Nationalrat debattiert grundlegende Ausrichtung
 der europäischen Agrarpolitik

 

erstellt am
29. 03. 19
13:00 MEZ

Köstinger präsentiert Jahresvorschau auf EU-Vorhaben für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Energie
Brüssel/Wien (pk) - Nach dem Landwirtschaftsausschuss befasste sich auch das Nationalratsplenum am 28. März mit der Jahresvorschau des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus, in dem die wesentlichen EU-Vorhaben für 2019 dargestellt werden. Demnach bestimmen auch heuer die Modernisierung und Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) sowie die Umsetzung des Klimaübereinkommens von Paris die Politik der Europäischen Union auf den Gebieten Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Energie. Die EU bekennt sich laut Bundesministerin Elisabeth Köstinger mit Nachdruck zur Vorreiterrolle Europas, wenn es um die Erreichung von Nachhaltigkeit geht. Dieses Ziel gilt für die Land- und Forstwirtschaft wie auch für die Umwelt-, Klima- und Energiepolitik und den Tourismus.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Im Zuge der Debatte brachten Abgeordnete der SPÖ mehrere Entschließungsanträge ein. Sie betrafen ein österreichweites Glyphosatverbot, die Stärkung der Biolandwirtschaft und die Forderung nach einem klaren Nein Österreichs zu grenznahen Atommülllagern. Die Anträge fanden jedoch keine Mehrheit.

SPÖ drängt auf Glyphosatverbot und eine Biowende der GAP
Laut SPÖ-Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner bietet die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) die Möglichkeit, Gelder aus der ersten Säule in die zweite Säule zu verschieben und damit ökologische Produktion und bäuerliche Familienbetriebe zu fördern. Leider gehe jedoch die Landwirtschaftspolitik der ÖVP seit Jahrzehnten in die falsche Richtung. Die Bundesministerin rede zwar von Nachhaltigkeit, Ökologisierung oder auch der Prüfung des Ausstiegs aus Glyphosat, sie setze aber keine Schritte dazu. Preiner brachte einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Bundesministerin aufgefordert wird, sich für eine Biowende in der GAP ab 2020 einzusetzen. Pestizid- und Kunstdüngereinsatz sollten reduziert und ökologische Landwirtschaft gefördert werden.

Seine Fraktionskollegin Elisabeth Feichtinger (SPÖ) setzte sich für die kleinbäuerlichen Familienbetriebe ein und forderte eine Reduktion der Flächenförderung ab einer bestimmten Betriebsgröße. Statt Großgrundbesitz müssten die für Landschaft und Umwelt besonders wichtigen Kleinbetriebe gefördert werden.

Unter Hinweis auf wissenschaftliche Untersuchungen zur Gefährlichkeit des Wirkstoffs Glyphosat verlangte Andreas Schieder (SPÖ) von der Bundesregierung Maßnahmen für ein umgehendes Verbot des Pestizids. Er legte dazu einen Entschließungsantrag vor, in dem die Regierung aufgefordert wird, sich auch auf europäischer Ebene für ein umgehendes Glyphosat-Verbot einzusetzen. Auch SPÖ-Abgeordnete Cornelia Ecker sprach sich für die Pestizidreduktion in der Landwirtschaft aus. Der Umstieg von Betrieben auf ökologisches Wirtschaften sollte stärker durch Förderungen unterstützt werden. Von der Umweltministerin forderte sie ein österreichweites Glyphosatverbot und den Ausstieg aus Neonikotinoiden. Kärnten und Salzburg seien hier bereits mit gutem Beispiel vorangegangen.

Maurice Androsch (SPÖ) wollte die Aufmerksamkeit auf das Problem der Entsorgung radioaktiver Abfälle lenken. Sein Entschließungsantrag zielte auf ein Nein der Bundesregierung zu den grenznahen Atommülllagern, die derzeit in Tschechien geplant sind, ab. Den Anlagen müsse ein Schutzkorridor von 100 Kilometern zur österreichischen Grenze vorgeschrieben werden.

ÖVP: Leistungen der LandwirtInnen müssen angemessen abgegolten werden
Die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU zeige, dass die EU mehr sei als der Brexit und andere Probleme. In zentralen Fragen, wie Energiepolitik und Nachhaltigkeit, verfolge sie eine klare Agenda, meinte Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Ihre Basis sei die von der UN-Generalversammlung angenommene Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung. Diese sei auch für die 2020 anstehende Reform der GAP ausschlaggebend. Österreich nütze bereits die zweite Säule der GAP, um ökologisch nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen. Um diesen Weg erfolgreich weitergehen zu können, brauche man eine entsprechende finanzielle Absicherung, dafür werde Österreich sich einsetzen.

Für Ausgleichszahlungen, um die bäuerlichen Einkommen abzusichern, trat auch Andreas Kühberger (ÖVP) ein. Hier würden keine Geschenke vergeben, sondern für alle Zahlungen müssten auch entsprechende Leistungen erbracht werden. Die bäuerlichen Familienbetriebe sorgen mit ihrer Arbeit, die besonders im alpinen Raum oft unter schwierigen Bedingungen stattfindet, für die Erhaltung der Kulturlandschaft, die auch ein wichtiger Faktor für die allgemeine Lebensqualität und den Tourismus darstellt. Diese Leistung müsse daher entsprechend unterstützt und abgegolten werden, betonte Kühberger.

Der Durchbruch in der Plastikrichtlinie der EU sei während der österreichischen Ratspräsidentschaft gelungen, hielt Ernst Gödl (ÖVP) fest. Neben der Plastikreduktion sei es wichtig, die Kreislaufwirtschaft aufzubauen und so neben dem Umweltschutz auch die regionale Wertschöpfung zu stärken.

FPÖ: GAP muss Landwirtschaft vor dem Druck des Weltmarkts schützen
Für Österreich sei es wichtig, sich in die Verhandlungen zur GAP einzubringen und auf praktikable Lösungen zu drängen, sagte Maximilian Linder (FPÖ). Das Ziel müsse es sein, dass der Landwirtschaft ihre vielfältigen Leistungen adäquat abgegolten werden. Der Konkurrenzdruck auf dem Weltmarkt mache es heute unmöglich, die landwirtschaftliche Erzeugung nur über die Produktpreise aufrecht zu erhalten. Die GAP müsse dieser Tatsache klar Rechnung tragen. Linder forderte auch, dass die EU in der Frage der Trinkwasserwirtschaft davon abgeht, Vorgaben für alle Mitgliedsstaaten zu machen. Die spezifischen Bedingungen der Länder müssten weitaus stärker berücksichtigt werden.

Während der Ratspräsidentschaft seien klare Akzente in der Umweltpolitik gesetzt worden. Das ambitionierte Programm werde heuer fortgesetzt, zeigte sich Walter Rauch (FPÖ) zufrieden. Was die Energiepolitik betreffe, bleibe es unter der aktuellen Bundesregierung die österreichische Linie, konsequent gegen Atomkraft aufzutreten, bekräftigte er.

Gerald Hauser (FPÖ) brach eine Lanze für die Landwirtschaft in den Bergregionen. Das Einkommen liegt dort 20% unter dem Durchschnitt, weshalb immer mehr Betriebe aufgegeben würden. Diesem Trend müsse durch einen Ausbau der Ausgleichszahlungen entgegengewirkt werden.

NEOS: Agrarförderungen neu und ökologisch ausrichten
Als Biobäuerin finde sie in dem Bericht zwar viele gute Forderungen, aber wenig Aussagen darüber, wie man mittels der GAP nachhaltiges, dabei aber konkurrenzfähiges Wirtschaften ermöglichen könne, sagte Karin Doppelbauer (NEOS). Der aktuelle Vorschlag zur Zukunft der GAP enthalte leider keine Ansätze zur Ökologisierung der Agrarförderungen. Die Landwirtschaft brauche jedoch eine Vision für die nächsten Jahrzehnte. Doppelbauer ist es auch wichtig, dass Österreich Maßnahmen gegen die Entwaldung in den Tropen setzt, die aufgrund der Palmölgewinnung rasant voranschreitet.

Die EU-Vorschau zeige exemplarisch auf, wie wenig ambitioniert die Nachhaltigkeitspolitik der Regierung sei, sagte Michael Bernhard (NEOS). Er vermisse klare Aussagen darüber, welche Ziele Österreich in den nächsten Jahren erreichen wolle, sei es bei der CO2-Reduktion oder auch bei der Verbesserung der Qualität der österreichischen Fließgewässer.

Liste JETZT kritisiert Fehlen von Klimamaßnahmen der Bundesregierung
Die Bundesregierung und die Nachhaltigkeitsministerin nehmen ihre Verantwortung in der Klimapolitik nicht wahr, kritisierte Wolfgang Zinggl (JETZT). Die österreichischen Vorgaben zu CO2-Reduktion reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen. Mit den von Ministerin Köstinger bisher vorgestellten Maßnahmen werden man nicht einmal diese niedrigen Vorgaben erreichen. Aufgrund dessen müsse Österreich neben den ökologischen Folgeschäden des Klimawandels in den nächsten Jahren noch mit zusätzlichen Kosten für Strafzahlungen rechnen, befürchtete Zinggl.

Köstinger will Plastikreduktion und nachhaltige Energiegewinnung forcieren
Während der Ratspräsidentschaft habe man wichtige Erfolge im Sinne des Umweltschutzes erzielt, erklärte Nachhaltigkeitsministerin Köstinger. Das heurige Jahr werde ebenfalls im Zeichen der Verhandlungen über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach dem Jahr 2020 stehen. Österreich setze hier auf eine Fokussierung auf die bäuerlichen Familienbetriebe statt auf Massenproduktion. Die beiden Säulen der GAP sollen erhalten bleiben, aber in einen nationalen Plan übergeleitet werden, wobei die Praktikabilität im Vordergrund stehen soll. Für Köstinger steht in diesem Zusammenhang außer Zweifel, dass es im nächsten europäischen Finanzrahmen zu keiner Reduktion der Leistungen für die Bäuerinnen und Bauern kommen darf. Ein Strategieprozess für die Neugestaltung der Direktzahlungen sei bereits eingeleitet worden.

Ein wichtiges Anliege ist es Köstinger, das Verbot von Einwegplastik ambitioniert umzusetzen. Das Recycling von Plastik müsse noch gesteigert werden. Österreich wolle bei der Reduktion von Plastiksackerln und Mikroplastik von sich über das hinausgehen, was die Union bereits plane, kündigte die Ministerin an. 2019 möchte die Nachhaltigkeitsministerin außerdem das Green Energy Package mit Leben erfüllen. Dieses sei ein entscheidendes Paket, um das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen. Während der österreichischen Ratspräsidentschaft habe man unter anderem wichtige Schritte zur Ausgestaltung der Energieunion und zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gemacht. Auf Ebene der EU wie auf nationaler Ebene soll der Ausbau erneuerbarer Energien 2019 forciert werden. Hier steht laut Köstinger heuer vor allem Wasserstoff im Zentrum. Österreich spiele eine wichtige Vorreiterrolle bei der Erarbeitung einer Wasserstoffstrategie.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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