… längste Aufschwungsphase seit 20 Jahren neigt sich dem Ende zu
Wien (bank austria) - Die österreichische Industrie beginnt die Auswirkungen der Abkühlung der
europäischen Industriekonjunktur immer stärker zu spüren. „Der zum Jahreswechsel 2017/18 begonnene
Abschwung der heimischen Industrie hat sich im April fortgesetzt. Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex
ist mit 49,2 Punkten unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gefallen. Damit hat die österreichische Industrie
erstmals seit vier Jahren nicht mehr expandiert“, meint UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer.
Die längste Aufschwungsphase der österreichischen Industrie seit der erstmaligen Berechnung des UniCredit
Bank Austria EinkaufsManagerIndex vor mehr als 20 Jahren ist damit zu Ende gegangen.
Diese Entwicklung hatte sich in den vergangenen Monaten durch die ungünstigen internationalen Vorgaben
abgezeichnet. Der Einkaufsmanagerindex für die verarbeitende Industrie in der Eurozone befindet sich mit aktuell
47,8 Punkten mittlerweile den dritten Monat in Folge im negativen Bereich. Für die deutsche Industrie, dem
wichtigsten Handelspartner der heimischen Wirtschaft, liegt der Einkaufsmanagerindex mit 44,5 Punkten noch tiefer
und sogar bereits seit vier Monaten unter der Wachstumsgrenze von 50 Punkten. Die seit einem halben Jahr rückläufige
Auslandsnachfrage hat zu insgesamt stark sinkenden Auftragseingängen in Österreich geführt. „Trotz
der Aufarbeitung von Auftragsrückständen hat im April die Produktionsleistung der österreichischen
Betriebe stagniert. Während die Beschäftigung noch geringfügig zunahm, weisen zu Beginn des zweiten
Quartals 2019 sinkende Einkaufsmengen, nachlassende Preissteigerungen im Ein- und Verkauf und steigende Bestände
in den Fertigwarenlagern sowohl auf die aktuell schwächere Nachfrage als auch auf zurückhaltende Aussichten
für die heimische Industrie hin“, so Bruckbauer.
Produktionsleistung stagniert
Erstmals seit vier Jahren hat sich im April in der heimischen Sachgütererzeugung die Produktionsleistung gegenüber
dem Vormonat nicht mehr erhöht. Der Produktionsindex weist mit 50,3 Punkten weitgehend auf eine Stagnation
hin. „Durch den Abbau von ausstehenden Aufträgen konnte in den vergangenen Monaten die abnehmende Nachfrage
noch kompensiert werden, doch mittlerweile ist das Neugeschäft zu stark eingebrochen“, meint UniCredit Bank
Austria Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Der Index für die Neuaufträge ist im April auf
45,9 Punkte gefallen. Das ist ein 4,5-Jahres-Tief. Erstmals im laufenden Abschwung haben die Aufträge aus
dem Inland stärker nachgelassen als das Auslandsgeschäft, zumal sich erstmals seit dem Sommer 2018 das
Tempo des Rückgangs der Exportaufträge nicht mehr weiter beschleunigte.“ Da die heimischen Betriebe die
vorhandenen Produktionskapazitäten für die aktuelle Nachfragesituation offenbar zu hoch bemessen haben,
sanken die Auftragspolster im April stark und die Lieferzeiten nahmen so stark ab, wie zuletzt vor fast sechs Jahren.
Vorsichtige Einkaufspolitik
Die heimischen Betriebe haben angesichts des schwächeren Neugeschäfts die Einkaufsmenge deutlich reduziert
und zwar so stark wie zuletzt im Frühjahr 2015. Die Lagerbestände an Vormaterialien und Rohstoffen nahmen
im April weiter zu, da die aktuelle Produktionsleistung zu gering war, um selbst die deutlich reduzierte Einkaufsmenge
vollständig aufzubrauchen. „Auch die Bestände in den Fertigwarenlagern stiegen an, aufgrund der nachlassenden
Nachfrage sogar mit der stärksten Rate des laufenden Jahres. Die heimische Industrie betreibt eine zunehmend
vorsichtigere Einkaufspolitik, die sich in einer kostenbewussten Lagerhaltung niederschlägt“, so Pudschedl.
Synchroner, moderater Anstieg der Ein- und Verkaufspreise
Der Abschwung der Industriekonjunktur schlägt sich auch spürbar in den Preistrends nieder. Der Anstieg
der Einkaufspreise verlangsamte sich im April auf die geringste Rate seit zweieinhalb Jahren, trotz der klaren
Aufwärtsbewegung der Rohölpreise nach der Ankündigung weiterer US-Sanktionen gegen den Iran. Hingegen
bremste die nachlassende Nachfrage die Preisdynamik einer Reihe anderer wichtiger Rohstoffe. „Die relative Kostenentlastung
durch die nachlassende Dynamik der Einkaufspreise brachte im April im Durchschnitt keine Verbesserung der Ertragslage
für die heimischen Betriebe, denn der starke Wettbewerb im schwächeren Nachfrageumfeld hat die Preissetzungsmacht
limitiert. Der verlangsamte Anstieg der Verkaufspreise entsprach weitgehend jenem in der Beschaffung“, so Pudschedl.
Vorerst kein Licht am Ende des Tunnels
Erstmals seit vier Jahren ist im April der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex unter die Wachstumsschwelle
von 50 Punkten gefallen. Alle Komponenten haben den Indikator nach unten gedrückt, wozu vor allem das stark
rückläufige Neugeschäft und die Stagnation der Produktionsleistung beigetragen haben. Die Beschäftigung
hat im April hingegen noch zugenommen. Allerdings verlangsamte sich der Jobaufbau auf die niedrigste Rate seit
drei Jahren. Als bekanntermaßen nachlaufender Konjunkturindikator ist diesbezüglich in den kommenden
Monaten keine Trendumkehr zu erwarten, zumal eine Reihe weiterer Details der monatlichen Umfrage unter heimischen
Produktionsbetrieben eine vorerst andauernde Abschwächung der Industriekonjunktur in Österreich unterstreichen.
„In den kommenden Monaten wird der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex voraussichtlich unter der Wachstumsschwelle
bleiben, was eine Rezession in der österreichischen Industrie erwarten lässt. Schließlich zeigt
das erneut verschlechterte Aufträge-Lager-Indexverhältnis, dass das Neugeschäft vorerst auch ohne
einer Ausweitung der Produktion abgedeckt werden kann“, meint Bruckbauer und ergänzt: „Im April haben sich
auch die Geschäftsaussichten der heimischen Betriebe auf Jahressicht wieder eingetrübt. Mit 52,1 Punkten
weist der Erwartungsindex jedoch vorsichtig optimistisch auf einen Umschwung in der österreichischen Industrie
in der zweiten Jahreshälfte 2019 hin, was auch unserer Erwartung entspricht.“
|