Hannover/Wien (tu) - Mit Finite-Elemente-Software kann man heute in der Industrie zahllose physikalische Aufgabenstellungen
lösen. Die TU Wien bietet in diesem Bereich etwas ganz Besonderes: Das Softwarepaket „NGSolve“ wird auf der
Hannover Messe präsentiert.
Egal ob man den Crashtest eines Autos simulieren oder das Strömungsverhalten von Gasen berechnen möchte
– für fast jedes produzierende Unternehmen sind große, effiziente Computersimulationen unverzichtbar.
Gerne wird dabei die Finite-Elemente-Methode eingesetzt, ein extrem mächtiges und vielseitiges Rechenverfahren.
Doch komplizierte Aufgaben erfordern eine perfekt programmierte Software. An der TU Wien steht nun das Programmpaket
„NGSolve“ zur Verfügung, das mit stets aktualisierten Algorithmen auf dem neuesten Stand der mathematischen
Forschung ist, optimiert für exzellente Parallelisierbarkeit, und bestens einsetzbar für die Lösung
physikalisch komplizierter Multiskalen-Probleme. Oft greifen verschiedene physikalische Effekte ineinander – so
können etwa elektromagnetische Effekte mit mechanischen Effekten gekoppelt sein, oder akustische Effekte mit
Phänomenen der Strömungslehre. All das lässt sich mit NGSolve rasch und präzise berechnen.
NGSolve wird gratis zur Verfügung gestellt, das Team um Prof. Dr. Joachim Schöberl, am Institut für
Analysis and Scientific Computing der TU Wien, bietet Firmen Unterstützung, die NGSolve-Methoden für
komplizierte Anwendungen nutzen und mit ihren eigenen Tools kombinieren möchten.
Finite Elemente auf dem neuesten Stand der Forschung
Die Grundidee der Finite-Elemente-Methode ist einfach: Ähnlich wie man ein Foto in eine große Anzahl
von Pixeln zerlegt, um es auf dem Bildschirm darstellen zu können, werden Objekte in kleine Einzelelemente
zerlegt, um sie am Computer besser berechnen zu können. Das Objekt kann eine ganze Autokarosserie sein, ein
kleines elektronisches Bauteil oder auch ein strömendes Gas in einer kompliziert geformten Röhre. Physikalisch
lässt sich das Verhalten dieser Objekte mit Differentialgleichungen beschreiben, die man am Computer effizient
lösen kann, wenn man das Objekt auf kluge Weise in Form eines passend geformten Gitternetzes modelliert.
Dabei gibt es aber viele wichtige Fragen zu berücksichtigen: „Finite-Elemente-Software gibt es in vielen Variationen,
aber kaum eine ist so flexibel und effizient wie unsere“, sagt Prof. Joachim Schöberl, der Leiter der Forschungsgruppe
für Scientific Computing and Modelling an der TU Wien. „Im Bereich von Algorithmen wird viel geforscht, uns
ist es wichtig, eine Software zur Verfügung zu stellen, die den allerneuesten Stand der Wissenschaft effizient
für Anwender einsetzt.“ Dadurch werden die Ergebnisse immer genauer, und die Berechnungen werden deutlich
schneller. Besonders für schwierige Simulationsaufgaben ist das von entscheidender Bedeutung, denn da ist
der zeitliche Aufwand für die Berechnungen oft der limitierende Faktor.
Besonderes Augenmerk wurde auch auf die Parallelisierbarkeit der Algorithmen gelegt: Jeder Standard-PC arbeitet
heute mit mehreren Prozessoren gleichzeitig, bei wissenschaftlichen Großcomputern werden oft tausende Prozessorkerne
genutzt. Das funktioniert aber nur dann gut, wenn die Software perfekt darauf ausgelegt ist, die Rechenaufgaben
in Portionen zu zerlegen, die auf viele Prozessoren verteilt und dann gleichzeitig gelöst werden können.
Verschiedene Effekte auf unterschiedlichen Größenskalen
Eine besonders schwierige Aufgabe im Rahmen der Finite-Elemente-Methode ist die Lösung von sogenannten Multiskalenproblemen.
„Stellen wir uns etwa vor, wir möchten ein Transformatorblech simulieren. Elektromagnetische Effekte, die
etwa Wirbelströme verursachen, treten auf einer Skala im Millimeterbereich auf. Sie hängen aber mit mechanischen
Vibrationen zusammen, die das ganze Objekt auf einer Skala von mehreren Metern betreffen“, erklärt Joachim
Schöberl.
NGSolve läuft auf allen gängigen Plattformen (Windows, MacOSX, Linux) und verfügt über eine
grafische Benutzeroberfläche, die mit Hilfe der Scriptsprache Python sehr einfach in bestehende Simulationspakete
integriert werden kann. Die Software steht gratis zum Download bereit. Auf der Hannover Messe präsentiert
die TU Wien nun das Programmpaket und sucht das Gespräch mit interessierten Firmen. Die TU Wien stellt ihr
Know-how zur Verfügung, wenn es darum geht, proprietäre Lösungen für konkrete Aufgabenstellungen
zu entwickeln oder NGSolve optimal in bestehende Workflows einzubinden.
Auf der Hannover Messe vom 1.4. bis 5.4.2019 wird diese Technologie gemeinsam mit anderen Innovationen der TU Wien
als „Industrial Supply“ präsentiert – in Halle 3 auf Stand H20, organisiert von der WKO. Dort präsentiert
die TU Wien auch:
- Grüne Kraftstoffe aus biogenen und industriellen Reststoffen:
flexible Produktion wertvoller Energieträger – wie Grüner-Benzin, Wasserstoff, Grünes Erdgas – mit
Systemwirkungsgraden von 50, 65 % bis 80 %: durch Zweibett-Wirbelschicht-Dampfvergasung
- Neue Hochleistungswärmespeicher zur Integration in
industrielle Produktions- sowie Kraftwerksprozesse mit Leistungen von hundert Kilowatt bis hunderte Megawatt ermöglichen
eine energetisch hoch effiziente Nutzung von Abwärmeniveaus von bis zu 850° C.
- Hochdynamische Wärmespeicher, die für Abwärme
bis 400° C ideal und damit für das Vorwärmen von Katalysatoren von Verbrennungskraftmaschinen geeignet
sind und so die Schadstoffemissionen von Fahrzeugen bei kurzen Fahrten drastisch reduzieren können.
- Planetenmotor: ein neuartiger industrieller Elektro-Antrieb
für höchste Leistungsdichte und zu verringerten Kosten; bis zu 50 % mehr Leistung als Motoren herkömmlicher
Bauart, höchste Energieeffizienz über gesamten Einsatzbereich, extrem kompakte bzw. flache Bauweise möglich;
Multirotorstruktur (ein Stator mit vier/sechs/acht/ … Rotoren) bei gleichzeitig reduziertem Materialbedarf für
den Stator
- Energiesparen mit sensorlosen Antrieben: Permanentmagnet
erregte sowie Reluktanz-Motoren mit sensorloser Regelung sind Antriebe höchster Zuverlässigkeit für
höchste Effizienzansprüche (IE4) und werden durch die reduzierten Kosten in Produktion und Wartung als
Ersatz für wenig effiziente Asynchronmaschinen attraktiv.
- Sensorlose Magnetlager liefern für hochtourig laufende
Wellen höchste Dynamik und erhöhte Sicherheit bei reduzierter Baugröße und gesenkten Kosten
und ermöglichen die Kompensation von Unwuchten – z. B. bei Schwungrädern, die Elektrizität mechanisch
speichern können.
- Neue 2-in-1 Lasersonde erlaubt das gleichzeitige Messen
von Geschwindigkeits- und Konzentrationsverteilungen über einen Querschnitt und damit das hochauflösende
und berührungslose Beobachten von Strömungen, Mischvorgängen und chemischen Reaktionen.
- Multiphysikalische Simulations Software für Maschinen
und Bauteile mit komplexen physikalischen Eigenschaften, insbesondere für Strömungstechnik, Elektromagnetismus,
mechanische Belastungen, Akustik, Nanooptik etc. – sowie deren Verknüpfungen und Rückkoppelungen. Sie
ist extrem präzise, schnell und effizient und lässt sich in bestehende Softwarelösungen integrieren.
Kostenlose freie Lizenz: ngsolve.org
- Neues Epoxidharz mit 1-Punkt-Härtung ist besonders
lagerstabil und ermöglicht zeit- und energieeffiziente sowie umweltfreundliche on-demand-Aushärtung des
Harzes durch einen lokalen Licht- oder Wärmeimpuls und ist geeignet für Faser- und Partikelkomposite,
Formteile, Rissfüllungen, Verklebungen, Tränkharze und Vergussmassen – auch unter Wasser.
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