OÖ startet durch am Weg
 zum europaweiten Atomausstieg

 

erstellt am
15. 03. 19
13:00 MEZ

Ergebnisse des Antiatom-Allianz-Gipfels 2019
Linz (lk) - Antiatom-Gipfel: Große Einigkeit aller Parteien und NGOs. Oberösterreich ist in der EU DER Motor für einen schrittweisen gesamteuropäischen Atomausstieg: Die Allianz der Regionen und der Städte wurde gegründet, die Atomenergie ist mittlerweile völlig unwirtschaftlich, das Ziel eines Verbots der Subventionen für neue AKW ist in greifbarer Nähe und jetzt konzentriert sich auch Oberösterreich ganz stark auf eine Begrenzung der Laufzeitverlängerungen. Denn wenn es gelingt, den Neubau von AKWs vollständig zu stoppen und die Laufzeit zu begrenzen, dann ist der schrittweise Atomausstieg Wirklichkeit. Daher wurde von der von Oberösterreich angeführten Allianz erstmals eine internationale Studie über die Auswirkungen der Laufzeitverlängerungen in Auftrag gegeben - am 15. März wurde beim Antiatom-Gipfel der Zwischenbericht präsentiert. Bleiben Uralt-AKWs Jahrzehnte länger als geplant in Betrieb, dann erhöht dies die Sicherheitsrisiken signifikant, keines dieser AKWs wäre heute genehmigungsfähig. Daher will Oberösterreich durchsetzen, dass die EU klare Regeln für die Begrenzung von Laufzeitverlängerungen beschließt: Eine Obergrenze von 40 Jahren für den Betrieb von AKWs und grenzüberschreitende Umweltverträglichkeitsprüfungen für die derzeit völlig intransparenten Genehmigungsverfahren für den Weiterbetrieb. Dafür sammelt Oberösterreich nun Unterstützer: bei EU-Kommission und den EP-Fraktionen, bei Regionen in ganz Europa, bei den europaweiten NGOs, die am 8. Mai zu einer Antiatomkonferenz nach Linz kommen werden und durch Rechtschritte.

Beim diesjährigen Antiatomgipfel wurde unter Leitung von Umweltlandesrat Rudi Anschober die zukünftige Antiatom-Arbeit des Landes zwischen allen Landtagsparteien, den NGOs aus Tschechien, Bayern und Oberösterreich koordiniert, Fachinputs von Expert/innen gegeben und Schwerpunkte festgelegt. Dies mündet in einen Beschluss der Landesregierung für ein neues Antiatom-Maßnahmenpaket, das am Montag von LR Anschober in der Regierung eingebracht wird und mit 290.000 Euro dotiert ist. Die Vereine der oö. Antiatom-Offensive werden sich im Rahmen des heurigen Maßnahmenpaketes weiterhin auf Aktivitäten gegen den Ausbau von AKWs in Tschechien konzentrieren und die Informationsarbeit verstärken. Eine wichtige Basis stellt die Zusammenarbeit der Vereine aus Tschechien, Oberösterreich und Bayern dar. Auch die "Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg" wird einen wichtigen Beitrag leisten. Im Zentrum steht die gemeinsame Arbeit für einen schrittweisen, europaweiten Atomausstieg.

Dazu setzt Oberösterreich auf den wirtschaftlichen Hebel: Einerseits kämpft Oberösterreich für ein Verbot von staatlichen Subventionen für AKW-Neubauprojekte, etwa durch die Nichtigkeitsklagen der Republik gegen die Atomprojekte Hinkley Point (GB) und Paks (HU). Andererseits sollen eine EU-weite Begrenzung von Laufzeitverlängerungen und grenzüberschreitende UVPs für alte AKWs erreicht werden. Die "Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg" - 16 Regionen mit 50 Millionen Einwohner/innen - präsentierte letzte Woche in Brüssel im EU-Parlament den ersten Zwischenbericht der internationalen Studie über die Risiken der Laufzeitverlängerungen alter AKW.

Erste internationale Studie zum Risiko von Laufzeitverlängerungen alter AKW
Nichts geht mehr beim Neubau von Atomkraftwerken - daher setzt die Atomindustrie trotz bereits veraltetem Kraftwerkspark auf Laufzeitverlängerungen für alte AKWs - etwa in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Schweden, Belgien und anderen Ländern. Schon jetzt ist der Kraftwerkspark innerhalb der EU in die Jahre gekommen: Die 125 Reaktoren haben ein Durchschnittsalter von 33,4 Jahren. Alternde Atomreaktoren sind sehr anfällig für Unfälle und die Menschen in Europa sind diesen steigenden Risiken täglich ausgesetzt. Der vorliegende erste Zwischenbericht der umfassenden Studie, die von der INRAG (International Nuclear Risk Assessment Group) unter Mitarbeit von 15 Top-Expert/innen aus sechs Ländern erstellt wurde, untersuchte in den vergangenen Monaten die Bedeutung der Alterung von Atomkraftwerken. Analysiert wurden auch der Umgang mit den Risiken alter Anlagen und die geforderte kontinuierliche Erhöhung des Sicherheitsniveaus von Atomkraftwerken in Europa.

Die Expert/innen, darunter Dipl.-Physikerin Oda Becker und Dr. Nikolaus Müllner, Vorsitzender der INRAG erklären: "Europas Kernkraftwerke wurden Großteils in den 1970er Jahren gebaut. Seither wurden neue Risiken erkannt, denen durch Nachrüstung der Kernkraftwerke nicht völlig begegnet werden kann. Die vorhandenen Sicherheitskonzepte sind daher teilweise veraltet. Die Kernkraftwerke, die sich heute in Europa im Betrieb befinden, wären als Neubau nicht genehmigungsfähig. Zusätzlich werden Sicherheitsmargen durch Alterung reduziert. Nicht austauschbare Komponenten, Systeme und bauliche Strukturen verlieren durch Alterungsprozesse an Qualität. Die Veralterung von Sicherheitskonzepten und die technische Alterung führen dazu, dass von alten Kernkraftwerken, die über ihre ursprünglich geplante Laufzeit betrieben werden, ein erhöhtes Risiko für schwere, möglicherweise katastrophale Unfälle und Freisetzungen von radioaktiven Materialen ausgeht."

Oberösterreichs Umweltlandesrat Rudi Anschober, Initiator der Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg: "Die Studie zeigt die dramatischen Sicherheitsrisiken der derzeitigen Praxis von Laufzeitverlängerungen alter AKWs auf. Jetzt muss auf europäischer Ebene dringend gehandelt werden - es braucht einheitliche Standards der EU zur Begrenzung der Laufzeit und damit des steigenden Risikos. Wir informieren daher Öffentlichkeit, Europaparlament und Kommission über die ersten Zwischenergebnisse der großen Risikostudie und legen unsere Forderungen vor. Unsere Ziele als ‚Allianz der Regionen für einen schrittweisen europaweiten Atomausstieg' als Auftraggeber der Studie sind: Klare transparente Genehmigungserfahren mit Beteiligung der Nachbarregionen durch eine grenzüberschreitende UVP wie bei der Erstgenehmigung durchzuführen sowie eine Obergrenze für die Betriebszeit von Atomkraftwerken von maximal 40 Jahren. Nur so kann das wachsende Risiko verlässlich beschränkt werden. Nach der Präsentation des Zwischenberichts und der geforderten Konsequenzen, samt Übergabe an Europaparlament und EU-Kommission, wird der Endbericht der Studie im Rahmen einer Großveranstaltung im Herbst von der Allianz präsentiert und der politische Diskurs gestartet."

Die Grundaussagen des ersten Zwischenberichts der Studie sind

  • Der Weiterbetrieb von Altanlagen erhöht die nuklearen Risiken in Europa. Die Alterung birgt ein deutlich erhöhtes Risiko für radioaktive Freisetzungen und schwere Kernkraftwerksunfälle. Dieses deutlich erhöhte Risiko wird durch den Weiterbetrieb von Altanlagen durch Laufzeitverlängerungen nochmals signifikant erhöht. Daran können auch partielle Nachrüstungen wenig ändern.
  • Die nuklearen Risiken von Altanlagen müssen bekannt sein, um ihre Sicherheit bewerten zu können. Betreiber und Aufsichtsbehörden sind für die Prüfung und Genehmigung alternder Atomkraftwerke zuständig und bewerten ihre Sicherheit. Ihre Aussagen über die Sicherheit einer Anlage sind aber lediglich rechtlich normative Bewertungen.
  • Alterungsprozesse erhöhen das Risiko von Störungen und Störfällen. Die Ursache vieler sicherheitsrelevanter Ereignisse ist auf Alterungsprozesse zurückzuführen. Dies zeigen die Betriebserfahrungen. Alterungsprozesse wie Korrosion, Verschleiß oder Versprödung mindern die Qualität von Sicherheitseinrichtungen bis hin zu deren Ausfall.
  • Die Kraftwerkskonzepte der 1970-80er Jahre sind sicherheitstechnisch veraltet Die Errichtungs- und Betriebsgenehmigungen von vielen Atomkraftwerken sind zum Teil bereits 30 Jahre oder älter. Damals wurden sie nach den Genehmigungsprüfungen als
  • "sicher" für den Betrieb zugelassen. Die zur Verfügung stehenden Überprüfungsinstrumente waren damals jedoch weit weniger entwickelt als heute und die Überprüfungsstandards auf einem deutlich tieferen Niveau.
  • Viele Kernkraftwerke werden jenseits der Grenze der ursprünglichen technischen Auslegung auf einem veralteten technischen Stand betrieben. Die technische Auslegung vieler Atomkraftwerke erfolgte vielfach für Laufzeiten von 30 oder 40 Jahren. Dieser Zeitraum stellt in der Praxis jedoch keine verbindliche Grenze dar, wie viele europäische Beispiele zeigen. Laufzeiten werden sogar ohne grundlegende Modernisierung verlängert.
  • Die Aussage, dass die Sicherheit alter Atomkraftwerke durch Nachrüstungen kontinuierlich verbessert worden sei, verstellt den Blick. Die Nachrüstungen dienten häufig der Beseitigung von Mängeln in der Anlage bzw. dem Schutz vor Risiken, die zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht erkannt worden sind.
  • Nachrüstungsmaßnahmen sind prinzipiell begrenzt. Wesentliche konzeptionelle Schwächen alter Atomkraftwerke bleiben bestehen. Sicherheitsanforderungen nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik lassen sich im Design alter Atomkraftwerke nicht vollständig umsetzen. Elementare Schwachstellen der veralteten Sicherheitskonzepte können nicht behoben werden.
  • Die Möglichkeiten des Alterungsmanagements sind limitiert. Reparatur und Austausch der von Alterung betroffenen Komponenten können nur lokal begrenzt und vorübergehend Defizite beseitigen. Alterungsprozesse werden allenfalls unterbrochen oder verlangsamt, aber nicht verhindert.
  • Nachrüstungsmaßnahmen und Reparaturen in Altanlagen beinhalten immer auch ein zusätzliches Risiko. Durch Eingriffe in die Sicherheitstechnik der Alt-Anlage können neue Risiken etwa durch unvorhergesehene Wechselwirkungen geschaffen werden. Beim Umstieg auf neue technische Lösungen besteht das Problem der Kompatibilität mit vorhandener Technik.
  • Fehlende Dokumentationen und Informationen erschweren die Bewertung der Sicherheit von Altanlagen . Sicherheitsnachweise für alte Kernreaktoren stoßen häufig an nicht überwindbare Grenzen, wenn die vorliegenden alten technischen Dokumente fehlerhaft sind, teilweise oder vollständig fehlen.
  • Fehlende Transparenz erschwert eine Bewertung der Risiken für Dritte
  • Das Verfahren der Sicherheitsüberprüfungen der in Betrieb befindlichen Anlagen ist für Dritte nicht transparent. Es fehlen prozedurale Festlegungen, mit denen für alle Betroffenen ein ausreichender Zugang zu Informationen und eine angemessene Beteiligung an Entscheidungsprozessen sichergestellt werden.
  • Es fehlt die Möglichkeit für internationale Beteiligung, obwohl die Risiken grenzüberschreitende Folgen haben können. Eine verbindliche internationale Beteiligung ist in den meisten Verfahren zur Laufzeitverlängerung nicht vorgesehen. Während ein Neubau von Kraftwerken heute zwingend mit internationaler Beteiligung einhergeht, wird die Entscheidung über den Weiterbetrieb von Altanlagen souverän von den Nationalstaaten - ohne Einbeziehung von Nachbarstaaten - getroffen.
  • Nukleare Risiken bleiben für die Betroffenen im Dunklen
  • Die für die Öffentlichkeit freigegebenen Informationen sind für die Betroffenen zumeist nicht verständlich und behandeln nicht die kritischen Punkte der Sicherheit. Eine Verpflichtung der Betreiber und der Behörden darüber zu informieren besteht nicht.
  • Es gibt keine unabhängige, internationale Überprüfungsinstanz und keine international verbindlichen Regeln zur Umsetzung von Sicherheitsanforderungen an Altanlagen
  • International gibt es keine unabhängigen Prüfinstanzen. Zudem lassen die Regeln bei alten Anlagen immer die Ausnahme zu, dass Maßnahmen nur dann umgesetzt werden, wenn es wirtschaftlich vernünftig ist.



Statements der Vertreter/innen des OÖ Landtags
Zweiter Landtagspräsident DI Dr. Adalbert Cramer: FPÖ sagt ganz klar NEIN zur Atomkraft: "Atomkraft ist keine nachhaltige oder zukunftsträchtige Technologie. Sie stellt ein hohes Risiko und eine große Gefahr für Mensch und Natur dar. Daher kämpfen wir gegen den Ausbau von bestehenden Atomkraftwerken. Wir fordern die Schließung grenznaher Atomkraftwerke. Das ist das Gebot der Stunde. Aber auch die Errichtung von Atommüllendlagern in unmittelbarer Nähe zur oberösterreichischen Grenze weisen wir vehement zurück. Wir dürfen uns der Gefahr einer radioaktiven Bedrohung nicht aussetzen. Dass sind wir unseren zukünftigen Generationen schuldig. Darum kommt von der FPÖ ein ganz klares 'NEIN' zur Atomkraft."

Dritte Landtagspräsidentin Gerda Weichsler-Hauer (SPÖ): Atommülllager brauchen EU-Kontrolle. Weichsler-Hauer fordert eine EU-Kontrollbehörde für Atommülllager:
"In Sachen Kontrolle von Atommülllager und von stillgelegten Kernkraftwerken hat die EU Gelegenheit ihre Stärken auszuspielen. Ein einheitlicher Mindestsicherheitsstandard auch in unseren Nachbarländern des ehemaligen Ostblocks sollte von der EU überwacht werden. Derzeit herrschen z.B. in Tschechien relativ enge Verquickungen zwischen Kernkraftwerksbetreibern, nationaler Aufsichtsbehörde und nationaler Politik. Dieser Zustand ist anfälliger für Korruption und ein Auge-zu-Drücken bei nötigen kostenintensiven Sicherheitsmaßnahmen. Deshalb fordere ich hier eine eu-weite Kontrolle! Strengere nationale Kontrollen sollten natürlich weiterhin möglich sein", stellt Weichsler-Hauer (SPÖ) fest.

LAbg. Gabriele Lackner-Strauss (ÖVP): Breiter Oö. Schulterschluss gegen Atomkraft: "In Sachen Anti-Atom-Politik nimmt Oberösterreich seine Vorreiterrolle konsequent wahr". OÖVP-LAbg. Gabriele Lackner-Strauss ist sehr erfreut, dass in der vergangenen Landtagssitzung eine entsprechende Initiative einstimmig beschlossen worden ist. "Wir wollen damit ein starkes gemeinsames Zeichen gegen die unsaubere Atomenergie setzen. Ziehen wir der unwirtschaftlichen Atomlobby den Stecker! Es braucht eine Trendwende in der europäischen Atompolitik und keine Subventionen von Atomkraftwerken. Wir müssen auch dafür kämpfen, dass veraltete Reaktoren nicht noch länger am Netz bleiben dürfen", so Lackner-Strauss.

LAbg. Ulrike Schwarz (Grüne): "Jede Laufzeitverlängerung ist klar abzulehnen, denn je länger die AKWs laufen, desto mehr radioaktiver Müll wird produziert. Und gerade aus Mühlviertler Sicht steigt somit weiter die Gefahr durch Atommülllager an der Grenze. Wir müssen daher ganz konsequent den Atomausstieg vorantreiben. Dabei ist auch die Unterstützung der NGOs vor Ort ganz entscheidend, damit Bewusstsein für Gefahren geschaffen wird", mahnt die Mühlviertler LAbg. Ulrike Schwarz den Atomausstieg ein.

 

 

 

Weitere Informationen:
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Allgemeine Informationen:
http://www.land-oberoesterreich.gv.at

 

 

 

 

 

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