WKÖ-Bundesspartenobmann Menz: „Brauchen ausgewogene Wirtschafts- und Standortpolitik“
Wien (pwk) - „Österreichs Industrie kann über das abgelaufene Jahr insgesamt eine positive Bilanz
ziehen. Unsere Sparte konnte den konjunkturellen Rückenwind nutzen und so trotz des generell hohen Wettbewerbsdrucks
gut performen“, fasst Sigi Menz, Obmann der Bundessparte Industrie in der WKÖ, zusammen. Die Industrieproduktion
stieg 2018 auf 175 Mrd. Euro (nominell plus 9,5 %), geht aus der aktuellen Erhebung der Bundessparte Industrie
in der Wirtschaftskammer Österreich hervor. Deutlich überdurchschnittliche Produktionszuwächse verzeichnen
dabei die Mineralölindustrie und die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen, die stark von der internationalen
Öl- und Gaspreisentwicklung abhängen. „Rechnet man diese beiden Branchen, die überproportional gewachsen
sind, heraus, so reduziert sich die Steigerung des Produktionswerts auf 5,3%“, präzisiert Bundesspartengeschäftsführer
Andreas Mörk.
Auch bei den Auftragseingängen melden die Industriebetriebe es ein Plus, und zwar um 6 Mrd. Euro auf 108,1
Mrd. Euro. Knapp drei von vier Aufträgen kommen dabei aus dem Ausland.
Die heimische Industrie ist auf Auslandsmärkten weiterhin stark präsent: Die Warenausfuhren legten um
mehr als 8 Mrd. auf 150 Mrd. Euro zu. 104 Mrd. Euro davon stammen aus der Industrie, wie Mörk ausführte.
Die wichtigsten Zielländer für die Warenlieferungen aus Österreich sind Deutschand (mit einem Anteil
von mehr als 30% auf rund 45 Mrd. Euro), die USA (7,1%) sowie Italien (6,5%), alle drei Märkte verzeichneten
dabei im vergangenen Jahr spürbare Zuwächse.
Beschäftigtenstand gestiegen – besonders erfreuliche Tendenz bei Lehrlingen
Positiv ist auch die Entwicklung bei den Beschäftigten: Der Gesamtbeschäftigtenstand (Eigenpersonal
und Fremdpersonal) in der heimischen Industrie legte im vergangenen Jahr um 2,8% auf 453.140 Personen zu. Das Plus
war sowohl bei Arbeitern, als auch bei Angestellten zu verzeichnen. Die österreichische Industrie konnte damit
2018 den Mitarbeiterstand des Jahres 2008 nahezu wieder erreichen. „Besonders freut uns, dass die Zahl der Lehrlinge
in der Industrie im vergangenen Jahr weiter zulegen konnte, und zwar um knapp 4% auf insgesamt 15.754 in insgesamt
rund 1.200 Ausbildungsbetrieben“, führt Mörk aus.
Dass sich heuer eine Abschwächung des Wachstums abzeichnet, lässt sich am aktuell abgefragten Stimmungsbild
der Industriefachverbände ablesen. Demnach fallen die Konjunktureinschätzungen für das erste Quartal
2019 etwas vorsichtiger aus. Einige Fachverbände melden Auftragsrückgänge, bei den Beschäftigten
ist die Einschätzung derzeit ausgeglichen.
Fachkräftebedarf spitzt sich zu – RWR-Karte weiter verbessern
„Wir brauchen eine ausgewogene Wirtschafts- und Standortpolitik“, betont Budesspartenobmann Menz und verweist
darauf, dass einerseits die anstehende Steuerreform, andererseits die Fachkräfteproblematik hier eine wesentliche
Rolle spielen.
Wie der Fachkräfteradar der Wirtschaftskammer zeigt, verschärft sich der Fachkräftemangel vor allem
in industrieintensiven Bundesländern wie Vorarlberg, Tirol und der Steiermark. Gesucht werden vor allem Techniker
und Anlagen- und Maschinenbediener. Bei den Qualifikationen sind Lehr- und HTL-Absolventen besonders gefragt.
Die Weiterentwicklung der Rot-Weiß-Rot-Karte durch die Regionalisierung der Mangelberufsliste wertet Menz
als positiven Schritt, weil dadurch umso stärker auf regionale Bedürfnisse der Betriebe eingegangen werden
kann. Kritisch sieht die Industrie die nach wie vor zu lange Dauer der Verfahren. „Verbesserungsbedarf sehen wir
auch, weil ausländische Qualifikationen im Sinne von Berufserfahrung im Punktesystem derzeit leider nicht
berücksichtigt werden. Generell vermissen wir eine Gesamtstrategie“, so Menz.
„Es braucht in Österreich eine breit angelegte Fachkräfteoffensive. Das in Deutschland geplante Fachkräfteeinwanderungs-Gesetz
ist in dieser Hinsicht Vorbild und würde auch in Österreich qualifizierte Zuwanderung sowie ein unbürokratisches
und beschleunigtes Verfahren ermöglichen.“
Rasche Entlastung bei Körperschaftsteuersatz gefordert
Bei der Senkung des Körperschaftssteuersatz liegen aus Sicht von Menz zwei Optionen am Tisch: Eine Senkung
des 25 %-igen Körperschaftsteuersatzes in Österreich auf 19 % würde eine Reduktion der Steuereinnahmen
für den Finanzminister um 2,3 Mrd. Euro ergeben. Ein anderer Ansatzpunkt: Eine Reduktion des KÖSt-Satzes
auf die Hälfte bei nicht entnommenen Gewinnen würde einen Steuereinnahmenverlust in Höhe von 3 Mrd.
Euro bewirken. „Die budgetären Auswirkungen der KÖSt-Satz-Senkungsvarianten liegen vor. Jetzt fehlt nur
noch eine rasche politische Umsetzung, um mit dieser Maßnahme den derzeitigen Wirtschaftsaufschwung in Österreich
so lange wie möglich am Köcheln zu halten“, fordert Menz.
Ankurbelung der Investitionstätigkeit mit einem Investitionsfreibetrag
In einer konjunkturellen Phase, die den Höhepunkt bereits überschritten hat, stärkt eine Maßnahme
zur Forcierung der Investitionstätigkeit die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und erhöht das Wirtschaftswachstum
einer Volkswirtschaft. Jeder investierte Euro zieht eine gesamtwirtschaftliche Produktion von 1, 24 Euro nach sich
(Quelle: IWI).
Die Industrie schlägt die Einführung eines Investitionsfreibetrags (IFB) von 30 % vor. Nach jüngsten
Berechnungen des Industriewissenschaftlichen Instituts bedeutet die Einführung eines IFB in der Höhe
von 30 % unter Einschränkungen, dass er nur für Unternehmen der Herstellung von Waren und nur für
das Sachanlagevermögen gelten soll, verminderte Steuereinnahmen durch den Bund in der Höhe von 294 Mio.
Euro.
„Die durch den IFB unterstützten Investitionen könnten eine gesamtwirtschaftlich ausgelöste Wertschöpfung
von 600 Mio. Euro bewirken, rund 7.800 zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse generieren sowie Fiskal-
und Sozialbeitragseffekte von insgesamt 200 Mio. Euro auslösen“, so Menz.
Auch die Lohnnebenkosten-Senkung hat als Forderungs-„Dauerbrenner“ der Wirtschaft oberste Priorität, ergänzt
Bundesspartengeschäftsführer Mörk. „Die Industrie muss im Zuge dieser Steuerreform eine spürbare
Entlastung bekommen, wir erwarten ein deutliches Signal in Richtung internationaler Standortwettbewerb“, fasst
der Bundesspartenobmann zusammen.
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