EFA-Präsident Fischler: „Illiberale Demokratie ist ein Widerspruch in sich"
Alpbach/Wien (alpbach.org) - „Es genügt nicht, zu beschreiben, wie eine freie Gesellschaft aussehen
könnte. Unsere Ambition ist, gemeinsam darüber nachzudenken, welche Voraussetzungen für eine freie
Gesellschaft nötig sind und wie wir sie schaffen.“ Diesen Anspruch formulierte Franz Fischler, Präsident
des Europäischen Forums Alpbach (EFA), am 24. April in Wien anlässlich der Programmpräsentation
des Forums 2019, das von 14. bis 30. August stattfinden wird. Dessen Generalthema lautet dieses Jahr „Freiheit
und Sicherheit“.
Demokratie sei der beste gesellschaftliche Garant für Freiheit, so Fischler, der anmerkte, dass der Begriff
„illiberale Demokratie“ ein Widerspruch in sich sei. Denn diese schränke die Freiheitsrechte der Bürger
ein. In diesem Zusammenhang bat der frühere EU-Kommissar alle Wahlberechtigen, an den Wahlen zum Europaparlament
teilzunehmen. Generell sieht Fischler derzeit eine Neigung, Freiheiten für mehr Sicherheit aufzugeben. Daher
müsse man darüber reden, wie die Politik Angst nehmen könne. „Null Risiko“ sei ein Zustand, den
es in der Natur nicht gibt, und genauso wenig gibt es eine völlig risikofreie Gesellschaft.
Der Präsident des EFA forderte aber auch ein, Freiheit für die Zukunft zu schaffen – nichts anderes sei
nämlich Nachhaltigkeit. Dafür sei noch viel mehr Innovation nötig, technologisch wie gesellschaftlich.
Und trotz des aktuellen Drangs in Richtung Sicherheit findet Fischler, dass diese in mancher Hinsicht auf der Strecke
bleibt – wenn etwa in puncto Klimaschutz zu wenig geschieht und damit die Sicherheit künftiger Generationen
gefährdet wird.
Alpbach wird immer internationaler
EFA-Generalsekretär Philippe Narval legte den Fokus auf die Aufgabe des Forums, jungen Menschen das zu
geben, was sie künftig als Träger von Verantwortung brauchen. „Wir wollen unseren etwa 700 Stipendiaten
aus 90 Nationen Kompetenzen mitgeben, um mündig und handlungsfähig zu sein.“ Deshalb enthalte die Seminarwoche
vormittags Einheiten, in denen Spitzenwissenschaftler mit den Studierenden Themen wie Biotechnologie und Quantenphysik
behandeln. Nachmittags werden handlungsorientierte Seminare angeboten, etwa vom Leiter des Schönberg-Chors,
der Militärakademie oder der Royal Society of Dramatic Arts.
Ein wichtiger Schwerpunkt des Forums 2019, so Narval, liege auf dem Thema Digitalisierung. In einer Reihe von Veranstaltungen
gehe es darum, wie diese, Ängste nehmend, gestaltet werden könne. Dabei dürften ethische Fragen
nicht außer Acht gelassen werden. Philippe Narval verwies auch auf ein Seminar mit dem US-Campaigner Zack
Exley, der zeigen wird, wie die Demokratie im Netz gestärkt werden kann.
Kunst und Kultur: Begegnungstag mit Ruth Beckermann
Einen integralen Bestandteil des Forums bilden Kunst und Kultur. Beim offiziellen Eröffnungsakt am 18.
August werden eine überlebensgroße Installation des Bildhauers Lois Anvidalfarei und eine Auftragskomposition
von Chistof Dienz gemeinsam ihre Wirkung entfalten. Die ungarische Philosophin Ágnes Heller, Holocaust-Überlebende,
unter dem Kommunismus Exilantin und Nachfolgerin auf dem Lehrstuhl Hannah Arendts, wird eine Ansprache halten.
Die im Vorjahr etablierten „Begegnungen“ gestaltet dieses Jahr die Filmemacherin Ruth Beckermann („Waldheims Walzer“):
Sie bittet u.a. den Komponisten Georg Friedrich Haas und den Autor Max Czollek nach Alpbach.
In den 17 Tagen des Europäischen Forums Alpbach werden insgesamt etwa 5.200 Teilnehmer aus über 100 Staaten
erwartet. Im Vorjahr teilten 787 Vortragende ihr Wissen, der Frauenanteil unter ihnen betrug 36 Prozent. Auch 2019
wird Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Forum teilnehmen und Bundeskanzler Sebastian Kurz eröffnet
die Wirtschaftsgespräche. Darüber hinaus hat EU-Kommissar Günther Oettinger sein Kommen angekündigt
sowie zahlreiche österreichische Minister.
Anmeldung und Programm des Europäischen Forums 2019: http://www.alpbach.org
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