Wien (onb) - Die Österreichische Nationalbibliothek konnte im Rahmen eines dreijährigen Forschungsprojektes
wichtige Fragen zur Erhaltung der berühmten "Wiener Genesis" klären und für eine nachhaltige
Konservierung sorgen. Die reich illustrierte Handschrift aus dem 6. Jahrhundert weist durch chemische Reaktionen
der verwendeten Tinte schwere Schäden im Pergament auf. Das internationale Projekt mit insgesamt acht Projektpartnern
wurde vom hauseigenen Institut für Restaurierung geleitet, finanziert wurde es vom Wissenschaftsfonds FWF.
Die "Wiener Genesis"
Die "Wiener Genesis" ist eine fragmentarisch erhaltene griechische Handschrift des Buches "Genesis"
aus dem Alten Testament. Die vorhandenen 24 Pergamentblätter werden auf das 6. Jahrhundert datiert und sind
vermutlich im Nahen Osten entstanden. Berühmt ist das wertvolle Unikat für seine 48 Miniaturen: Der biblische
Buchmalereizyklus ist der reichste aus der Übergangszeit zwischen Antike und Mittelalter.
Der Text der Genesis wurde in Silbertinte auf purpurgefärbtem Pergament geschrieben. Die Korrosion dieser
Silbertinte hat im Lauf der Jahrhunderte zu schweren Schäden am Pergament geführt. Einen Eindruck von
der Qualität und dem Zustand des Werkes vor der Restaurierung gewinnt man durch das Digitalisat, das unter
diesem Link im Online-Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek abrufbar ist.
Im Rahmen des wissenschaftlichen Projekts "Die Wiener Genesis (Cod. Theol. Gr. 31): Materialanalyse und Konservierung
einer spätantiken illuminierten Handschrift auf Purpurpergament" wurden das Pergament, die Silbertinten,
die Pigmente und Farbstoffe nun intensiv untersucht. Der Herstellungsprozess von Pergament in der Antike sowie
die Purpurfärbung wurden dabei rekonstruiert. Die Zusammensetzung der Silbertinten gab Aufschluss über
die genauen Schadensursachen. Durch die erstmalige Identifizierung der Pigmente war es möglich, die Malerpaletten
von sieben Künstlern zu unterscheiden.
Nachhaltige Konservierung
Auf Basis all dieser Erkenntnisse wurde die Handschrift umfassend konserviert und ein neues, schonenderes Aufbewahrungssystem
in versenkten, säurefreien Passepartouts entwickelt: Diese ersetzen die Acrylglaspatten, zwischen denen das
Werk seit 1975 aufbewahrt wurde. Alle konservatorischen Maßnahmen und die Lagerung unter kontrolliertem Klima
tragen zur langfristigen Erhaltung der "Wiener Genesis" bei, die ein hervorragendes Zeugnis spätantiker
Buchkunst darstellt.
Das internationale Forschungsprojekt wurde vom Institut für Restaurierung der Österreichischen Nationalbibliothek
im April 2016 begonnen und vor kurzem abgeschlossen. Finanziert wurde es vom Wissenschaftsfonds FWF. Projektpartner
waren das Kunsthistorische Museum, die Technische Universität und die Universität für angewandte
Kunst in Wien, das Walters Art Museum in Baltimore/USA, die New University of Lisbon in Portugal, die Università
degli Studi del Piemont Orientale in Alessandria/Italien, The Royal Library in Kopenhagen/Dänemark und die
University of York in Großbritannien.
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