Bund muss mit EU in Verhandlungen eintreten, um investitionshemmende Maastricht-Regeln zu ändern,
und ehestmöglich Strukturreformplan einreichen
Brüssel/Wien/Klagenfurt (lpd) - Für eine Änderung der Konvergenzkriterien im Stabilitäts-
und Wachstumspakt spricht sich Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, aktuell auch Vorsitzender der österreichischen
Landeshauptleutekonferenz, aus: „Wir brauchen EU-weit ein Regelwerk, das bei der Konsolidierung der öffentlichen
Haushalte nicht ausschließlich die Aspekte Ausgabenreduktion und Wirtschaftswachstum betrachtet. Sonst wird
die – durchaus sinnvolle – Schuldenbremse zu einer Wachstumsbremse“, so Kaiser am 15. April.
Konkret spricht Kaiser das Problemfeld der gleichartigen Bewertung von Ausgaben an – ohne Unterschied, ob es sich
dabei um Ausgaben für die Schaffung nachhaltiger Infrastruktur oder um Einmalmaßnahmen handelt: „Vereinfacht
gesagt, macht es in der Maastricht-Darstellung keinen Unterschied, ob ich auf die Straße gehe und dort Hunderter
verteile, oder ob ich eine Schule, eine Straße oder ein Glasfasernetz baue. Und das, obwohl ich im zweiten
Fall Vermögenswerte aufbaue, die auch künftigen Generationen zu Gute kommen.“
„Das zweite Problem eröffnet sich bei der Auflösung von Rücklagen“, erklärt Kaiser. Hat eine
Gebietskörperschaft über Jahre auf eine Investition hin gespart und löst diese Rücklage dann
auf, um beispielsweise einen Kindergarten zu bauen, dann erhöht sich im Jahr der Investition das Maastricht-Defizit
schlagartig. Rücklagen werden nämlich Darlehen gleichgestellt. „Diese Regelung ist nicht sinnvoll, weil
damit niemand zum Sparen motiviert wird – im Gegenteil, vorausschauendes Zurücklegen von Geldern für
zu erwartende notwendige Ausgaben wird fast bestraft“, kritisiert Kaiser.
Die jüngste Flexibilisierung der EU-Fiskalregeln ermöglicht es zumindest unter gewissen Voraussetzungen,
wachstumsfördernde staatliche Impulse zu setzen. Einem Nationalstaat ist es nun möglich, Strukturreformpläne
aufzustellen und Offensiven für wachstumsfördernde Maßnahmen mit anfänglichen Zusatzmitteln
auszustatten, ohne dabei die Fiskalregeln zu verletzen. „Dies wäre auf jeden Fall schon ein erster Schritt
in die richtige Richtung“, sagt Kaiser, der auf einen möglichen Strukturreformplan im Bildungsbereich verweist.
Allerdings hat es die österreichische Bundesregierung bisher verabsäumt, einen solchen Strukturreformplan
bei der EU-Kommission einzureichen. „Ich fordere die Bundesregierung auf, mit den Ländern in Verhandlungen
für die gemeinsame Erarbeitung eines Strukturreformplans einzutreten. Die gute konjunkturelle Lage sollte
unbedingt für nachhaltige Investitionen für die aktuellen und die nachfolgenden Generationen genutzt
werden“, so der Landeshauptmann.
Darüber hinaus sind Investitionen des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) möglich,
ohne die Fiskalregeln zu verletzten. „Beiträge zum EFSI gelten als Einmalmaßnahme und lösen kein
Defizitverfahren aus. Ein geeignetes Großprojekt dafür wäre beispielsweise der Breitbandausbau
in Österreich“, sagt Kaiser.
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