Unser Umgang mit Phosphor ist nicht nachhaltig. Phosphor-Rückgewinnung könnte der
Umwelt helfen und gleichzeitig ökonomische Vorteile bringen, sagt eine Studie der TU Wien.
Wien (tu) - Der Mensch greift massiv in den natürlichen Phosphorkreislauf ein: In der Landwirtschaft
wird Phosphordünger eingesetzt, am Ende gelangt das Phosphor ins Abwasser. An der TU Wien wurden nun in einer
Zusammenarbeit von Forschungsgruppen aus den Bereichen Wirtschaftsmathematik, Wassergütewirtschaft und Ressourcenmanagement
Modelle entwickelt, mit denen man Strategien für einen besseren Umgang mit Phosphor entwickeln kann. Dabei
zeigt sich: Technologien zur Rückgewinnung von Phosphor sollten intensiver genutzt werden – das würde
nicht nur die Umwelt verbessern, sondern sogar die Profite der Landwirtschaft erhöhen.
Interdisziplinäres Forschungsfeld Soziohydrologie
Unsere Landwirtschaft ist in hohem Maße von Phosphatdüngerimporten abhängig. Derzeit wird Phosphor
in mineralischer Form in Afrika abgebaut, nach Österreich importiert und auf den Feldern ausgebracht. Durch
Erosion und Auswaschung wird der Phosphor dann in die Gewässer transportiert, wo er zu Problemen führen
kann. Der von den Pflanzen aufgenommene Phosphor gelangt über Nahrungsmittel und deren Konsum ebenfalls ins
Abwasser. In Kläranlagen kann Phosphor aus dem Abwasser entfernt werden und bleibt im Klärschlamm zurück.
Derzeit wird dieser phosphorhaltige Klärschlamm zum Großteil entsorgt und bleibt somit ungenutzt. Nachhaltig
ist das nicht.
"Es wurde schon viel darüber geforscht, wie Phosphor die Umwelt beeinflusst und wie man Phosphor am besten
aus dem Abwasser zurückgewinnen kann", sagt Johanna Grames vom Institut für Stochastik und Wirtschaftsmathematik
der TU Wien. "Was bisher aber gefehlt hat, ist ein umfassendes Modell, das vorhersagt, wie menschliche Entscheidungen
und Umwelt einander bei diesen Fragen beeinflussen." So hängt etwa die Phosphormenge im Ackerboden davon
ab, welche Entscheidungen in der Landwirtschaft getroffen werden. Diese Entscheidungen werden durch ökonomische
Gegebenheiten bestimmt, etwa über den Preis von Phosphordüngern. Und diese Gegebenheiten wiederum werden
von politischen Entscheidungen verändert, die ihrerseits davon abhängen, welchen Wert wir als Gesellschaft
einer gesünderen Umwelt zuschreiben.
"Wir haben es hier mit einem komplizierten Netz von Feedbackmechanismen zu tun, die man nur gemeinsam betrachten
kann", erklärt Johanna Grames. "Daher hat sich bei uns an der TU Wien der Forschungsbereich der
Soziohydrologie entwickelt, der Ansätze aus der Hydrologie und dem Ressourcenmanagement in ökonomische
Modelle einbettet." So werden etwa Angebot und Nachfrage von Phosphordünger modelliert und gleichzeitig
Materialflussanalysen verwendet, die Auskunft darüber geben, wie viel Phosphor unter welchen Bedingungen in
den Boden, ins Abwasser oder in Fließgewässer gelangt. Am Ende kann man dann mathematisch untersuchen,
welche Handlungsstrategien die günstigsten Auswirkungen haben.
Phosphor zurückgewinnen, Importe verteuern
Dabei zeigt sich, dass die Reduktion der Phosphorkonzentration in Böden und Gewässern am besten möglich
ist, wenn Phosphor aus dem Boden und dem Abwasser wiederverwertet wird und gleichzeitig der Preis von Phosphordüngern
steigt. Die Politik kann einen Wandel zur verstärkten Nutzung von Phosphor aus dem Abwasser unterstützen,
indem sie Rückgewinnungstechnologien für Phosphor fördert oder zusätzliche Abgaben für
Phosphorimporte einführt. Bereits die Aussicht auf bevorstehende Veränderung (sei es in ökonomischen
Parametern oder im Bereich der Wasserqualität) kann wirtschaftliche Entscheidungen deutlich beeinflussen und
menschliches Verhalten ändern.
Eine wichtige Rolle spielen aber auch gesellschaftliche Werte: "Es gibt immer einen Kompromiss zwischen Investition
in Konsum, Produktionskapital und Umwelt", sagt Johanna Grames. "Welche Investitionen in eine verbesserte
Phosphor-Aufbereitung optimal sind, hängt nicht zuletzt davon ab, welchen Wert wir als Gesellschaft einer
höheren Umweltqualität beimessen."
Die Berechnungen der TU Wien zeigen, dass ein nachhaltigerer Umgang mit Phosphor nicht nur der Umwelt helfen würde:
Die Landwirtschaft könnte durch die Rückgewinnung den Phosphordünger effizienter einsetzen als heute.
Insgesamt könnte die Landwirtschaft durch nachhaltigen Phosphoreinsatz sogar profitabler werden, Preisschwankungen
am globalen Phosphormarkt wären dann keine Gefahr mehr.
Originalpublikation
Grames et al., Understanding feedbacks between economic decisions
and the phosphorus resource cycle: A general equilibrium model including material flows; Resources Policy (2019).
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301420718302964
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