2018 ist die Nahrungsmittelproduktion um kräftige 2,4 Prozent gewachsen, der Branchenumsatz
ist um knapp 2 Prozent nominell auf 18,1 Milliarden Euro gestiegen
Wien (bank austria) - Österreichs Nahrungsmittelhersteller verbuchten 2018 ein Produktionsplus von
2,4 Prozent, ein Ergebnis, das deutlich über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag. Allerdings bremste
die schwache Erzeugerpreisentwicklung das Umsatzwachstum. Der Branchenumsatz ist laut vorläufigen Ergebnissen
nur um knapp 2 Prozent nominell auf 18,1 Miliarden Euro gestiegen. Die Branche konnte das sehr geringe Umsatzplus
im Inland mit einem höheren Auslandsabsatz ausgleichen.
Die Exporte waren im Vorjahr einmal mehr die wesentliche Wachstumsstütze der Branche. 2018 sind die gesamten
Nahrungsmittelexporte aus Österreich um 1,5 Prozent nominell auf 8,1 Milliarden Euro gestiegen, wobei stärkere
Exportzuwächse mit Molkereiprodukten, Tierfutter sowie mit Gemüse und Früchten erzielt wurden –
und in dieser Warengruppe vor allem mit Fruchtsäften, die immerhin 300 Millionen Euro zur Exportrechnung beitragen.
„Österrreichs Lebensmittelerzeugung kann 2019 wie in den vergangenen Jahren wieder Impulse aus dem Ausland
erwarten, angetrieben vom Anstieg der Binnennachfrage in wichtigen europäischen Absatzmärkten der Branche,
vor allem in Deutschland“, sagt UniCredit Bank Austria Ökonom Günter Wolf . Voraussichtlich wächst
die Nahrungsmittelproduktion 2019 noch im Bereich von 1 bis 2 Prozent und damit weiterhin auf dem Niveau der letzten
zehn Jahre.
Die Erwartungen der Branche für das Jahr 2019 sind überwiegend positiv
Anfang 2019 blieb die Nahrungsmittelerzeugung in Schwung; die Branche verbuchte im Jänner ein Produktionsplus
von 3,5 Prozent und im ersten Quartal ein Beschäftigungswachstum von durchschnittlich 2,1 Prozent. Die aktuellen
Unternehmensbefragungen signalisieren zwar eine Abkühlung, aber in Summe noch ein positives Konjunkturbild:
Die Hersteller sind in den Produktionserwartungen für die nächsten Monate etwas pessimistischer geworden,
in der Mehrzahl aber positiv gestimmt.
Auch die wichtigsten Determinanten der Inlandsnachfrage, die Haushaltseinkommen und die Konsumnachfrage, werden
2019 und 2020 voraussichtlich schwächer als im Vorjahr wachsen, sollten aber im langfristigen Vergleich überdurchschnittlich
hohe Zuwächse erreichen. Nachdem die Lebensmittelerzeugung rund 40 Prozent der Vorleistungen des Beherbergungs-
und Gaststättenwesens liefert, sollte die weiterhin positive Tourismuskonjunktur 2019 für Wachstumsimpulse
im Inland sorgen.
Exporterfolge können steigende Außenhandelsdefizite mit Nahrungsmitteln nicht verhindern
Der exportorientierte Teil der Nahrungsmittelerzeugung ist sowohl kurz- als auch langfristig erfolgreicher als
die Gesamtbranche. Während der Branchenumsatz von 2008 bis 2018 insgesamt um rund ein Fünftel zulegen
konnte, hat sich der darin enthaltene Auslandsumsatz mehr als verdoppelt. Von den knapp 3 Milliarden Euro Umsatzzuwachs
in dem Zeitraum wurden in Summe 2,1 Milliarden Euro im Export lukriert. Gleichzeitig ist die Exportquote der österreichischen
Nahrungsmittelerzeugung von 28 Prozent auf 35 Prozent 2018 gestiegen.
Trotz der Exporterfolge ist Österreichs traditionell negative Außenhandelsrechnung mit Nahrungsmitteln
noch tiefer ins Minus gerutscht. Erst 2018 hat sich die Außenhandelsrechnung wieder leicht erholt, vor allem
weil sich der Saldo im Handel mit Gemüse, Tierfutter und der Warengruppe sonstige Nahrungsmittel verbesserte.
Im Vorjahr standen dem Exportvolumen von 8,1 Milliarden Euro Nahrungsmittelimporte im Wert von 9,8 Milliarden Euro
gegenüber, in Summe blieb ein Minus von 1,7 Milliarden Euro.
„Österreichs Außenhandelsdefizit mit Nahrungsmitteln wächst, weil die Exportüberschüsse
mit Milchprodukten und mit Fleischwaren den steigenden Import von Gemüse, Gewürzen und Fisch nicht mehr
ausgleichen können. Hintergrund ist die Tatsache, dass die überdurchschnittlich stark gestiegene Nachfrage
der heimischen Konsumenten nach Obst und Gemüse nicht mehr durch eigene Produktionen gedeckt werden kann“,
sagt Wolf.
Hohe Produktqualität stärkt die Konkurrenzfähigkeit
Die Exporterfolge der heimischen Nahrungsmittelerzeugung beruhen vor allem auf einem konkurrenzfähigen Angebot
und auf offenen Märkten, auch wenn die Produkte überwiegend in einem engen regionalen Rahmen gehandelt
werden. Mehr als die Hälfte der Branchenexporte aus Österreich wird nach Deutschland und Italien geliefert,
weitere 16 Prozent in andere Nachbarländer, vor allem nach Ungarn, in die Schweiz und nach Slowenien.
Österreichs Nahrungsmittelerzeuger profitierten besonders von der Osterweiterung sowohl im Export als auch
im Import. Während die Nachfrage nach österreichischen Lebensmitteln in den neuen Mitgliedsstaaten der
EU in den letzten Jahren an Dynamik verloren hat, sind die Importe aus der Region fast ungebremst gestiegen. Vorwiegend
kommen aus der Region Nahrungsmittel mit einem relativ geringen Verarbeitungsgrad beziehungsweise einem relativ
niedrigen Produktwert. 2018 importierte Österreich aus Osteuropa Nahrungsmittel im Wert von durchschnittlich
60 Cent pro Kilogramm, im Vergleich dazu aus der EU15 Produkte im Wert von 1,7 Euro pro Kilogramm. Osteuropa ist
auf jeden Fall ein wichtiger und günstiger Vorproduktelieferant der Branche geblieben und trägt damit
wesentlich zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit bei.
Eine weitere Grundlage für die Exporterfolge der Nahrungsmittelerzeugung war die Spezialisierung auf hohe
Produktqualität. Wie die Entwicklung der Produktwerte im Export allerdings zeigt, wächst der Verarbeitungsgrad
der Nahrungsmittelexporte zunehmend langsamer: Von Mitte der 90er Jahren bis 2008 hat der durchschnittliche Exportwert
um etwa 3,5 Prozent im Jahr zugelegt, in den folgenden zehn Jahren nur mehr um rund 1 Prozent im Jahr.
Außerdem dominieren noch immer relativ gering verarbeitete Waren den Produktkatalog wichtiger Exportsegmente
der Branche, vor allem bei Fleisch und Molkereiprodukten. Beispielsweise liegt der Exportwert von Molkereiprodukten
aus Österreich aufgrund des hohen Rohmilchanteils bei 1,2 Euro pro Kilogramm, im Vergleich dazu der Importwert
bei 1,8 Euro pro Kilogramm. „Vorsichtig interpretiert zeigt die Entwicklung der Produktwerte im Nahrungsmittelexport,
dass der Qualitätsaspekt zumindest im Branchendurchschnitt an Wachstumsgrenzen gestoßen ist“, sagt Wolf.
Demografie und Nachfragesättigung werden das Branchenwachstum bremsen, aber nicht stoppen
Die Nahrungsmittelnachfrage wird im Wesentlichen von der Zahl der Konsumenten bestimmt, die in Österreich
wie im Großteil Europas zunehmend schwächer wächst. Gleichzeitig steigt der Anteil alter Menschen,
die einen relativ niedrigen Kalorienbedarf haben. Das führt dazu, dass der Anteil der Ausgaben für Nahrungsmittel
am Konsum der privaten Haushalte noch sinkt, wobei die demografiebedingten, nachfragedämpfenden Effekte vom
Sättigungsgrad der Konsumenten zusätzlich verstärkt werden. Vor drei Jahrzehnten verwendeten Österreichs
Haushalte noch 12 Prozent ihres Budgets für Nahrungsmittel, 2017 nur mehr 9 Prozent beziehungsweise 17 Milliarden
Euro (zudem wurden 5 Milliarden Euro für Getränke und 20 Milliarden Euro für Restaurantbesuche und
sonstiges Außer-Haus-Essen ausgegeben).
Bisher konnte die Nahrungsmittelerzeugung die fehlende Nachfragedynamik im Inland sehr gut im Export ausgleichen.
In Zukunft wird die Branche aber auch im Rest Europas mit einer schwächer wachsenden Nahrungsmittelnachfrage
konfrontiert sein, vor allem weil die regionalen Konsummuster immer ähnlicher werden. Die noch hohen Ausgabenunterschiede
bei Nahrungsmitteln, die von 26 Prozent der Konsumausgaben in Rumänien bis zu 7 Prozent in Großbritannien
reichen, werden auf jeden Fall geringer. Vollständig beseitigt werden sie wahrscheinlich nie, vor allem aufgrund
lokal verankerter Konsumgewohnheiten und weiter bestehen bleibender Unterschiede in der Kaufkraft und in den Handelsstrukturen.
„Österreichs Nahrungsmittelhersteller werden in Zukunft auch außerhalb spezifischer, qualitativ hochwertiger
Produktsegmente Absatzmöglichkeiten finden und diese auf der Grundlage ihrer hohen Konkurrenzfähigkeit
auch nutzen können. Zudem werden einzelne Unternehmen weiterhin in außereuropäischen Märkten
reüssieren. In Summe kann die Branche aber keine stärkeren Wachstumsimpulse erwarten und ein Produktionswachstum
von mehr als 3 Prozent im Jahr bleibt die Ausnahme“, so Wolf abschließend.
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