Wien (PK) – Einen breiten thematischen Bogen spannte auch die weitere Diskussion im am 11. April Bundesrat
. So passierten sechs internationale Abkommen die Länderkammer. Zudem standen am Nachmittag der Mittelstandsbericht
und Berichte über EU-Vorhaben zur Debatte.
Wissenschaft bis Außenpolitik: Bundesrat genehmigt EU-Vorhabensberichte
Einstimmig vom Bundesrat verabschiedet wurden im weiteren Verlauf der Sitzung die EU-Vorhabensberichte 2019 für
die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie für die Wirtschaft. Zentral für den Wissenschaftsbereich
ist die geplante Mittelaufstockung des Forschungsprogramms "Horizon Europe" auf 100 Mrd.€ im Rahmen des
EU-Budgets von 2021 bis 2027, so das Bildungsministerium in seinem Bericht darüber. Ebenfalls ausgeweitet
werden soll das Mobilitätsprogramm für allgemeine und berufliche Bildung, Erasmus+, um die gesellschaftliche
und wirtschaftliche Entwicklung der Union zu unterstützen.
"Innovation durch Digitalisierung" ist Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik der Union, wobei der diesbezügliche
Bericht insbesondere die Bereiche Datenwirtschaft, Robotics-Technologien und Künstliche Intelligenz anspricht.
Auf der Agenda Brüssels bleibt zudem die Vollendung der Energieunion im Verein mit einer zukunftsorientierten
Klimapolitik.
Der Bericht des Bundesministeriums für Sport und öffentlichen Dienst sowie jener des Außenministeriums
über die jeweiligen EU-Arbeitsprogramme waren ebenfalls Thema. Prioritäten im Sportsektor sind demnach
die Förderung von Inklusion und Integrität, ebenso wie die wirtschaftliche Dimension des Sports, auch
hinsichtlich seiner Finanzierung. Im Zusammenhang mit den Agenden des öffentlichen Diensts berichtet das Ministerium
über Maßnahmen, die im Fall eines EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ("Brexit")
die Anstellungsverhältnisse von britischen StaatsbürgerInnen im öffentlichen Sektor Österreichs
absichern sollen.
Abgesehen vom Brexit ist dem Außenministerium zufolge die Bewältigung der illegalen Migrationsströme
eine der dringlichsten Herausforderungen in der EU-Politik. Österreich tritt auf EU-Ebene überdies für
Initiativen zur Entminung in Syrien und anderen Konfliktregionen ein. Großes Engagement zeigt das heimische
Außenamt auch bei der Heranführung Südosteuropas an die EU.
Die EU-Programme betreffend Öffentlicher Dienst und Sport erhielten einhellige Zustimmung, die SPÖ verweigerte
jedoch dem EU-Bericht der Außenministerin ihre Zustimmung.
Stefan Schennach (SPÖ/W) fehlt in der EU-Außenpolitik beispielsweise eine Schwerpunktsetzung im Bereich
Kampf gegen Steuerflucht, Steuerhinterziehung und Steuersümpfe. Hier erwartet er sich von der EU klare Spielregeln.
Außerdem vermisst er kritische Aussagen zu Waffenexporten aus Europa in jene Regionen, wo Kriege geführt
werden und die auch Ausgangspunkt von Fluchtwellen sind. Auch warf er der Regierung vor, nicht alles zu tun, um
die Arbeitsagentur nach Wien zu bekommen. Im Gegensatz dazu wiesen Gottfried Sperl (FPÖ/St) und Eduard Köck
(ÖVP/N) auf die Erfolge während der österreichischen Ratspräsidentschaft in Bezug auf Migrationssteuerung,
Rückführungspolitik und Außengrenzschutz hin. Köck begrüßte die Schließung
der Balkanroute und der Mittelmeerroute, wobei Bundeskanzler Kurz besondere Meriten zukämen. Sperl hob zudem
die Afrika-Politik der EU hervor. Auch lobte er die aktive Unterstützung Österreichs der Länder
Südosteuropas bei der Heranführung an die EU. Dezidiert forderte er die Aussetzung der Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei, ebenso mahnte Köck klare Worte gegenüber dem Land am Bosporus ein. Ferner kritisierte
Köck die Sanktionen gegenüber Russland als wirkungslos und regte an, die derzeitige Position zu überdenken.
Die Bedeutung der rund 328.000 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die heimische Wirtschaft verdeutlicht
einmal mehr der Mittelstandsbericht 2018 , den das Plenum einstimmig zur Kenntnis nahm. Die österreichische
mittelständische Wirtschaft sei überaus vielfältig, heißt es darin, und umfasse den traditionsreichen
Familienbetrieb ebenso wie hochinnovative, international tätige Start-ups. Die Zahl der Ein-Personen-Unternehmer
sowie der hybriden UnternehmerInnen, die gleichzeitig selbstständig und unselbstständig tätig sind,
ist in den letzten Jahren stärker angestiegen als jene der Unternehmen insgesamt.
Internationale Abkommen für Handel und Kooperation
In der Folge befasste sich der Bundesrat mit internationalen Abkommen, bei denen ihm ein Zustimmungsrecht zukommt,
da dadurch der selbständige Wirkungsbereich der Länder betroffen ist. So verließen mit Stimmenmehrheit
ein Handelsabkommen zwischen der EU und Peru und Kolumbien, samt dem Beitrittsprotokoll für Ecuador, und ein
Assoziationsabkommen der EU mit Zentralamerika das Plenum. Ziele der Vereinbarungen sind der Abbau von Handelshemmnissen
im Industrie- und Agrarsektor sowie die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte.
Stefan Schennach (SPÖ/W) begründete die Ablehnung seiner Fraktion mit der aus seiner Sicht großen
Mangelhaftigkeit der Abkommen. Diese seien "old fashioned", sagte er, er vermisse vor allem die Verankerung
der Beachtung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit. Die Menschenrechtsklausel könne man genauso wenig
einklagen wie Sozialstandards, Sanktionen fehlten völlig. Es gebe keine Kohärenz zwischen Entwicklungspolitik,
Nachhaltigkeit einerseits und Handel andererseits. Etwa riesige Palmölplantagen in Kolumbien würden die
Chancen auf die Lebensmittelversorgung der dortigen Menschen stark verringern. Außerdem gebe es einen übermäßigen
Einsatz von Pestiziden.
Es sei immer besser, Handel zu treiben und Kontakte zu pflegen, sagte demgegenüber Klara Neurauter (ÖVP/T),
die meinte, die Vorteile würden überwiegen. Selbstverständlich müsse man schauen, dass die
kleinen Bauern nicht unter die Räder kommen, betonte Monika Mühlwerth (FPÖ/W), aber man könne
in einer globalisierten Welt nicht zur Dreifelderwirtschaft zurückgehen. Sie wies darauf hin, dass die Abkommen
Klauseln zu Menschenrechten und Umweltstandards enthalten, und Abkommen könne man auch wieder kündigen.
Ebenso mehrheitlich genehmigte der Bundesrat ein bilaterales Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen
der Europäischen Union und Singapur. Auch hier hatte die Länderkammer ein Zustimmungsrecht. Im Vertrag
festgehalten sind politische Klauseln der EU, etwa über die Menschenrechte, den Internationalen Strafgerichtshof,
Massenvernichtungswaffen, Kleinwaffen und leichte Waffen sowie die Terrorismusbekämpfung. Es sieht zudem eine
Zusammenarbeit mit dem südostasiatischen Stadtstaat in Bereichen wie Gesundheit, Umwelt, Klimawandel, Energie,
Steuern, Bildung, Kultur, Arbeit, Wissenschaft oder Technologie vor. Auch hier meldete die SPÖ Bedenken an.
Keine Gegenstimme gab es hingegen für das Abkommen über strategische Partnerschaften zwischen der EU
und Kanada, jenes mit Japan wurde mehrheitlich genehmigt. Damit erteilte der Bundesrat seine ausdrücklich
Zustimmung zu diesen beiden Verträgen.
Der Vertrag mit Kanada zielt auf eine stärkere Zusammenarbeit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen,
der Justiz und im Bereich der Steuern ab. So will man etwa gemeinsam gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen
sowie in der Bekämpfung von Terrorismus, organisierter Kriminalität und Cybercrime vorgehen. Die EU erwartet
sich von dem Abkommen neue Impulse in den Beziehungen zu Kanada, die künftig über den wirtschaftlichen
Bereich hinausgehen sollen.
Die strategische Partnerschaft mit Japan soll eine Plattform für eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen
Forschung, Innovation, Bildung, Kultur, Grundfreiheiten, Migration, aber auch bei der Bekämpfung des Klimawandels
und der organisierten Kriminalität und des Terrorismus bieten.
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