Kein konsularischer Schutz im Ausland für IS-RückkehrerInnen
Wien (pk) - Ohne Vorberatungen im Außenpolitischen Ausschuss hat der Nationalrat am 24. April
das von der Regierung vorgelegte Konsulargesetz mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und den NEOS beschlossen.
Damit wird die Wahrnehmung konsularischer Aufgaben durch die österreichischen Vertretungsbehörden bzw.
der konsularische Schutz im Ausland erstmals in einem eigenen Gesetz geregelt. Normiert wird dabei auch ein Ermessensspielraum
für die Auslandsbehörden, der es ermöglicht, den konsularischen Schutz einzuschränken bzw.
abzulehnen.
Damit soll etwa IS-RückkehrerInnen konsularischer Schutz verwehrt werden können, wie ÖVP und FPÖ
im Plenum erklärten. Geht es nach der SPÖ, wird den Behörden zu viel Ermessensspielraum eingeräumt.
Sie befürchtet etwa, dass damit auch kranke kleine Kinder oder EntwicklungshelferInnen vom Schutz im Ausland
ausgeklammert werden können. Die NEOS wiederum machten geltend, dass eine entsprechende Einschränkung
völkerrechtlich bereits möglich gewesen sei. Die Regierung habe erneut etwas medienwirksam erfunden,
was es schon gebe.
Ausnahme für Personen, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden
Eingeschränkt werden kann die Hilfe im Ausland etwa dann, wenn Informationen über Gefahrensituationen
unzureichend berücksichtigt wurden oder nicht selbst die zumutbare finanzielle Vorsorge für den Auslandsaufenthalt,
die medizinische Behandlung oder die Heimreise getroffen wurde. Die Hilfe im Ausland kann gänzlich von den
Vertretungsbehörden abgelehnt werden, wenn Personen unter anderem versuchen, konsularischen Schutz unter Angabe
falscher Tatsachen in Anspruch zu nehmen oder nur unter Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit anderer
geschützt werden können. Die Entscheidung, ob konsularischer Schutz abgelehnt werden kann oder muss,
liegt von Fall zu Fall im Ermessen der Konsularbehörden. Keine Hilfe soll es für Personen geben, die
etwa eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen. Für die Beurteilung der
Fälle, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie die Gesundheit der Bevölkerung
in Österreich besteht, können die Konsularbehörden Stellungnahmen von den Inlandsbehörden einholen.
Anlass zum Konsulargesetz gab eine unionsrechtliche Konsular-Richtlinie, die die Zusammenarbeit zwischen den Konsularbehörden
der EU-Mitgliedsländer bzw. die Hilfe im Ausland von nicht vertretenen UnionsbürgerInnen erleichtern
soll.
SPÖ: Ermessensspielraum ist überschießend
Jörg Leichtfried und Petra Bayr (beide SPÖ) warnten davor, dass Personen nur aufgrund von Ermessen vom
konsularischen Schutz im Ausland ausgeklammert werden können. Die Formulierungen im Gesetz würden ein
unglaublich weites Ermessen einräumen, bemängelte Bayr. Leichtfried sprach von einem "verpfuschten
Resultat", es handle sich dabei um "Gold Plating par excellence". Die Möglichkeit, den konsularischen
Schutz abzulehnen, sollte nur im Fall von IS-Rückkehrern oder terroristischen Personen angewendet werden können
und eine rechtskonforme europäische Regelung zum Umgang mit IS-Rückkehrern geschaffen werden. Ihr Rückverweisungsantrag,
in dem sie eine Überarbeitung des Konsulargesetzes forderten, wurde abgelehnt.
NEOS: Einschränkung des konsularischen Schutzes bereits jetzt möglich
Trotz Zustimmung von den NEOS für das Konsulargesetz sparte Abgeordnete Stephanie Krisper nicht mit Kritik.
Es werde mit dem Gesetz zwar Rechtssicherheit geschaffen, die Regierung habe allerdings erneut medienwirksam etwas
geschaffen, das es bereits gibt. Schon jetzt seien Einschränkungen des konsularischen Schutzes völkerrechtlich
möglich. Sollte Österreicherinnen die Hilfe im Ausland verweigert werden, weil man sich dadurch innenpolitische
Zugewinne erhoffe, gehe dies auf die Verantwortung der Regierung.
FPÖ: Weiterer Meilenstein für aktive Sicherheitspolitik
FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus (FPÖ) lobte das Konsulargesetz als einen weiteren Meilenstein in der aktiven
Sicherheitspolitik der Regierung. Wenn sich Menschen entschlossen hätten, nach Syrien zu gehen und für
den islamischen Staat zu kämpfen, hätten sie das Schutzrecht des österreichischen Konsulats verwirkt,
so Gudenus.
ÖVP: IS-KämpferInnen verdienen konsularischen Schutz Österreichs nicht
"Mir sind die Interessen der österreichischen StaatsbürgerInnen wichtiger als die von IS-KämpferInnen,
die unserem Land den Rücken gekehrt haben", argumentierte auch Reinhold Lopatka (ÖVP). IS-KämpferInnen
würden den konsularischen Schutz Österreichs schlichtweg nicht verdienen. Das Konsulargesetz ziele auf
diese Fälle ab und habe nichts mit EntwicklungshelferInnen zu tun, die im Interesse der Menschen im Ausland
tätig sind. Außerdem beinhalte das Gesetz keine Muss-Bestimmung.
Die Abgeordneten Werner Neubauer (FPÖ) und Hermann Gahr (ÖVP) setzten sich dafür ein, die österreichische
Schutzfunktion für Südtirol vonseiten Österreichs weiterhin wahrzunehmen und sicherzustellen, dass
die Konsularbehörden Südtirolerinnen und Südtiroler entsprechend der bisherigen Behördenpraxis
weiterhin konsularisch unterstützen, soweit dies im Rahmen des Völkerrechts möglich ist. Ein entsprechender
Entschließungsantrag an Außenministerin Karin Kneissl wurde mit Mehrheit angenommen.
Geht es nach Efgani Dönmez (o.F.), sollte sich das österreichische Vertretungsnetz nicht nur an wirtschaftlichen
Perspektiven orientieren, sondern auch in jenen Ländern vor Ort sein, aus denen die meisten asylsuchenden
Menschen kommen. Es fehle an Expertise und Informationen über diese Länder.
Außenministerin Karin Kneissl sagte, dass ein umfassendes, modernes Konsulargesesetz erarbeitet worden sei,
das Rechtssicherheit sowohl für BürgerInnen als auch für Behörden schaffe und der Mobilität
der Menschen gerecht werde. Bezüglich des von der SPÖ kritisierten Ermessensspielraumes bei der Hilfe
im Ausland zog die Ministerin eine Parallele zur Bergrettung, bei der ebenfalls das Prinzip des Eigenschutzes gelte.
Die Kann-Bestimmungen würden auch auf den Schutz des konsularischen Personals abzielen.
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