Banken-Symposium Wachau 2019 – Fortschreitende Digitalisierung oder stärkere Positionierung
im stationären Filialvertrieb? Diese Frage stellt sich für Banken eigentlich nicht, denn die Kunden fordern
beides.
Krems (rim) - Rund 90 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher nutzen Online-Banking.
Gleichzeitig kommen Studien zu dem Ergebnis, dass für eine ebenso große Zahl an Menschen in diesem Land
der klassische Filialkanal zu ihrer Bank von großer Bedeutung ist. In einer aktuellen Umfrage von Mindtake,
FMVOe und Google nannten 80,6 Prozent der Befragten die Filiale, auf die Frage, wie sie mit ihrem Kreditinstitut
in Kontakt treten. Interessanterweise erreichte die Gruppe der „Digital Natives“, der 18- bis 29-Jährigen,
dabei den höchsten Wert – 82,9 Prozent.
Diesen - auf den ersten Blick verwirrenden - Ergebnissen und daraus abzuleitenden Schlüssen widmet sich das
heurige Banken-Symposium Wachau am 9. Mai im Stift Göttweig.
"Die gleichzeitige Nachfrage nach Digital Banking und Filialservices zeugt allerdings nur vordergründig
von einem Widerspruch. Die Wirklichkeit ist ganz einfach differenzierter", erklärt Mario Offenhuber,
Geschäftsführer des Beratungsunternehmens RIM Management KG. In jener Zielgruppe, die regelmäßig
digitale Kanäle in Richtung Bank benutzt, beschränkt sich der Großteil auf einfache Transaktionen.
Die Bereitschaft, online Beratung in Anspruch zu nehmen oder Abschlüsse zu tätigen, ist sehr viel geringer.
Diesen Befund bestätigt auch die Consumer Banking Survey 2018 der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft
EY, deren Partner Armin Schmitt die Key Note der Veranstaltung halten wird.
Strategische Zwickmühle für digitale Challenger
Natürlich sind die Bedürfnisse im Bereich der Online-Ansprache zu erfüllen, aber die nackten
Zahlen deuten nicht darauf hin, dass die Zukunft ausschließlich im Bereich der digitalen Sphäre liegt.
In den letzten Jahren ist in dieser Hinsicht auch einiges passiert, insoweit alle Häuser Teile ihres Geschäfts
mehr oder weniger digitalisiert haben. Mobile Payment, Videoidentifikation oder Online-Konsumkredit sind längst
keine Alleinstellungsmerkmale hipper Fintechs oder Direktbanken mehr. Im Gegenteil: Aus der Sicht der Kunden sind
das beinahe Selbstverständlichkeiten.
Für die digitalen Challenger wird diese Entwicklung möglicherweise sogar zur strategischen Zwickmühle.
"Warum sollten Kunden ein ausschließlich digitales Angebot wählen, wenn eine klassische Filialbank
sowohl Online- als auch Offline-Services beherrscht?", fragt Offenhuber. Das ist eine der Fragen, die beim
Banken-Symposium Wachau 2019 im Stift Göttweig im Mittelpunkt stehen werden.
Zukunft der Filiale und Kundenbindung
Aber auch im Bereich der Filiale gibt es kein „weiter wie bisher“. Der Kundenbedarf an den klassischen Vertriebsapparat
ist heute ein anderer. Der Fokus rückt von Transaktion und Beratung in Richtung Marketing und Vertrieb. Die
Filialen wandeln sich zu einem vertrauensbildenden Element, das von den Kunden kaum genutzt aber dennoch hoch bewertet
wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der heutige Apparat zu groß ist und die Filialen gestalterisch
und inhaltlich neu bewertet werden müssen.
Ebenso im Fokus des BSW 2019 steht die Frage, ob Banken in Zukunft noch an die erforderliche Anzahl qualifizierter
Arbeitnehmer herankommen. Der War for Talents macht auch vor dieser Branche nicht halt, und jedes noch so gute
Zukunftskonzept wird ohne das geeignete Personal scheitern. Einer der Round Tables des Symposiums ist der Frage
gewidmet, wie es Banken gelingt, die künftig erforderlichen Qualifikationen zu identifizieren und an sich
zu binden.
Andere Themen der Veranstaltung sind Open Banking, neue Formen der Filialgestaltung, Geomarketing und der Nutzen
mobiler Bewegungsdaten, Omnichannel Management, digitales Onboarding oder aktuelle Digitalisierungsthemen wie etwa
Voice Banking.
Ein inhaltlicher Schwerpunkt liegt in dem Bereich digitale Kundenbindung. Wie kann es gelingen, „echte“ Kunden
über digitale Kanäle zu treuen Followern zu machen? Vorreiter in diesem Bereich ist die Raiffeisenbank
Wels. Deren Marketingleiter Günter Nentwich wird gemeinsam mit Franz Tretter, Geschäftsführer der
hello again GmbH, vom Einsatz einer neuen App zur smarten und individuellen Ansprache von Bestandskunden berichten.
Dass die Zukunft des Bankgeschäfts ausschließlich in der digitalen Beziehung zwischen Kunde und Kreditinstitut
oder Fintech liegt, wird oftmals postuliert. Das Banken-Symposium Wachau möchte einen etwas kritischeren und
differenzierteren Blick auf diesen Stehsatz werfen und einen Ausblick darauf bieten, wie sich Online- und Offline-Sphäre
in Zukunft ergänzen könnten. "Denn die Zukunft gehört sicherlich nicht nur einem Kanal, sondern
der differenzierten Bespielung unterschiedlicher Vertriebs- und Kontaktwege", so Offenhuber.
Das Banken-Symposium Wachau wird jährlich vom Beratungsunternehmen RIM Management KG und von der IMC Fachhochschule
Krems veranstaltet.
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