Neues System zum Schutz und zur Förderung der Meldung von Verstößen gegen das
EU-Recht – Hinweisgeber (Whistleblower) können zwischen interner und externer Berichterstattung wählen.
Straßburg (ep) - Am 11. März erzielten das EU-Parlament und der Europäische Rat eine
vorläufige Einigung über die ersten EU-weiten Vorschriften zum Schutz von Hinweisgebern, wenn diese Verstöße
gegen EU-Recht aufdecken, wie etwa Steuerbetrug, Geldwäsche oder Delikte im Zusammenhang mit öffentlichen
Aufträgen, Produkt- und Verkehrssicherheit, Umweltschutz, öffentlicher Gesundheit sowie Verbraucher-
und Datenschutz.
Sicherheit bei Berichterstattung
Um die Sicherheit potenzieller Hinweisgeber und die Vertraulichkeit der offenbarten Informationen zu gewährleisten,
dürfen Hinweisgeber in Zukunft Verstöße über interne und externe Kanäle melden. Je nach
den Umständen des Falles können sich Hinweisgeber dann auch außerhalb ihrer Organisation direkt
an die zuständige nationale Behörden sowie an die zuständigen Organe, Einrichtungen, Ämter
und Agenturen der EU wenden.
Nicht bestraft werden Hinweisgeber, die ihre Kritik öffentlich machen, wenn auf ihren ursprünglichen
internen Hinweis keine Reaktion erfolgte. Ohne vorhergehende interne Meldung sind öffentliche Hinweise straffrei
möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit oder Vergeltungsmaßnahmen gegen
die Hinweisgeber drohen.
Schutz vor Repressalien
Der vereinbarte Text verbietet ausdrücklich Repressalien und führt Schutzmaßnahmen ein, damit ein
Hinweisgeber nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise tätlich angegriffen wird.
Auch geschützt wird, wer Hinweisgeber unterstützt.
Die Mitgliedsstaaten sollten den Hinweisgebern umfassende und unabhängige Informationen über Berichtswege
und alternative Verfahren, kostenlose Beratung sowie rechtliche, finanzielle und psychologische Unterstützung
zur Verfügung stellen.
Zitat
Virginie Roziere (S&D, FR) sagte: "Dieser Gesetzestext war eine meiner Prioritäten als Europaabgeordnete
und ich freue mich, dass wir eine Einigung erzielen konnten. Wir mussten kämpfen, um einen Text zu bekommen,
der den Erwartungen entspricht: Whistleblower müssen geschützt werden und gleichzeitig die besten Mittel
bekommen, um gehört zu werden und die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu schützen."
Nächste Schritte
Die vorläufige Vereinbarung muss von den Botschaftern der Mitgliedsstaaten (AStV) und dem Rechtsausschuss
bestätigt werden, bevor sie von Plenum und Rat endgültig verabschiedet wird. Die Richtlinie wird 20 Tage
nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten.
Hintergrund
Der Schutz von Hinweisgebern ist in den Mitgliedsstaaten fragmentiert oder nur teilweise vorhanden. Nur 10
EU-Länder (Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Malta, Niederlande, Slowakei, Schweden und Vereinigtes
Königreich) bieten umfassenden Rechtsschutz. In den übrigen Ländern ist der Schutz nur teilweise
oder gilt für bestimmte Sektoren oder Kategorien von Arbeitnehmern.
Eine Studie der Kommission aus dem Jahr 2017 schätzt den Verlust potenzieller Vorteile, der aufgrund des fehlenden
Schutzes von Informanten ausschließlich im öffentlichen Auftragswesen entsteht, auf EU-weit 5,8 bis
9,6 Euro pro Jahr.
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