Städtebund-KDZ-Gemeindefinanzbericht 2019 präsentiert
Wien (rk) - Insgesamt zeigen sich erneut stabile Gemeindefinanzen. Die dynamischen Steigerungen bei den
Umlagen konnten von den Gemeinden durch Einsparungen und zusätzliche Einnahmen ausgeglichen werden. Mit einem
Anteil von 29 Prozent an den öffentlichen Investitionen tragen die Gemeinden wesentlich zum Erhalt und Ausbau
der öffentlichen Infrastruktur bei. Vor allem mit einer fehlenden Gegenfinanzierung der Steuerreform und der
ausständigen Pflegefinanzierung bestehen nicht unwesentliche Risiken für die Zukunft.
„Die Finanzen der Gemeinden sind gut aufgestellt. Die Städte haben gut gewirtschaftet“, sagt Städtebund-Präsident
und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. Er warnte vor Maßnahmen des Bundes, die die Städte-Finanzen
belasten werden. Sinkenden Einnahmen durch die geplante Steuerreform stünden höhere Ausgaben für
Pflege und Bildung entgegen, die vom Bund auf die Städte umgelagert würden. Österreichs Städte
bieten ihren Bürgerinnen und Bürgern Dienstleistungen auf höchstem internationalem Niveau, diese
dürfen durch Maßnahmen des Bundes nicht gefährdet werden, so der Städtebund-Präsident.
Ludwig fordert eine engere Einbindung und vor allem Dialog mit den Gemeinden und Städten bei geplanten Maßnahmen
des Bundes.
Seit vielen Jahren arbeitet das KDZ – im Auftrag des Österreichischen Städtebundes – daran, die Entwicklung
der österreichischen Gemeindefinanzen transparent darzustellen. Im Fokus stehen dabei Einblicke in die Einnahmen-
und Ausgabensituation und deren Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit und Verschuldung der Gemeinden.
Auch die Gemeindefinanzprognose ist fixer Bestandteil. Mit der vorliegenden, neu überarbeiteten Analyse werden
die Ergebnisse noch griffiger dargestellt und ein transparenter und nachvollziehbarer Einblick in die finanzielle
Situation der österreichischen Gemeinden gegeben.
Die Gemeindefinanzen in Österreich zeigten in den letzten Jahren eine insgesamt stabile Entwicklung, obwohl
die Ausgaben für Gesundheit, Soziales und Kinderbetreuung stark stiegen. Die Verschuldung blieb konstant,
die Investitionen haben sich nach der Wirtschafts- und Finanzkrise wieder erholt. Bei positiven Rahmenbedingungen
ist auch weiterhin mit stabilen Gemeindefinanzen zu rechnen.
Umlagen reduzieren die Finanzkraft der Gemeinden zunehmend
Die Stabilität der Gemeindefinanzen ist durchaus bemerkenswert, da die Umlagen überdurchschnittlich
stark ansteigen und damit die Mittel aus dem Finanzausgleich reduzieren. Dies zeigt die Finanzkraft nach Transfers,
d. h. die Summe aus Ertragsanteilen und eigenen Abgaben abzüglich der Transfers. Diese konnte mit der Entwicklung
der laufenden Ausgaben sowie Investitionen nicht mithalten. (siehe Abbildung 1) „Insbesondere die Umlagen an die
Länder weisen eine starke Dynamik auf. Dank der umfangreichen Bemühungen der Städte und Gemeinden
konnte diese Lücke von diesen jedoch geschlossen werden“, betont Thomas Weninger, Generalssekretär des
Österreichischen Städtebundes.
Veränderte Einnahmen der Gemeinden
Die Gemeinden konnten die Mindereinnahmen durch die steigenden Umlagen ausgleichen. Neben individueller Sparkurse
mussten die Gemeinden verstärkt auf andere Einnahmequellen zurückgreifen. Hier waren es insbesondere
Gebühren und Leistungsentgelte. Insgesamt ergibt sich, dass 39 Prozent der Einnahmen der Gemeinden direkt
von den Bürgerinnen und Bürgern geleistet werden. Dies betrifft v. a. die Kommunalsteuer, die Grundsteuer,
Gebühren für Kanal, Wasser und Müll sowie Leistungsentgelte, wie etwa für die Kinderbetreuung.
Insgesamt zeigt sich, dass nur mehr 32 Prozent der Einnahmen Ertragsanteile sind, also der Anteil der Gemeinden
am allgemeinen Steuerkuchen des Bundes.
Starke Ausgabensteigerungen bei Bildung, Soziales, Gesundheit
Eine hohe Ausgabendynamik besteht in den Bereichen soziale Wohlfahrt und Gesundheit – diese umfassen die großen
Umlagenzahlungen an die Länder. Die Ausgaben erhöhten sich in diesen Aufgabenbereichen von 2008 bis 2017
um 49 bzw. 52 Prozent. Eine ähnlich hohe Ausgabensteigerung zeigt mit 47 Prozent auch der Kinderbetreuungs-
und Bildungsbereich, da es hier in den letzten Jahren zu einem deutlichen Anstieg des Leistungsangebotes gekommen
ist.
Gemeinden sind wichtiger Investor
Der Anteil der Gemeindeinvestitionen an den öffentlichen Bruttoinvestitionen lag 2017 bei 29 Prozent –
ein Ergebnis des deutlichen Anstiegs an Investitionen 2017 (derzeit 3,2 Mrd. Euro, das sind +10 Prozent gegenüber
2016). Im Vergleich dazu lag der Anteil der Gemeinden (inkl. Gemeindeverbänden und Wien) an den Gesamteinnahmen
der Gebietskörperschaften nur bei 17 Prozent. Gemeinden investieren daher – im Vergleich zu den anderen Gebietskörperschaften
– überdurchschnittlich viel. „Die öffentlichen Investitionen der Gemeinden stiegen seit 2008 um 29 Prozent.
Im Vergleich dazu bewegte sich die Inflation bei 16,6 Prozent. Das ist ein sehr erfreuliches Ergebnis“, betont
Thomas Weninger. Die meisten Investitionen fließen in den Dienstleistungsbereich (etwa Ver- und Entsorgung),
in den Verkehrsbereich (v.a. Gemeindestraßen) und in den Bildungsbereich (Schulen und Kindergärten).
Dauerbaustelle Finanzausgleichsreform
Mit dem FAG 2017 stiegen die Finanzzuweisungen des Bundes an Gemeinden um 178 Mio. Euro (2017 gegenüber
2016; v.a. Strukturfonds, Einmalzahlung Migration). Weiters kam es zu einer Vereinfachung der Ertragsanteilsverteilung
und zu Änderungen bei den Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden. Eine Neuausrichtung im
Sinne eines modernen und ausgewogenen Finanzausgleichs ist jedoch nicht gelungen. Vor allem das Scheitern der geplanten
Aufgabenorientierung im November 2018 ist kritisch zu sehen. Dabei zeigt sich, dass isolierte Reformen nicht zielführend
sind, sondern es ganzheitlicher Lösungen bedarf. „Dringende Probleme, wie etwa die fehlende Steuerbarkeit
von Wirkungen, mangelhafte Aufgabenorientierung oder sich widersprechende Finanzierungsströme, blieben bisher
ungelöst“, kritisiert Karoline Mitterer, wissenschaftliche Mitarbeiterin des KDZ.
Risiko Steuerreform
Die Bundesregierung plant eine umfassende Steuerreform, deren konkrete Ausgestaltung jedoch noch offen ist.
Insbesondere noch unklar ist die Gegenfinanzierung, wie dies auch der Fiskalrat in seinen aktuellen Empfehlungen
betont. Aus Gemeindesicht bedarf es zur Kompensation der Steuerreform jedenfalls einer Stärkung der Gemeinde-Abgabenautonomie.
„Dies bedeutet vor allem die Umsetzung der bereits seit langem geplanten und weitgehend ausgearbeiteten Grundsteuerreform.
Auch die Sicherung und Weiterentwicklung der Kommunalsteuer, etwa im Rahmen der Abschaffung bestehender Steuerbefreiungen,
wäre ein wichtiger Schritt“, fordert Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ.
Risiko Pflegefinanzierung
Die Umlagen im Pflegebereich sind nicht an den Ausgabendämpfungspfad geknüpft, weshalb weiterhin
das Risiko von stärkeren Belastungen der Gemeinden besteht. Grundsätzlich soll jedoch die Pflegefinanzierung
2019 auf neue Beine gestellt werden. Die Arbeitskreise dazu laufen bereits. Derzeit wird verstärkt die Einführung
einer Pflegeversicherung diskutiert. Aber auch eine steuerbasierte Finanzierung, wie etwa eine zweckgebundene Vermögenssteuer,
sollte nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Gleichzeitig braucht es auch eine Entflechtung der Finanzierungsströme
und Kompetenzen. Wichtig für den Erfolg einer nachhaltigen Pflegefinanzierung wird jedenfalls sein, dass alle
relevanten Akteurinnen und Akteure miteinbezogen werden. Dies trifft insbesondere auch auf die Gemeindeebene zu,
welche rund 20 Prozent der Ausgaben trägt. Die Gemeinden sind jedenfalls in die Diskussionen miteinzubeziehen.
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