Abgeordnete geben auch grünes Licht für Partnerschafts- und Kooperationsabkommen
mit Zentralamerika, Kanada, Japan und Singapur
Wien (pk) - Der Abbau von Handelshemmnissen im Industrie- und Agrarsektor sowie die Liberalisierung der
Dienstleistungsmärkte sind die Hauptstoßrichtungen eines Handelsabkommens zwischen der EU und Peru,
Kolumbien und Ecuador, das am 13. März vom Außenpolitischen Ausschuss im Anschluss an ein Expertenhearing
mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS genehmigt wurde. ÖVP und FPÖ erwarten sich Impulse
für den Export und sehen in dem Abkommen überdies einen Beitrag zu mehr Stabilität in den Partnerstaaten.
SPÖ und JETZT hingegen meldeten massive Menschenrechtsbedenken an und kritisierten fehlende Durchsetzbarkeit
des Nachhaltigkeitskapitels.
Grünes Licht gaben die Abgeordneten auch einem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EU
und Zentralamerika, wobei sich auch hier die Regierungsparteien und die NEOS für die Genehmigung aussprachen.
Einstimmigkeit herrschte über zwei Abkommen über die strategische Partnerschaft zwischen der EU und Kanada
bzw. Japan. Mit Mehrheit von ÖVP, FPÖ und NEOS schickte der Ausschuss überdies ein Partnerschafts-
und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Singapur auf den Weg ins Plenum. Ein Abkommen mit der Ukraine über
die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur wurde hingegen vor dem Hintergrund der aktuellen
Entwicklung einstimmig vertagt.
Handelsabkommen mit den Andenstaaten: ÖVP und FPÖ erwarten Impulse für Export, SPÖ und JETZT
vermissen Durchsetzbarkeit bei Menschenrechten und Nachhaltigkeit
Nach Peru und Kolumbien (441 d.B.) tritt nun auch Ecuador (436 d.B.) dem Handelsübereinkommen zwischen der
EU und der Andengemeinschaft bei. Das Abkommen, das gemeinsam mit dem Beitrittsprotokoll mit den Stimmen von ÖVP,
FPÖ und NEOS genehmigt wurde, enthält neben dem Abbau von Handelshemmnissen auch ein Nachhaltigkeitskapitel,
durch das eine Schlechterstellung im Bereich der Arbeits- und Umweltrechte vermieden und Überwachungs- und
Konsultationsmechanismen installiert werden sollen.
Vorausgegangen war der Beschlussfassung ein Hearing, in dem Gabriela Habermayer, Leiterin der Abteilung Multilaterale
und EU-Handelspolitik im Wirtschaftsministerium, Thorsten Schulz vom Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika
in Berlin, Botschafter Walter Gehr und Oliver Prausmüller, AK Wien, den Abgeordneten Rede und Antwort standen.
Gabriela Habermayer informierte über das Nachhaltigkeitskapitel und hob dabei vor allem die Verpflichtung
zur Ratifizierung und wirksamen Umsetzung von Sozial- und Umweltstandards hervor. Dabei geht es, wie sie betonte,
um die Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus und um die Untersagung der Herabsetzung der Standards. Darüber
hinaus enthalte das Nachhaltigkeitskapitel auch einen Überwachungsmechanismus und sehe die Einrichtung eines
Dialogs mit der Zivilgesellschaft vor. Differenzen sollen im Wege eines unabhängigen Expertenpanels geregelt
werden, teilte sie mit.
Thorsten Schulz bezeichnete das Abkommen als stark überarbeitungsbedürftig und gab zu bedenken, in der
derzeitigen Form sei es nicht förderlich für die Partnerstaaten. Erste Erfahrungen bei der Anwendung
hätten gezeigt, dass die angestrebte Erhöhung der Wertschöpfung ebenso ausgeblieben sei wie die
Diversifizierung der Exporte. Große Probleme würde zudem die vorgesehene Liberalisierung im Finanzsektor
bringen, warnte er unter Hinweis auf Schattenwirtschaft und Geldwäsche. Darüber hinaus befürchtete
Schulz, dass angesichts der exorbitant hohen Zahl von Morden an Menschenrechts- und GewerkschaftsaktivistInnen
in Kolumbien das Menschenrechtskapitel nicht greifen werde.
Walter Gehr erinnerte, dass das Abkommen bereits seit 2013 in Kraft ist und auch die USA entsprechende Freihandelsabkommen
mit den Andenstaaten unterzeichnet haben. Auf europäischer Ebene gebe es ähnliche Abkommen Kolumbiens
mit der Schweiz, Norwegen und Island. Darüber hinaus sei Kolumbien Mitglied der OECD. Hauptziele des vorliegenden
Abkommens seien die Erhöhung der Exporte nach den drei Andenstaaten sowie die Verbesserung der Menschenrechtslage,
wo es, wie Gehr einräumte, noch Probleme gebe. Wenn Österreich dieses Abkommen nicht ratifiziert, dann
würden sich die EU und die drei Partnerstaaten jedenfalls "wundern", fügte er an.
Oliver Prausmüller kritisierte fehlende Sanktionsmöglichkeiten beim Nachhaltigkeitskapitel und zeigte
sich irritiert, dass dieser Bereich vom Streitbeilegungsmechanismus des Abkommens ausgenommen wurde. Nachhaltigkeitsbestimmungen
könnten somit nicht durchgesetzt werden, klagte er. Vor dem Hintergrund des Umstandes, dass Kolumbien bloß
den 65. Platz unter den Exportdestinationen Österreichs einnimmt, sei die ökonomische Dringlichkeit jedenfalls
ein schlechtes Argument, um menschenrechtliche Bedenken beiseite zu rücken. Prausmüller erinnerte in
diesem Zusammenhang auch, dass Kolumbien zu den zehn gewerkschaftsfeindlichsten Ländern der Welt zähle.
In der Debatte begrüßte namens der ÖVP Carmen Jeitler-Cincelli die angestrebte Intensivierung der
Handelsbeziehungen und wertete das Abkommen auch unter dem Aspekt der Entwicklungshilfe. Die Ratifizierung könne
einen Beitrag zur Stabilität leisten und wichtige Signale setzen, pflichtete ihr FPÖ-Mandatar Martin
Graf bei, der überdies eine positive Tendenz in Kolumbien ortete und von einem Aufschwung in allen Lebenslagen
sprach.
Anders sah dies hingegen SPÖ-Abgeordnete Petra Bayr. Sie verwies auf die Menschrechtsverletzungen und die
zahlreichen ermordeten AktivistInnen und kam zu dem Schluss, die Menschrechtsmechanismen des Abkommens würden
in Kolumbien nicht greifen. Auch habe die EU nichts gegen eine Herabsetzung von Schutzniveaus getan. Zudem würde
es zu keinerlei erhöhter Wertschöpfung vor Ort kommen. Die Menschenrechtsklausel und das Nachhaltigkeitskapitel
seien weitgehend wirkungslos, bestätigte Bruno Rossmann (JETZT), der eine dramatische Verschlechterung der
Menschrechtslage in Kolumbien und Peru beklagte. Nach Ansicht von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak hingegen ist
eine Nicht-Ratifizierung die falsche Antwort auf die von Rossmann und Bayr thematisierten Probleme.
Eine Überarbeitung des Abkommens sei nicht möglich, teilte Außenministerin Karin Kneissl mit. 26
EU-Staaten haben bereits ratifiziert, es bestehe großes Interesse der Partnerstaaten an der Umsetzung dieses
Abkommens.
Assoziation EU-Zentralamerika, Partnerschaft und Kooperation mit Kanada, Japan und Singapur
Genehmigt wurde auch ein Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EU und Zentralamerika (504 d.B.)
, das ein Übereinkommen über politischen Dialog aus dem Jahr 2003 ersetzt und die Potenziale der wirtschaftlichen
Beziehungen besser ausschöpfen soll.
Auch hier erfolgte der Beschluss gegen die Stimmen von SPÖ und JETZT, zumal die Abgeordneten Harald Troch
(SPÖ) und Bruno Rossmann (JETZT) eine ausreichende Absicherung der Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards
vermissten und die Ausnahme des Nachhaltigkeitskapitels vom Streitbeilegungsmechanismus kritisierten. Außenministerin
Karin Kneissel hingegen versicherte, dass Österreich der Menschenrechtssituation in den betroffenen Ländern
auch weiterhin besonderes Augenmerk schenke und dabei vor allem auf politischen Dialog setze.
Darüber hinaus lag den Abgeordneten ein Abkommen (330 d.B.) über eine strategische Partnerschaft zwischen
der EU und Kanada vor, das auf eine stärkere Zusammenarbeit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen,
der Justiz und im Bereich der Steuern abzielt. So will man etwa gemeinsam gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
sowie in der Bekämpfung von Terrorismus , organisierter Kriminalität und Cybercrime vorgehen. Die EU
erwartet sich von dem Abkommen neue Impulse in den Beziehungen zu Kanada, die künftig über den wirtschaftlichen
Bereich hinausgehen sollen.
Eine strategische Partnerschaft will die EU auch mit Japan eingehen. Ein entsprechendes Abkommen (283 d.B.) , das
der Ausschuss ebenfalls genehmigte, soll in diesem Sinn eine Plattform für eine engere Zusammenarbeit in den
Bereichen Forschung, Innovation, Bildung , Kultur, Grundfreiheiten, Migration, aber auch bei der Bekämpfung
des Klimawandels und der organisierten Kriminalität und des Terrorismus bieten.
"In einer Zeit, wo völkerrechtliche Regeln an der Kippe stehen, haben wir mit Kanada und Japan wichtige
Partner, die wissen, wie bedeutsam diese multilateralen Spielregeln sind", brachte Außenministerin Kneissl
den Mehrwert der beiden Abkommen, die jeweils einstimmig genehmigt wurden, auf den Punkt.
In eine ähnliche Richtung geht auch ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Singapur
(475 d.B.), das einen weiteren wichtigen Schritt zu einem stärkeren politischen und wirtschaftlichen Engagement
der Union in Südostasien darstellt, und die Zustimmung durch die Regierungspartien und die NEOS erhielt. Petra
Bayr (SPÖ) und Bruno Rossmann (JETZT) begründeten ihre Ablehnung unter anderem mit dem Argument, dass
das Abkommen keinerlei Maßnahmen gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung enthalte.
Bilaterales Kulturabkommen mit der Ukraine vertagt
Unter Hinweis auf die aktuellen politischen Entwicklungen vor dem Hintergrund des Einreiseverbots für einen
ORF-Journalisten wurde ein Kulturabkommen zwischen Österreich und der Ukraine (386 d.B.) einstimmig vertagt.
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