Gemeindebund fordert einen Glasfaserfonds. CMG will den Wettbewerb vom Netz auf die Produktebene
verlagern.
Wien (himmelhoch) - Eine wachsende Anzahl von Gemeinden erkennt die Anbindung der Haushalte und Gewerbeobjekte
an eine leistungsfähige Glasfaserinfrastruktur als kommunale Aufgabe. Nur dadurch wird der Zugang zu den digitalen
Anwendungen der nächsten Generation sichergestellt. Die Action Group Gigabit Fiber Access (aggfa) der CMG-AE
und der Österreichische Gemeindebund zeigen anlässlich der 2. Fiber-Enquete gemeinsam mit Glasfaser-Pionieren
aus den Bundesländern nationale Pilotprojekte und internationale Erfolgs-Modelle auf. In Österreich wird
der Fahrplan in der demnächst erscheinenden Breitbandstrategie 2030 geregelt. Darin sollten auch Mechanismen
verankert werden, die die bestehende digitale Kluft zwischen ländlichem Raum und Ballungszentren verkleinern.
Der Gemeindebund fordert daher einen Glasfaserfonds – ähnlich dem Wasserwirtschaftsfonds, der bei der Errichtung
der Kanalisation und Wasserversorgungsanlagen in den letzten Jahrzehnten erfolgreich war. Begleitende Maßnahmen
sollen zusätzlich für eine noch stärkere Akzeptanz in den Gemeinden und in der Bevölkerung
sorgen.
Die großen Telekomkonzerne scheuen in entlegenen Gebieten aus Kostengründen davor zurück, die Glasfaserinfrastruktur
bis zu den Häusern oder Wohnungen der potenziellen Konsumenten zu verlegen. Als Ersatz für dieses sogenannte
Fiber to the Home-Modell (FTTH) werden die betroffenen Haushalte heute mehr schlecht als recht über bestehende
Kupferleitungen mit Internet versorgt. Diese genügen jedoch zukünftigen Anforderungen nicht. „Kompromisse
für den ländlichen Raum, wie die Idee einer alleinigen Versorgung durch 5G, werden die digitale Kluft
langfristig nur vergrößern. In einem Glasfasernetz erreichen Datenraten, Latenzzeiten und besonders
die Zuverlässigkeit Werte, die in einem Mobilfunknetz nicht realisierbar sind“, warnt Heinz Pabisch, Leiter
der Action Group Gigabit Fiber Access (aggfa) in der Computer Measurement Group (CMG). „"Wenn eine Kommune
die Versorgung mit Glasfaserinfrastruktur selbst in die Hand nimmt und offenen Zugang für alle Dienstanbieter
gewährt, werden die Gemeindebürger nicht nur mit zuverlässigen und schnellen Anschlüssen versorgt.
Sie können dann auch zwischen verschiedenen Anbietern wählen, weil sich der Wettbewerb vom Netz auf die
Produktebene verlagert"“, erklärt Pabisch.
Ländlicher Raum muss die gleiche digitale Infrastruktur wie die Städte erhalten
„Wir haben es einst geschafft, jeden Bauernhof mit einem Güterweg anzubinden und jede Liegenschaft ans
Strom- sowie ans Telefonnetz anzuschließen. Heute ist unser Ziel, jede Liegenschaft in diesem Land mit einem
hochwertigen Glasfaseranschluss anzubinden“, so Johannes Pressl, Vorsitzender Arbeitskreis Digitalisierung im Österreichischen
Gemeindebund. Das sei derzeit die zentrale Zukunftsfrage für die Gemeinden und den ländlichen Raum, damit
die Menschen nicht noch mehr in die Städte abwandern. „Moderne Arbeitsformen, digitale medizinische Hilfen,
autonome Fahrzeuge, moderne Betriebe, deren Maschinen in Echtzeit in alle Welt kommunizieren, und hochwertige Sicherheitssysteme
– das alles muss am Land zu gleichen Bedingungen möglich sein, wie in den Städten“, appelliert Pressl.
Neben dem Bandbreitenziel braucht es auch ein Infrastrukturziel
„Der österreichische Gemeindebund ist der Überzeugung, dass es in Österreich langfristig ein
flächendeckendes Glasfasernetz braucht und dass dieses in Zukunft wieder von der öffentlichen Hand bestimmt
sein muss. Zudem muss dieses Netz allen Anbietern offenstehen“, ist Pressl überzeugt. Ergänzend zur Breitbandstrategie
2030 der österreichischen Bundesregierung brauche es daher nicht nur ein Bandbreitenziel, sondern auch ein
Infrastrukturziel. Der Gemeindebund setzt dabei stark auf Bundesländerinitiativen wie zum Beispiel jene von
nöGIG in Niederösterreich oder von Fiber Service OÖ. Zudem gebe es immer mehr Gemeinden, die den
Glasfaserausbau selbst in die Hand nehmen – wobei Pressl als Bürgermeister von Ardagger selbst einer solchen
Gemeinde vorsteht, die in Abstimmung mit der nöGIG beim Leerrohr-Ausbau aktiv ist.
Wasserwirtschaftsfonds soll als Vorbild für Glasfaserfonds dienen
Hinsichtlich der Finanzierung macht der Gemeindebund einen konkreten Vorschlag: „"Die Gemeinden haben
in den letzten Jahrzehnten wichtige Daseinsvorsorge-Infrastrukturen im Bereich der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung
im ländlichen Raum geschaffen, weil es das Instrumentarium des Wasserwirtschaftsfonds gibt. Bund, Länder
und Gemeinden sollten sich über ein ähnliches Fördermodell auch im Bereich der Glasfaserinfrastruktur
einigen"“, fordert Pressl. Die Gemeinden würden sich gerne einbringen, wobei die Bundesländer aber
die Koordination übernehmen sollten. Den Finanzierungszeitraum eines Glasfasernetzes will der Gemeindebund
mit seinem Modell eines Glasfaserfonds vom Errichtungszeitraum entkoppeln. „Die Gemeinden oder Gemeindeverbände
könnten vor Ort als Träger den Ausbau der Netzinfrastruktur übernehmen und dabei einheitlichen Ausbaustandards
des Bundes und der Länder folgen. Die Refinanzierung erfolgt dann langfristig über Anschlussgebühren,
laufende Betriebseinnahmen sowie darauf abgestimmte Zins- und Annuitätenzuschüsse vom Bund und den Ländern
aus dem Glasfaserfonds. Nach längstens 25 Jahren sollte die Ausfinanzierung garantiert sein“, wünscht
sich Pressl. „Am Ende sollten die Netze in Ländergesellschaften – ähnlich wie bei den Stromnetzen – übertragen
werden, damit auch langfristig einheitliche Entwicklungs- und Betriebs-Standards sichergestellt werden“, erklärt
Pressl. Von der RTR wünscht sich der Gemeindebund dafür entsprechende regulatorische Vorgaben, um die
Investition in die Infrastruktur zu schützen und Überbau zu vermeiden.
Tirol: Win-win-Situation für die Bevölkerung und Kommunen
Auch in Tirol haben bereits etliche Gemeinden die Vorteile dieses Modells erkannt. Als Anlaufstelle im Land
dient die Breitbandserviceagentur Tirol GmbH. Sie ist zuständig für Koordination und Beratung im Zusammenhang
mit der Glasfaserversorgung. Die Agentur standardisiert Prozesse und Verträge und bietet den Gemeinden Dienste
an, um möglichst günstig bauen zu können. Laut Arno Abler, Geschäftsführer der Breitbandserviceagentur,
sind die entlegenen Täler und kleinstrukturierten Gemeinden in Tirol eine besondere Herausforderung. Daher
seien zwei Parameter für den Erfolg der Projekte ausschlaggebend: Die Kosten gering zu halten und möglichst
viele Gebäude anzuschließen. Nur dadurch können ausreichend Umsätze für das Netz lukriert
werden.
Über die Computer Measurement Group – Austria & Eastern Europe (CMG-AE)
Die CMG-AE, kurz für Computer Measurement Group – Austria & Eastern Europe, ist ein offenes Forum für
Technologiebegeisterte. Die Non Profit Organisation, die seit 25 Jahren in Österreich und Osteuropa vertreten
ist, beschäftigt sich mit der Frage, wie technologische Innovationen sinnbringend, wirtschaftlich und nachhaltig
zum Wohle der Menschen eingesetzt werden können. Unter der Präsidentschaft von Klaus Jaritz treibt die
CMG-AE eine Reihe von verschiedenen Themen-Panels voran wie beispielsweise „AGGFA – Action Group Gigabit Fiber
Access", „Security sensibler Systeme", „IT-Transformation", „Design & Prozess" oder „Industrie
4.0". Gegründet wurde die CMG ursprünglich in den USA, um die Leistungen von Computersystemen zu
vergleichen.
Über den Österreichischen Gemeindebund
Der Österreichische Gemeindebund ist seit mehr als 70 Jahren die Interessensvertretung der Gemeinden auf Bundesebene.
In den zehn Landesverbänden sind 2.085 von 2.096 Gemeinden Mitglieder. Der Gemeindebund repräsentiert
damit ca. 70 Prozent der österreichischen Bevölkerung.
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