Wirtschaftsausschuss nimmt mit Grundsatzgesetz neuen Anlauf – Regierungsparteien verabschieden
Grundsatzgesetz, breiter Konsens über Befreiung einkommensschwacher Haushalte von Ökostromabgabe
Wien (pk) - Nachdem ein entsprechender Initiativantrag der Regierungsparteien auf Änderung des Ökostromgesetzes
nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundesrat erreicht hatte, unternahm der Wirtschaftsausschuss am
2. April einen neuerlichen Anlauf zur Absicherung der bestehenden Biomasseanlagen. Ein Biomasseförderung-
Grundsatzgesetz mit Vorgaben für die Länder zur Förderung der Biomasseanlagen wurde mit den Stimmen
der Regierungsparteien verabschiedet, wobei ÖVP und FPÖ auf die Dringlichkeit hinwiesen und von einem
schnellen und sauberen Weg im Sinn der Anlagenbetreiber und der erneuerbaren Energie sprachen. Die SPÖ blieb
ebenso wie JETZT bei ihrer Ablehnung und warf der Regierung vor, in verfassungswidriger Weise die Zwei-Drittel-Mehrheit
zu umgehen und die Verantwortung auf die Länder abzuwälzen. Ein Nein kam auch von den NEOS, die wiederum
eine Lösung für das große Ganze im Ökostrombereich vermissten.
Auf den Weg ins Nationalratsplenum schickte der Ausschuss auch eine weitere Novelle zum Ökostromgesetz, durch
die nun einkommensschwache Haushalte von der Ökostromabgabe vollständig befreit werden sollen. Diese
Vorlage wurde mit breiter Mehrheit gegen die Stimmen der NEOS beschlossen.
Biomasseförderung-Grundsatzgesetz soll Fortbestand bestehender Biomasseanlagen sichern
Konkret sollen durch das Biomasseförderung-Grundsatzgesetz (558 d.B.) die Länder als Ausführungsgesetzgeber
verpflichtet werden, Ökostromanlagen auf Basis fester Biomasse bzw. von Abfällen mit einem hohen biogenen
Anteil zu fördern. Als Mehraufwendungen für die Förderung setzt der Entwurf Kosten in der Höhe
von 51,985 Mio. € an. Dabei werden für die betroffenen Anlagen die Stromerzeugungsmengen aus dem Jahr 2016
herangezogen.
Die heute beschlossene Lösung sei zwar nicht der Plan A, biete aber nach der Blockade durch die SPÖ im
Bundesrat einen schnellen und sauberen Weg zur Absicherung der 47 Biomasseanlagen, deren Fortbestand durch das
Auslaufen der Förderungen gefährdet war, erklärte ÖVP-Abgeordneter Josef Lettenbichler. Das
Gesetz sei notwendig, weil sich die SPÖ im Bundesrat quergelegt und damit eine Lösung verhindert hatte,
die weniger kompliziert gewesen wäre, pflichtete ihm Axel Kassegger (FPÖ) bei. Beide Mandatare betonten,
dass es bei den Ländertarifen nicht um eine Steuer, sondern um eine Umlage gehe, und dass die Verfassungskonformität
des Gesetzes von namhaften ExpertInnen bestätigt worden sei.
Auch Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger sprach von einer Lösung aus politischer Dringlichkeit,
die nun dafür sorgen soll, dass die 47 Biomasseanlagen nicht vom Netz gehen. Es werde ein klar definierter
Rahmen für eine Überbrückungshilfe geschaffen, wobei die Umsetzung mit einfachgesetzlicher Mehrheit
möglich sei. Man habe die beihilferechtlichen Aspekte mit der EU gegengecheckt und sei zudem in engster Abstimmung
mit dem Verfassungsdienst vorgegangen. Eine Notifikation an die EU sei nur erforderlich, wenn ein Bundesland die
Vorgaben überschreitet. Das Gesetz sei im Sinne der Anlagenbetreiber, der Beschäftigten und der Umwelt.
Dass Biomasse Zukunft in Österreich hat, steht für Köstinger angesichts der großen Menge an
Holz im Gefolge von Windbruch und Borkenkäferplage außer Zweifel. Ziel bleibe die Erzeugung des gesamten
Strombedarfs aus erneuerbaren Energieträgern bis zum Jahr 2030.
Anders tönte es allerdings aus den Reihen der SPÖ. Die Regierung schummle sich an der Zwei-Drittel-Mehrheit
vorbei und wälze die politische Verantwortung an die Länder ab, kritisierte Muna Duzdar und äußerte
ebenso wie JETZT-Abgeordnete Stephanie Cox die Befürchtung, die Länderabgaben würden die StromkundInnen
nun zusätzlich belasten. Bedenken brachte sie auch in Bezug auf die EU-Konformität der Konstruktion vor.
Ihr Fraktionskollege Alois Stöger sprach unter Hinweis auf die bereits erfolgte Ablehnung durch den Bundesrat
von einem Verfassungsbruch und ortete überdies einen rechtswidrigen Eingriff in die Preisfestlegungen. Er
lehnte das Gesetz aber auch aus grundsätzlichen Überlegungen ab, zumal hier mit einer "Steuer"
Anlagen unterstützt würden, die am Markt keine Chance hätten.
Seitens der NEOS zeigte Josef Schellhorn zwar Verständnis für die Dringlichkeit, gab aber zu bedenken,
das große Ganze bleibe auf der Strecke. Vielmehr drohe nun ein "Föderalismuswirrwarr" mit
länderweise unterschiedlichen Zuschlägen. Schwere Vorwürfe richtete Schellhorn an die SPÖ,
deren Ablehnung der ursprünglichen Initiative im Bundesrat er als nicht nachvollziehbar qualifizierte.
Einkommensschwache Haushalte werden vollständig vom Ökostromförderbeitrag befreit
Einkommensschwache Haushalte müssen in Zukunft keinen Ökostromförderbeitrag mehr zahlen. Schon bisher
konnten sich u. a. Sozialhilfe- und PensionsbezieherInnen sowie Studierende und PflegegeldbezieherInnen von der
Bezahlung der Ökostrompauschale und des Teils des Ökostromförderbeitrags, der jährlich 20 €
übersteigt, befreien lassen. Voraussetzung dafür war, dass das Haushaltseinkommen den geltenden Ausgleichszulagenrichtsatz
nicht um mehr als 12% übersteigt. Eine mit breiter Mehrheit, aber gegen die Stimmen der NEOS beschlossene
Novelle zum Ökostromgesetz (557 d.B.) greift einen wortgleichen Gesetzesantrag des Bundesrats auf (496 d.B.)
– er gilt mit der Beschlussfassung als miterledigt - und sieht nun eine vollständige Kostenbefreiung einkommensschwacher
Haushalte vor.
Betroffen von dieser Novelle seien rund 300.000 Haushalte, teilte Bundesministerin Elisabeth Köstinger mit.
FPÖ-Mandatar Axel Kassegger erinnerte daran, dass die Maßnahme ursprünglich Teil eines Gesamtpakets
war, das am Widerstand der SPÖ gescheitert war.
Muna Duzdar (SPÖ) begrüßte die Befreiung der einkommensschwachen Haushalte von der Ökostromabgabe
als langjährige Forderung ihrer Fraktion und meinte, es sei erfreulich, "dass das Thema Energiearmut
nun auch bei den Regierungsparteien angekommen sei". Unterstützung fand die Gesetzesänderung auch
bei Stephanie Cox (JETZT), die sich nun allerdings weitergehende Maßnahmen wünscht, so etwa eine Erhöhung
der Förderung für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen. Die großen Fragen würden mit
dieser Lösung nicht angegangen, hakte Josef Schellhorn (NEOS) ein und kündigte die Ablehnung durch seine
Fraktion an. Besser wäre es seiner Meinung nach, die für die Kostenbefreiung notwendigen Budgetmittel
in die Förderung von Energieeffizienz zu investieren.
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