Neues System zum Schutz und zur Förderung der Meldung von Verstößen gegen das
EU-Recht
Strassburg (ep) - Die neuen Regeln, die am 16. April mit 591 Stimmen bei 29 Gegenstimmen und 33 Enthaltungen
angenommen wurden und bereits mit den EU-Ministern vereinbart worden waren, legen EU-weite Normen zum Schutz von
Informanten fest, die Verstöße gegen das EU-Recht in einer Vielzahl von Bereichen wie öffentliches
Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, nukleare Sicherheit, öffentliche
Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz aufdecken.
Sicherheit bei Berichterstattung
Um die Sicherheit potenzieller Hinweisgeber und die Vertraulichkeit der offenbarten Informationen zu gewährleisten,
dürfen Hinweisgeber in Zukunft Verstöße über interne und externe Kanäle melden. Je nach
den Umständen des Falles können sich Hinweisgeber dann auch außerhalb ihrer Organisation direkt
an die zuständige nationale Behörden sowie an die zuständigen Organe, Einrichtungen, Ämter
und Agenturen der EU wenden.
Nicht bestraft werden Hinweisgeber, die ihre Kritik öffentlich machen, wenn auf ihren ursprünglichen
internen Hinweis keine Reaktion erfolgte. Ohne vorhergehende interne Meldung sind öffentliche Hinweise straffrei
möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit oder Vergeltungsmaßnahmen gegen
die Hinweisgeber drohen.
Schutz vor Repressalien
Der vereinbarte Text verbietet ausdrücklich Repressalien und führt Schutzmaßnahmen ein, damit ein
Hinweisgeber nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise angegriffen wird. Auch geschützt
wird, wer Hinweisgeber unterstützt, wie zum Beispiel Mittelsmänner, Kollegen oder Verwandte.
Die Mitgliedstaaten müssen den Hinweisgebern umfassende und unabhängige Informationen über Berichtswege
und alternative Verfahren, kostenlose Beratung sowie Rechtsbeistand während des Verfahrens zur Verfügung
stellen. Während eines Gerichtsverfahrens können die Meldenden auch finanzielle und psychologische Unterstützung
erhalten.
Zitat
Berichterstatterin Virginie Rozière (S&D, FR): „Die jüngsten Skandale wie LuxLeaks oder Panama-Papiere
haben gezeigt, wie groß die Unsicherheit für Informanten ist. Am Vorabend der Europawahl hat das Parlament
ein starkes Signal gesendet: Es hat die Sorgen der Bürger gehört und auf strenge Vorschriften zur Gewährleistung
ihrer Sicherheit gedrängt, und der Sicherheit derjenigen, die sich zu Wort melden und Missstände anprangern."
Die nächsten Schritte
Das Gesetz muss nun noch von den EU-Ministern verabschiedet werden. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit,
um die Vorschriften umzusetzen.
Hintergrundinformationen
Die jüngsten Skandale wie der Finanzskandal Luxemburg-Leaks bis hin zu den „Panama Papers“ (Panama-Papiere)
haben gezeigt, dass Hinweisgeber eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Verstößen gegen das EU-Recht
spielen können, die das öffentliche Interesse und das Wohlergehen der Bürger und der Gesellschaft
schädigen. Mangelhafter Schutz von Hinweisgebern auf EU-Ebene kann sich auch negativ auf das Funktionieren
von EU-Programmen in einem Mitgliedstaat auswirken, und auch auf andere Länder und die EU insgesamt übergreifen.
Derzeit bieten nur 10 EU-Länder (Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Malta, Niederlande, Slowakei,
Schweden und Vereinigtes Königreich) einen umfassenden Schutz von Hinweisgebern. In den übrigen Ländern
ist der Schutz nur teilweise oder gilt für bestimmte Sektoren oder Kategorien von Arbeitnehmern.
In einer im Jahr 2017 für die Kommission durchgeführten Studie wurden die potenziellen, durch einen unzureichenden
Hinweisgeberschutz bedingten Ertragsausfälle allein für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens
auf EU-weit jährlich 5,8 bis 9,6 Mrd. EUR geschätzt.
|