ÖGfE-Schmidt: EU soll global auf Diplomatie und humanitäre Hilfe setzen – 36 Prozent
für gemeinsame europäische Armee – Neutralität für 8 von 10 ÖsterreicherInnen wichtig
Wien (öfge) - „Überlegungen zur Schaffung einer gemeinsamen europäischen Armee stoßen
hierzulande auf geteiltes Echo. Für viele sind sie derzeit gar kein Thema. Der Wunsch nach einer Beteiligung
an einer potentiellen EU-Armee ist gering. Geht es nach den Österreichern, sollte die EU zur Krisen- und Konfliktbewältigung
in der Welt daher vor allem auf diplomatische und humanitäre Mittel setzen. Die Neutralität ist weiterhin
prägend für die österreichische Identität“, analysiert Paul Schmidt, Generalsekretär der
Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, das Ergebnis einer aktuellen ÖGfE-Umfrage, die
im Februar österreichweit durchgeführt wurde.
Die Österreicherinnen und Österreicher sind, was die mögliche Schaffung einer gemeinsamen europäischen
Armee betrifft, gespalten. 36 Prozent würden es befürworten, dass die EU-Mitgliedstaaten Anstrengungen
unternehmen sollten, eine solche aufzubauen. 38 Prozent sprechen ihre Ablehnung aus. Ein Viertel der Befragten
(26 Prozent) kann sich zu dieser Thematik noch keine Meinung bilden.
Einer Beteiligung Österreichs an einer künftigen EU-Armee wird eher mit Skepsis begegnet. 45 Prozent
sind dagegen, 35 Prozent dafür. Ein Fünftel bezieht keine Stellung.
„Die Mehrheit der ÖsterreicherInnen setzt nach wie vor auf die EU als soft power. Multilaterale Zusammenarbeit
und diplomatische Bemühungen in Kombination mit europäischer Wirtschaftskraft. In weniger starkem Ausmaß
sollte die EU dagegen auf das drastischere Instrument von Wirtschaftssanktionen setzen, militärische Mittel
zur Konfliktlösung werden am skeptischsten beurteilt. Für diese Wertung nicht unwesentlich: die österreichische
Neutralität ist für die Befragten weiterhin hoch im Kurs – und das quer durch alle Bevölkerungsgruppen.“
Die ÖsterreicherInnen sind der Ansicht, dass die Europäische Union in erster Linie auf „diplomatische
Maßnahmen“ setzen sollte, um auf politische Krisen und Konflikte in der Welt zu reagieren. Dies halten neun
von zehn Befragten (92 Prozent) für „sehr wichtig“ (58 Prozent) oder „eher wichtig“ (34 Prozent). Für
lediglich 6 Prozent ist die Diplomatie ein „eher unwichtiges“ (5 Prozent) bzw. „gar nicht wichtiges“ (1 Prozent)
Element. (Rest auf 100 Prozent = „weiß nicht/Keine Angabe“ – gilt auch für folgende Angaben).
Acht von zehn ÖsterreicherInnen unterstützen „humanitäre Maßnahmen“ seitens der EU, um Konflikten
und Krisen zu begegnen (42 Prozent „sehr wichtig“ / 39 Prozent „eher wichtig“), für ein Zehntel ist dies „weniger“
(9 Prozent) oder „gar nicht wichtig“ (1 Prozent). In einem ähnlich hohen Ausmaß wird die „Unterstützung
internationaler Organisationen wie der UNO oder der OSZE“ als wichtig betrachtet (42 Prozent „sehr“ / 35 Prozent
„eher“). Nur etwas mehr als ein Zehntel hält eine solche Maßnahme für nicht wichtig (11 Prozent
„eher nicht“ / 2 Prozent „gar nicht“).
Auf einige Skepsis stößt hingegen die „Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen“ durch die EU, um
auf Konflikte und Krisen in der Welt zu reagieren. Insgesamt 51 Prozent halten dies für „eher nicht wichtig“
(33 Prozent) bzw. „gar nicht wichtig“ (18 Prozent). Etwas mehr als ein Drittel (37 Prozent) stufen Wirtschaftssanktionen
hingegen als „sehr“ (5 Prozent) bzw. „eher wichtig“ (32 Prozent) ein.
Am Ende der Skala steht der „Einsatz militärischer Maßnahmen“: Gerade ein Fünftel hält es
für „sehr“ (4 Prozent) oder „eher wichtig“ (17 Prozent), dass die EU global auf diese zurückgreift. Mehr
als zwei Drittel stimmen dieser Ansicht hingegen nicht zu (30 Prozent „eher nicht wichtig“ / 38 Prozent „gar nicht
wichtig“).
Acht von zehn Befragten geben an, dass ihnen die österreichische Neutralität persönlich „sehr wichtig“
(56 Prozent) oder „eher wichtig“ (24 Prozent) ist. Die Zahl jener, die der Neutralität persönlich weniger
Bedeutung zumessen, ist dagegen gering (11 Prozent: „eher nicht wichtig“ / 4 Prozent „gar nicht wichtig“).
„Angesichts der geopolitischen Herausforderungen und einer unsicheren Partnerschaft mit den USA kann sich die EU
einer umfassenden sicherheitspolitischen Debatte nicht verschließen. Die Diskussion über die Perspektive
einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion und mögliche Folgen für Österreich
wären auch hierzulande hilfreich, um das Meinungsbildung weiter zu schärfen“, betont Schmidt.
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 14. bis 28. Februar 2019 im Auftrag
der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 280). Befragt wurden österreichweit 599 Personen per Telefon (repräsentativ
für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung).
Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,0 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte.
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