Außenpolitischer Ausschuss: Fraktionsübergreifendes Signal gegen dessen Aussetzen
– Kneissl will Initiative zur Entminung in Syrien starten
Wien (pk) - Nach dem angekündigten Aussetzen des Abkommens zur atomaren Abrüstung vonseiten der
USA und Russlands zeigen sich die Parlamentsfraktionen über ein neuerliches nukleares Wettrüsten besorgt.
In einer gemeinsamen Entschließung fordern sie von der Regierung rasche Initiativen, um das Abkommen zu erhalten
und die USA und Russland wieder zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Österreich soll sich zudem
in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass die gegenseitigen Anschuldigungen zwischen den beiden
Supermächten, der jeweils andere würde sich nicht an den Vertrag halten, gemäß den Streitschlichtungsmechanismen
transparent und kooperativ verifiziert werden, um schließlich eine nachprüfbare Erfüllung der Vertragsverpflichtungen
zu erreichen.
Die im Abkommen festgelegte sechsmonatige Frist für dessen Kündigung laufe Anfang August aus. Sofern
die beiden Vertragspartner keine aktiven Schritte zum Erhalt des Abkommens setzen, ist dieser in wenigen Monaten
Geschichte, warnen die Fraktionen in ihrer gemeinsamen Initiative. Ausgangspunkt für das fraktionsübergreifende
Signal im Außenpolitischen Ausschuss war eine Entschließung der SPÖ (626/A(E)).
Kneissl: "Es deutet vieles auf einen harten Brexit hin"
Geht es um den Brexit, glaubt Außenministerin Karin Kneissl nicht mehr an einen geordneten Austritt Großbritannien
aus der EU, wie sie am 13. März im Parlament erklärte. "Es deutet vieles auf einen harten Brexit
hin", sagte Kneissl, beide Seiten würden sich aufgrund von Frustration nicht mehr auf der Ebene der Rationalität
befinden. Dass das Brexit-Abkommen auch bei einer Verschiebung des Austritts nicht wieder aufgeschnürt wird,
entspreche nicht nur der Haltung von Bundeskanzler Sebastian Kurz, sondern jene der verbleibenden EU27. Um den
Zusammenhalt innerhalb der Mitgliedsstaaten auch weiter aufrechtzuerhalten, würde niemand das Paket wieder
öffnen wollen. Aus ihrer Sicht sind die britischen ParlamentarierInnen nicht rechtzeitig in die Verhandlungen
miteinbezogen worden.
Dass die verbleibenden EU27 beim Brexit mit einer Stimme sprechen, sieht Martin Engelberg (ÖVP) als Verdienst
von EU-Chefverhandler Michel Barnier. Was für die verbleibenden Mitgliedsstaaten gelte, gelte nun aber auch
im innenpolitischen Kontext. Demnach müssten Schuldzuweisungen hintangehalten werden.
Hinsichtlich der Heranführung Südosteuropas an die Europäische Union meinte Kneissl zu Carmen Jeitler-Cincelli,
dass man sich in einer Pattsituation befinde. Die gute Nachricht in der Region sei die Lösung für das
Prespa-Übereinkommen, die "keine gemähte Wiese" gewesen sei. Daneben gebe es aber etwa in Albanien
eine latente und permanent anhaltente Regierungskrise sowie Mitgliedsländer, die den Weg Südosteuropas
in die EU blockieren. Österreich weise stets auf bestehende Vakuumrisiken in der Region hin.
Auf die Frage von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak, welche Maßnahmen die Regierung gegen mögliche
Manipulationen und Desinformationskampagnen bei der Europawahl am 26. Mai setzt, meinte Kneissl, dass sie als Außenministerin
nicht für die Abhaltung von fairen Wahlen verantwortlich sei. In der Regierung sei das Bewusstsein für
das Problem aber vorhanden. Scherak hatte in diesem Zusammenhang auf den Aktionsplan der EU-Kommission verwiesen.
Migration: Österreichische Expertise für Entminung soll Menschen Rückkehr in ihre Heimat ermöglichen
Thema im Ausschuss war auch die europäische Außenpolitik auf Basis des EU-Arbeitsprogramms für
2019 (III 251 d.B.). Die Bewältigung irregulärer Migrationsströme zählt demnach auch weiterhin
zu den wichtigsten Herausforderungen für Europa. Geht es nach Kneissl, wird Österreich eine größere
Initiative zur Entminung in Syrien starten, die dann auf den Jemen, Libyen oder die Ukraine ausgeweitet werden
und den Menschen ermöglichen soll, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Zwischen 2020 und 2025 sollen
dafür rund 5 Mio. € zur Verfügung gestellt werden, wie die Ministerin gegenüber Bruno Rossmann (JETZT)
erklärte. Grundsätzlich stimmte Kneissl mit dem Abgeordneten überein, bei der Bekämpfung der
Fluchtursachen nicht nur auf die Entwicklungszusammenarbeit zu setzen, sondern auch die Handelsbeziehungen zwischen
der EU und Afrika zu ändern, um den Menschen vor Ort nicht weiterhin die Lebensgrundlage zu entziehen.
Auf die Kritik Jörg Leichtfrieds (SPÖ), er vermisse in den EU-Vorhaben Pläne zur gerechteren Besteuerung
von internationalen Großkonzernen, sagte Kneissl, dass sich Österreich während seines Ratsvorsitzes
vergeblich um eine Digitalsteuer bemüht habe. Eine gute österreichische Absicht sei hier gescheitert.
5-Parteien-Entschließung zu Venezuela
Zu einer weiteren fraktionsübergreifenden Entschließung kam es im Ausschuss außerdem hinsichtlich
der politischen Lage in Venezuela. Die Parlamentsfraktionen ersuchen die Außenministerin in einer Entschließung,
alles in ihrer Macht Stehende zu tun, den internationalen politischen Druck auf die Regierung in Venezuela zu erhöhen,
um eine Verbesserung der Situation für die Bevölkerung zu erreichen (432/A(E)).
NEOS fordern den Beitritt Österreichs zur Open Government Partnership Initiative
Vertagt wurde hingegen die Forderung der NEOS für mehr Transparenz in der öffentlichen Verwaltung. Die
Oppositionsfraktion will die Regierung dazu bringen, Beitrittsgespräche mit der Open Government Partnership
Initiative (OGP) zu starten. Dabei handelt es sich um eine Initiative, in der sich Regierungen und Zivilgesellschaft
gemeinsam in Form nationaler Aktionspläne an Verbesserungen der demokratischen Prozesse, der BürgerInnenbeteiligung,
der Transparenz von Politik und Verwaltung und der Korruptionsbekämpfung engagieren. Die NEOS wollen außerdem
wissen, wie es um die Open Data-Pläne der vorhergehenden Regierung, nämlich nach Möglichkeit bis
2020 alle Daten der öffentlichen Verwaltung als Open Data zur Verfügung zu stellen, steht (279/A(E)).
Von einem Land wie Österreich, in dem das Amtsgeheimnis noch in der Verfassung steht, erwarte er sich stärkeres
Engagement für mehr Transparenz in der Verwaltung, kritisierte Nikolaus Scherak (NEOS). FPÖ-Abgeordneter
Roman Haider meinte, dass viele Ziele der Partnership Initiative durchaus vertretbar seien, dazu allerdings gerade
eine Evaluierung in den Ministerien laufe.
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