Eisenstadt (blms) - Um für künftige Herausforderungen im Pflegebereich gerüstet zu sein, erarbeiteten
Experten des Landes in den vergangenen Monaten gemeinsam mit externen Fachleuten ein umfassendes Zukunftskonzept
für Pflege. Nun liegt der Plan vor und wurde am 25. März von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und
Soziallandesrat Christian Illedits vorgestellt. Der „Zukunftsplan Pflege“ prognostiziert den Bedarf an Pflegebetten,
Tagesbetreuungsplätzen und alternativen Wohnformen bis 2030 und beinhaltet 21 konkrete Vorschläge und
Empfehlungen zur weiteren Entwicklung im Bereich der Betreuung und Pflege. Die wichtigsten Eckpunkte des „Zukunftsplans
Pflege“: Die Pflege daheim hat oberste Priorität; um die Qualität der Pflege im Land weiter zu verbessern,
setzt der Plan auf die Gemeinnützigkeit und pflegende Angehörige sollen entlastet werden. So sieht der
Plan ein Modell zur finanziellen Absicherung für pflegende Angehörige der Pflegestufen 5, 4 und 3 vor.
Darüber hinaus werden stationäre- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen ebenso ausgebaut wie alternative
Wohnformen und mobile Pflegeangebote.
Die im Plan angeführten Empfehlungen sollen in den nächsten Monaten Schritt für Schritt umgesetzt
werden, sieht Doskozil darin einen klaren Arbeitsauftrag: „Die ältere Bevölkerung hat sich verdient,
dass ihre Bedürfnisse in entsprechend würdiger Form abgedeckt werden, sie darf nicht zum Bittsteller
werden. Jeder soll die Unterstützung bekommen, die er braucht.“ Das Pflegekonzept ruht auf zwei Grundpfeilern:
der Gemeinnützigkeit der Pflege und der Entlastung und Absicherung von pflegenden Personen.
Gemeinnützigkeit der Pflege
Grundsätzlich wird die Pflege nur mehr auf gemeinnütziger Basis erfolgen. Das gelte für jeden
Anbieter, „wer auch immer im Burgenland in diesem Segment tätig ist. Pflege ist für mich eine besondere
Form der Daseinsvorsorge. Eine Gewinnabsicht hat aus meiner Sicht in diesem Bereich keine Berechtigung. Ich will
nicht, dass man mit einer Notsituation von Menschen Gewinn macht. Gewinnorientierung erzeugt Druck auf die Qualität,
die Leidtragenden sind die zu Pflegenden und die öffentliche Hand bleibt auf den Kosten sitzen“, so Doskozil.
Die gesetzliche Basis dafür wolle man nun rasch schaffen und falle in die Kompetenz des Landes. Um dem Vertrauensgrundsatz
Rechnung zu tragen, werde es eine Übergangsfrist von vier Jahren geben. Innerhalb dieser Frist müssen
alle Anbieter, die weiter im Burgenland tätig sind, auf Gemeinnützigkeit umstellen.
Entlastung pflegender Angehöriger
Ein wichtiger Teil des Pflegekonzepts ist es, pflegende Angehörige bei der Finanzierung des Lebensunterhaltes
inklusive Versicherung noch besser zu unterstützen und abzusichern. Dazu wurde ein Modell zur finanziellen
Absicherung für pflegende Angehörige für die Pflegestufen 3, 4, und 5 ausgearbeitet. Zur Abwicklung
dieses Modells wird ein gemeinnütziger Rechtsträger, die Burgenländische Pflege und Service GmbH,
gegründet, wo Personen, die Angehörige pflegen, angestellt werden. Eine Anstellung wird zu 1700 Euro
netto auf Basis einer Vollzeitbeschäftigung erfolgen, wobei ab Pflegestufe 3 und je nach Pflegestufe unterschiedliche
Beschäftigungsmodelle zur Verfügung stehen werden (Pflegestufe 3 – 20 Stunden, Pflegestufe 4 – 30 Stunden,
Pflegestufe 5 – 40 Stunden). Die pflegebedürftigen Personen werden für eine Betreuung durch den Angehörigen
im Rahmen des Anstellungsmodells einen Teil des Pflegegelds (80% des Pflegegelds bei Pflegegeldstufe 4 und 5 sowie
90% bei Pflegegeldstufe 3) und einen Teil der Pension (Betrag über dem Netto-Ausgleichzulagenrichtsatz) zu
bezahlen haben. Der Restbetrag bis zur Deckung der Brutto-Gehaltskosten wird vom Land Burgenland übernommen.
Gleichzeitig wird den betreuenden Angehörigen eine Ausbildung im Bereich der Pflege, eine Heimhelferausbildung,
angeboten werden, um eine qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen und auch einen Berufseinstieg im Pflegebereich
nach Ende der Pflegetätigkeit zu ermöglichen.
Umgesetzt wird die Regelung ab 1. Oktober 2019. Bis dahin werde man die dazu notwendige Gesellschaft gründen
und Gesetze beschließen, so Doskozil.
Pflegt sich eine Pensionistenpaar gegenseitig und liegt das Familieneinkommen unter 1700 Euro netto, ist auch hier
eine Förderung vorgesehen.
Illedits: „Pflege daheim hat oberste Priorität“
„44 Altenwohn- und Pflegeheime mit 2.226 stationären Plätzen gab es Ende 2018 im Burgenland. Bis
zum Jahr 2021 sieht der Zukunftsplan im gesamten Burgenland bis zu 305 neue Pflegebetten vor, bis zum Jahr 2030
sind es bis zu 635 neue Pflegebetten“, so Soziallandesrat Christian Illedits. Gleichzeitig werden bis 2021 die
Einsatzstunden im Bereich mobile Pflegedienste von 320.371 im Jahr 2018 auf mindestens 354.264 ansteigen.
Um die Bedürfnisse der älteren Generation zu erheben, wurde das Department Soziales der FH Burgenland
mit einer Umfrage beauftragt. Demnach wollen 98,5 % der Befragten so lange wie möglich in den eigenen vier
Wänden bleiben, jedoch nur 44,3 % sind der Meinung, sich die Pflege zuhause leisten zu können. Dem Ergebnis
trage man insofern Rechnung, als das Hauptaugenmerk des Zukunftsplans Pflege auf der Betreuung und Pflege in den
eigenen vier Wänden liege, so Soziallandesrat Christian Illedits: „Pflege und Betreuung ist ein wichtiges
Zukunftsthema. Pflege geht uns alle an. Wir werden immer älter, alleine bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der
über 75-Jährigen burgenlandweit um 20 Prozent zunehmen. Es wird in naher Zukunft kaum eine Familie geben,
die nicht in irgendeiner einer Art und Weise mit der Pflege eines Angehörigen konfrontiert sein wird.“ Daher
müsse man die Pflegeplätze an den erwarteten Bedarf anpassen und den Ausbau von Seniorentageszentren,
betreuten Wohneinrichtungen und mobilen Pflegeangeboten vorantreiben. „Wir wollen Leistbarkeit und Qualität
der Pflege ebenso verbessern wie die Verfügbarkeit von Pflegepersonal. Die Pflege daheim hat für uns
oberste Priorität“, betont der Soziallandesrat.
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