt es auf der Website des Sozialministeriums. Zufällige Genomänderungen bzw. herkömmliche
Züchtungstechniken seien davon ausgenommen, fallen also nicht unter den Geltungsbereich des österreichischen
Gentechnikgesetzes (GTG).
Kaum Mängel in der Genforschung
Gemäß GTG müssen Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen in geschlossenen Systemen
wie Forschungslaboratorien oder Produktionsanlagen behördlich genehmigt werden. Im Berichtszeitraum verzeichnete
das Gesundheitsministerium 64 entsprechende Anmeldungen und Anträge, das Wissenschaftsministerium 469. Die
Mehrzahl der Anmeldungen betraf die Sicherheitsstufe 1, unter die erstmalige Arbeiten mit gentechnisch veränderten
Mikroorganismen, transgenen Pflanzen oder Tieren fallen. Bei den Kontrollen gentechnischer Anlagen ergaben sich
laut Gentechnikkommission nur minimale Beanstandungen. Gefundene Mängel wurden als geringfügig eingestuft.
Wie schon im vergangenen Berichtszeitraum 2011 bis 2013 wurde auch im aktuellen kein Antrag auf das Inverkehrbringen
von GVO-Erzeugnissen gestellt, so die Gentechnikkommission. Im Bereich der genetischen Analyse stellten Krankenanstalten,
medizinische Universitäten und private Einrichtungen insgesamt 20 Anträge, unter anderem zur Durchführung
einer Präimplantationsdiagnostik bei künstlicher Befruchtung. Zur somatischen Gentherapie am Menschen
gab es sieben Anträge. Sie betrafen neue Behandlungsmöglichkeiten, beispielsweise bei Hautkrebs und genetisch
bedingten Hautkrankheiten, etwa bei Schmetterlingskindern. Alle Anträge befürwortete die Kommission.
Biotechnologie als Zukunftsfaktor
Die Gewährleistung der sicheren Anwendung von Gentechnik trägt dem Vorsorgeprinzip im heimischen Gentechnikgesetz
Rechnung. Die Gentechnikkommission sieht hier allerdings einen engen Zusammenhang mit dem ebenfalls im GTG festgeschriebenen
Zukunftsprinzip, da nur eine effektive Forschung mögliche Risiken und Gefahren zutagefördern und langfristige
Konsequenzen für Mensch und Umwelt erkennbar mache. Der biotechnologischen Forschung und ihrer wirtschaftlichen
beziehungsweise medizinischen Anwendung wird daher große Bedeutung beigemessen.
In Österreich existieren derzeit 336 Biotech-Unternehmen mit rund 26.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
und Umsatzerlösen von 11,65 Mrd. € pro Jahr, zeigt die Gentechnikkommission auf. Nicht nur als Wirtschaftsfaktor
nehmen hierzulande die "Life Sciences" einen hohen Stellenwert mit viel Wachstumspotenzial gerade bei
kleinen und mittleren Unternehmen ein. Besonders für die medizinische Forschung sei dieser Wissenschaftsbereich
unter Einhaltung ethischer Aspekte nicht mehr wegzudenken, unterstreicht die Kommission, sodass für nicht
oder schwer therapierbare Krankheiten neue Medikamente und Therapien entwickelt werden.
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