LH-Vorsitzender Kaiser unterstrich Wichtigkeit gemeinsamen Vorgehens der Bundesländer
– BM Blümel, LH Mikl-Leitner, Bgm. Ludwig und Kaiser sehen Bund und Länder trotz derzeit unklarer Lage
mit Brexit-Gesetzen für Austritt Großbritanniens bestens vorbereitet
Wien/Klagenfurt (lpd) - Der Brexit, also der Austritt Großbritanniens aus der EU, und mögliche
Auswirkungen auf die Bevölkerung sowie auf österreichische Unternehmen in den Bundesländern und
im Vereinigten Königreich, war am 13. März Thema einer außerordentlichen Konferenz der österreichischen
Landeshauptleute in Wien. Der aktuell Vorsitzende, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, begrüßte
dabei neben seinen Amtskollegen auch EU-Minister Gernot Blümel und Botschafter Gregor Schusterschitz, Österreichischer
Delegierter in der EU-Ratsarbeitsgruppe BREXIT. Ziel war es, die Auswirkungen auf Österreich zu erörtern,
die die unterschiedlichen momentan im Gespräch befindlichen Brexit-Varianten haben könnten. Im Fokus
standen unter anderem die Auswirkungen auf die Wirtschaft sowie die Konsequenzen für Briten die in den einzelnen
Bundesländern leben bzw. Österreicher in Großbritannien.
„Wir arbeiten seit Bekanntwerden des Brexit vor zwei Jahren an Lösungen. Jetzt in der Akutphase ist es besonders
wichtig, dass sich die Bundesländer gemeinsam mit dem EU-Ministerium abstimmen“, erklärte Kaiser bei
der Pressekonferenz nach der LH-Konferenz. Der Vorsitzende der LH-Konferenz bezeichnete den bevorstehenden Austritt
als lose-lose-Situation aus der nun das Beste gemacht werden müsse. „Die EU27 haben eine einheitliche Position
gefunden, die nun gemeinsam vertreten wird. Das Problem ist aber das uneinheitliche Vorgehen der Briten“, so Kaiser.
Die Bundesländer seien jedenfalls darauf vorbereitet und wo es sie tangiere, stünden sie parat. Aus Ländersicht
seien, laut Kaiser, vor allem Fragen des Dienstrechts, des Grundverkehrs, des Sozialrechtes (Mindestsicherung,
Chancengleichheit, Familienförderung, Arbeitnehmerförderung, Wohnbauförderung), der Anerkennung
von Berufsqualifikationen und des Berufsrechts zu klären. „Wir haben mit den Brexit-Begleitgesetzen die richtigen
Weichen gestellt. Sollte es nötig sein, werden wir uns mit dem Thema auch bei der regulären LH-Konferenz
am 16. Mai in Kärnten beschäftigen“, kündigt Kaiser an.
Blümel strich vor allem die Wichtigkeit des geschlossenen Auftretens der EU27 hervor. „Der bevorstehende Austritt
ist einzigartig in der Geschichte der EU, darum ist es auch wichtig sich bestens vorzubereiten, um auf möglichst
alle Eventualitäten vorbereitet zu sein“, so der Minister. Während der Bund bereits ein Brexit-Sammelgesetz
verabschiedet hat, sind die Bundesländer derzeit dabei, dementsprechende Begleitgesetze zu beschließen
bzw. haben diese bereits. Wobei diese Gesetze nur im Falle eines harten Brexit, also ohne Vertrag, in Kraft treten.
„Leider weiß niemand ganz genau, was passieren wird. Wir brauchen klare Antworten für den Handel und
die Wirtschaft. Darum bedanke ich mich für die gute Zusammenarbeit mit allen Bundesländern und Minister
Blümel“, erklärte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Sie wies auch auf die
Vorteile hin, die Österreich seit dem Beitritt zur EU zu Teil wurden.
„Die EU ist ein erfolgreiches Friedensprojekt nach vielen globalen Konflikten. Ich bin nicht mit allem in der EU
zufrieden, wir haben noch viel Arbeit daran. Doch sie ist die beste Basis dafür, um im internationalen Wettbewerb
bestehen zu können“, so Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der bei der Konferenz als Hausherr fungierte.
Der Brexit zeige, wo Populismus hinführe und welche gravierenden Auswirkungen und welche Zerstörungskraft
er in die EU bringe. „Es ist wichtig den Menschen zu zeigen wie es weitergeht“, meinte Ludwig.
Vom Brexit sind rund drei Millionen EU-Bürgerinnen und -Bürger im Vereinigten Königreich und rund
1,5 Millionen Britinnen und Briten in der EU betroffen. Mit 1. 7. 2018 lebten von den 583.700 Auslandsösterreichern
und Auslandsösterreicherinnen 25.000 im Vereinigten Königreich. In Kärnten wurden mit 1.1.2018 606
Personen mit Staatsangehörigkeit "Vereinigtes Königreich" gezählt.
Das Vereinigte Königreich ist die zweitgrößte Volkswirtschaft in der EU und wirtschaftlich sehr
eng mit Kontinentaleuropa verflochten. Wirtschaftlich wird der Brexit den Briten mehr schaden als der EU: Nur rund
6,5 Prozent aller EU-Exporte sind für das Vereinigte Königreich bestimmt bzw. nur 3,8 Prozent der EU-Importe
stammen aus dem Vereinigten Königreich. Umgekehrt wird rund die Hälfte des britischen Außenhandels
mit der EU abgewickelt (47,4% Exporte in die EU, 50% Importe aus der EU) (Quelle: WKÖ EU-Topthema 10-2018;
Comext-Datenbank des EUROSTAT, 2016). Das Vereinigte Königreich ist mit jährlichen Importen nach Österreich
von 2,47 Mrd. Euro (2017) und jährlichen Exporten aus Österreich von 3,9 Mrd. Euro (2017) der neuntwichtigste
Handelspartner Österreichs für Waren (Quelle: Außenwirtschaftscenter Österreich London, November
2018).
Was Kärnten betrifft, so liegt das Vereinigte Königreich bei den Ausfuhren mit 63 Mio. Euro (Zahlen 1.
Halbjahr 2018) weit hinter Deutschland (1,180 Mrd. Euro; Zahlen 1. Halbjahr 2018) und den USA (408 Mio. Euro; Zahlen
1. Halbjahr 2018) an 13. Stelle. Auch bei den Importen nach Kärnten rangiert das Vereinigte Königreich
mit 38 Mio. Euro nicht unter den ersten zehn Ländern, sondern nur auf dem 17. Platz (Zahlen 1. Halbjahr 2018)
(Quelle: Außenhandelsstatistik WKK 1. Halbjahr 2018). Allerdings gilt es zu beachten, dass insbesondere im
Automobil-Bereich viele Exporte von Kärnten über die deutsche Automobilindustrie ins Vereinigte Königreich
gelangen, hier also indirekte Auswirkungen zu erwarten sind (Quelle: WKK). Aus Kärnten werden hauptsächlich
Maschinen und Anlagen sowie elektrotechnische Geräte und Holzprodukte exportiert (Quelle: Außenhandelsstatistik
WKK 1. Halbjahr 2018).
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