Ein Fotograf und eine Schauspielerin mit internationalen Erfolgen blieben Graz stets treu
Graz (stadt) - Ein besseres Datum hätte Bürgermeister Siegfried Nagl nicht finden können:
Am 20. März war Weltglückstag, Frühlingsbeginn und erster Diagonale-Tag. Vor der ansprechenden Kulisse
eines blühenden Zweiges überreichte das Stadtoberhaupt zwei Persönlichkeiten das Goldene Ehrenzeichen,
die in ihrem jeweiligen Genre Großartiges geleistet haben und den Ruf ihrer Heimatstadt Graz weit über
deren Grenzen hinaus klingen lassen.
Zur ihren Ehren war nicht nur die gesamte Stadtregierung beinahe vollzählig im Trauungssaal versammelt, sondern
auch alles, was Rang und Namen in Graz hat - Persönlichkeiten aus Kirche, Wirtschaft, Wissenschaft und besonders
natürlich Kunst und Kultur. Familienmitglieder, Verwandte, FreundInnen, Bekannte, KollegInnen, WegbegleiterInnen,
und und und: Denn eine Ausgezeichnete ist die Schauspielerin Aglaia Szyszkowitz. An ihrer Seite erhielt einer,
der ihr seit vielen Jahren freundschaftlich eng verbunden ist; ebenfalls die Ehrung der Stadt: Fotograf Christian
Jungwirth.
Sich selbst stets treu bleiben
"Nur wer sich selbst treu bleibt, überzeugt auf Dauer." Dieses Zitat hatte sich Bürgermeister
Nagl für seine heutige Rede aus einem Interview mit Aglaia Szyszkowitz herausgepickt, um es gekonnt mehrmals
einzustreuen. Die Schauspielerin selbst sei das beste Beispiel dafür, wie man sich treu bleiben und dabei
in immer neue Rollen schlüpfen könne. Nagl mutmaßte, dass dieser Satz wohl auch Gültigkeit
für das Familienleben des sympathischen TV-Stars habe, denn sie ist seit einem Vierteljahrhundert mit demselben
Mann verheiratet. Gemeinsam haben die beiden zwei wunderbare Söhne. "Wohl eine Seltenheit in dieser Branche",
lachte das Stadtoberhaupt. Nagl betone die außergewöhnliche Vielfalt von Aglaia Szyszkowitz' künstlerischer
Arbeit, der es dennoch stets gelinge, jeder einzelnen Figur eine unverwechselbare Indentität zu verleihen.
Nähe und Distanz
Auch bei Christian Jungwirth fiel es dem Bürgermeister nicht schwer, passende Worte zu finden, um das
zum Ausdruck zu bringen, was den "Starfotografen" ausmacht, was ihn auszeichnet - beruflich wie menschlich.
"Es ist die große Herausforderung für jeden Fotografen, sich ganz auf sein Gegenüber einzulassen
und doch die Distanz zu bewahren." Das sei Christian Jungwirth, dem Sohn des 2009 mit dem Ehrenring der Stadt
ausgezeichenten Professor Kurt Jungwirth, über Jahrzehnte hinweg hervorragend gelungen. Seine Leistungen im
Bereich der Fotokunst haben nicht nur ihm selbst zu Ehren gereicht, sondern auch seiner Heimatstadt.
Eine warme, ungetrübte Kindheit
Aglaia Szyszkowitz begann ihre Dankesworte mit "Lieber Herr Bürgermeister, liebe Stadtregierung.
Jetzt, wo ich hier im Rathaus stehe, wird mir erst klar, welche Ehre und Freude es ist, von meiner Geburtsstadt
ausgzeichnet zu werden. In Graz, wo ich mit meinem Großvater als Kind im Stadtpark Hansis gefüttert
habe, mit meiner Mutter am Thalersee Schlittschuhfahren lernte und uns der Vater an jedem Wochenende die Schöcklseilbahntrasse
hochgejagt hat. In diesem Graz habe ich eine warme, ungetrübte Kindheit im Schoße meiner Familie erleben
dürfen. Tiefes Vertrauen ins Leben, das verdanke ich auch dieser Stadt."
Wie sehr die Schauspielerin, die heute in Deutschland lebt und alle fünf Wochen auf Heimatbesuch in Graz ist,
ihr Zuhause vermisst, hatte sie zu jenem Zeitpunkt am deutlichesten gespürt, als sie 1987 zum Schauspielunterricht
nach Wien ging: "Ich kam mir so verloren vor und bin jedes zweite Wochenende über den Semmering gereist."
In Graz trifft Szyszkowitz heute neben ihrer Familie auch viele FreundInnen und Bekannte. Ein enger Freund ist
Christian Jungwirth: "Du hast mich so oft porträtiert, eine Ausstellung zum meinem runden Geburtstag
gestaltet und ein gemeinsames Kinderbuch wartet auch noch darauf, verlegt zu werden."
Am Ende ihrer Dankesrede warf Aglaia Szyszkowitz noch einen flammenden Appell ins Publikum: "Graz muss offen,
liberal und bunt bleiben."
Querdenker, Andersdenker
Christian Jungwirth kann nicht nur ausgezeichnet mit der Kamera umgehen, sondern auch verdammt gut reden. Das
hat er bei der Verleihung eindrucksvoll bewiesen. Zu Beginn noch ganz harmlos: "Was soll ich sagen? Ich fühle
mich geehrt und ein bisschen beschämt. Man meint ja bekanntlich, ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Vielleicht
hätte ich einen Diavortrag halten sollen?" Hätte er natürlich nicht, denn dann wäre die
versammelte Festgemeinde um ganz viele rührende Worte, dankende Erwähnungen und pointierte Formulierung
umgefallen. Dass seine Wiege in einer besonders kunst- und kulturaffinen Familie stand, kann Jungwirth nicht verleugnen.
"Mein Motto war immer, sich etwas anzutun, Geld dabei nie das Wichtigste. Nein, Querdenken, Andersdenken,
das war mir wichtig." Mit diesem Zugang zur Fotografie konnte der mehrfache Familienvater auch zahlreiche
internationale Stars vor seine Kameralinse locken und ebenso namhafte BranchenkollegInnen aus aller Welt nach Graz
holen. Sein einst selbst erworbenes Wissen - Jungwirth startete nach der Matura voll durch - gab er schon früh
neidlos an den Nachwuchs weiter: "Das Wort Konkurrenz kommt in meinem Wortschatz nicht vor."
Nur einen Hauch seiner menschlichen Genialität ließ Jungwirth daran erkennen, dass er seinen Eltern
tiefen Dank aussprach und große Wertschätzung zollte. "Jede Begegnung in meinem Leben stellt ein
Puzzleteil dar, das längst zu einem riesigen Gemälde herangewachsen ist. Seine Vollendung liegt aber
noch in weiter Ferne."
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