Eröffnung des Christian Doppler Labors für Nachhaltiges Produktmanagement in einer
Kreislaufwirtschaft an der Universität Graz
Graz (universität) - Wie nachhaltig ist ein Produkt oder eine Dienstleistung? Eine Frage, die bei Kaufentscheidungen
immer größere Bedeutung gewinnt. Dementsprechend überlegen auch Unternehmen mehr denn je, wie sie
mit ihren Angeboten diesem Aspekt stärker Rechnung tragen können. Was aber sind die Kriterien, nach denen
sich ökologische und soziale Nachhaltigkeit über die gesamte Lebensspanne eines Produkts und darüber
hinaus zuverlässig bewerten lassen? Wie können die für diese Bewertung notwendigen Daten gesammelt
werden? Und wie lassen sie sich sinnvoll nutzen, um Unternehmen bei der Entscheidung für ein sozial- und umweltverträgliches
Design ihrer Angebote zu unterstützen? Die Beantwortung dieser Fragen ist Ziel der Forschung im Christian
Doppler Labor für Nachhaltiges Produktmanagement in einer Kreislaufwirtschaft, das von den beteiligten Unternehmen
und dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gemeinsam finanziert und am 4. April
2019 an der Universität Graz eröffnet wird.
„Es geht nicht mehr nur darum, dass Gewinne sozial verwendet werden, sondern ob man nachhaltig produziert und wirtschaftet.
Um die Nachhaltigkeit eines Produktes über den gesamten Lebenszyklus bewerten zu können, muss eine Vielzahl
von Daten verarbeitet werden. Die Methoden der Digitalisierung bieten auch hier neue Chancen“, sagt Dr. Margarete
Schramböck, Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. „Das neue Wissen kann genutzt
werden, um Produkte von Beginn an nachhaltig zu gestalten. So trägt die Digitalisierung einmal mehr zur Zukunftsfähigkeit
unserer Gesellschaft bei.“
Die Kreislaufwirtschaft ist ein Konzept, das aktuell großes Interesse weckt. Gemeint ist damit ein System,
das auf Regeneration basiert. Dadurch soll der Einsatz von Ressourcen, Emissionen und Abfall reduziert werden.
Wege dazu können unter anderem Instandhaltungsmaßnahmen, die Wiederverwendung oder das Recycling von
Produkten sein. „Das bedeutet aber nicht, dass Kreislaufwirtschaft in jedem Fall den Anspruch sozialer und ökologischer
Nachhaltigkeit erfüllt“, weiß Nachhaltigkeitsforscher Rupert Baumgartner, Leiter des neuen CD-Labors
an der Universität Graz.
Will man die Nachhaltigkeit eines Produkts, zum Beispiel eines Smartphones, beurteilen, ist man mit einem komplexen
Zusammenhang vieler verschiedener Faktoren konfrontiert. Das beginnt bei der Förderung der Rohstoffe in Entwicklungsländern
mit ihren Folgen für die Umwelt und den sozialen Umständen der dort beschäftigten ArbeiterInnen.
Hinzu kommen die Bedingungen in der Produktion. Dann legt ein Smartphone meist noch einen weiten Weg zurück,
etwa von Asien nach Europa. Überall fallen Emissionen an, wird Energie verbraucht. Und selbst am Ende der
Lebensspanne des Geräts ist noch lange nicht Schluss. Hier beginnt der Prozess mehr oder weniger wieder von
vorne. Die „entsorgten“ Smartphones wandern zu einem großen Teil wieder zurück in Länder des globalen
Südens, wo die in ihnen verbauten wertvollen Rohstoffe rückgewonnen werden, um sie ihrer Wiederverwendung
zuzuführen.
Wissenschaftliche Grundlagen zur Nachhaltigkeitsbewertung schaffen
Mit seinem Team wird Rupert Baumgartner in den kommenden Jahren Licht in das verworrene Netz der globalen Lieferketten
bringen und wissenschaftlich fundierte Grundlagen für die Nachhaltigkeitsbewertung von Produkten und Dienstleistungen
in einer Kreislaufwirtschaft erarbeiten. Partner im Rahmen des CD-Labors sind die Altstoff Recycling Austria Aktiengesellschaft
(ARA) und iPoint, ein internationales Unternehmen im Bereich Software-Lösungen für Compliance und für
nachhaltiges Produktmanagement.
Am Anfang steht die Erhebung von Informationen durch Umfragen bei Unternehmen, die sich in Richtung Kreislaufwirtschaft
weiterentwickeln wollen, mit Schwerpunkt in der Automotive- und der Verpackungsindustrie. „Wir möchten wissen,
welche Daten, die für eine Nachhaltigkeitsbewertung interessant sein könnten, von den Unternehmen gesammelt
werden“, erklärt Josef Schöggl, Forscher im CD-Labor, und nennt als Beispiele „Energiebedarf, Emissionen,
Herkunft der Rohstoffe, Arbeitsbedingungen, Abfall, Transportwege“. Zu ermitteln wird auch sein, ob die bisherigen
Aufzeichnungen ausreichen oder wichtige Informationen noch gar nicht erhoben wurden.
Nach Klärung der Frage, welche Anforderungen ein nachhaltiges Produkt zu erfüllen hat, werden Baumgartner
und sein Team effiziente Methoden zur Sammlung, Vernetzung und Auswertung der relevanten Daten entwickeln: „Die
Digitalisierung eröffnet der Forschung hier ganz neue Möglichkeiten. Wir werden untersuchen, was das
Internet of Things und Big Data für unsere Zwecke leisten können.“
Schließlich soll die Forschung auch einen anwendungsorientierten Nutzen für die Wirtschaft – und in
weiterer Folge für die gesamte Gesellschaft – haben. „Wir möchten mit unseren Erkenntnissen die Basis
für die Entwicklung praktischer Tools schaffen, die Unternehmen als Entscheidungshilfe für ein nachhaltiges
Produktmanagement in der Kreislaufwirtschaft verwenden können“, unterstreicht Baumgartner.
Über Christian Doppler Labors
In Christian Doppler Labors wird anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf hohem Niveau betrieben, hervorragende
WissenschafterInnen kooperieren dazu mit innovativen Unternehmen. Für die Förderung dieser Zusammenarbeit
gilt die Christian Doppler Forschungsgesellschaft international als Best-Practice-Beispiel.
Christian Doppler Labors werden von der öffentlichen Hand und den beteiligten Unternehmen gemeinsam finanziert.
Wichtigster öffentlicher Fördergeber ist das Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort
(BMDW).
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