Studie: Wien internationales Vorbild

 

erstellt am
25. 04. 19
13:00 MEZ

Kommunen hängen Private bei Daseinsvorsorge ab
Wien (rk) - Wien ist Weltmeister bei Daseinsvorsorge und fährt gut damit – zu diesem Schluss kommen die Autoren einer Studie zu „Rekommunalisierung in Europa – Fakten, Motive, Beispiele“, die vom Büro für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung (ÖGPP) erstellt wurde. Während andere Städte in den 1990er Jahren kommunale Dienstleistungen wie Gemeindewohnungen, Energieversorgung, Müllabfuhr oder Wasser privatisiert haben, hat sich Wien aus sozialen und volkswirtschaftlichen Gründen dagegen entschieden. Dem Beispiel folgen jetzt immer mehr europäische Kommunen und verzichten auf Privatisierungen und bringen privatisierte Dienstleistungen wieder in Eigenregie und in besserer Qualität und günstiger als Private.

„Die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge haben in Wien eine große Tradition. Sie sind in hohem Ausmaß für die beste Lebensqualität und die Leistbarkeit des Lebens in unserer Stadt mitverantwortlich“, hat Bürgermeister Michael Ludwig am 25. April bei der Präsentation der Studie betont. „Deswegen haben wir die Privatisierungsmode nicht mitgemacht, sondern unsere Leistungen stetig verbessert und, allen voran den gemeinnützigen Wiener Wohnbau, sogar ausgebaut.“

Kommunale Ausgaben haben positive Auswirkungen auf die lokale Wertschöpfung, rechnen die Studien-AutorInnen vor: Die Ausgaben aller Gemeinden Österreichs für die Daseinsvorsorge erzeugen einen Gesamteffekt von ca. 39 Mrd. Euro, jene Wiens einen Wertschöpfungseffekt von alleine 18 Mrd. Euro. Die Ausgaben der Gemeinden führen zu einem arbeitsmarktpolitischen Gesamteffekt von 460.000 Vollzeitäquivalenten, allein Wiens Ausgaben zu 250.000 Arbeitsplätzen.

In den letzten 20 Jahren hat sich ein deutlicher Gegentrend zum Privatisierungsboom der 1980er und 1990er Jahre entwickelt. Seit der Jahrtausendwende folgen immer mehr europäische Gemeinden und Städte dem Vorbild Wien und entscheiden sich gegen Privatisierungen oder re-kommunalisieren Dienstleistungen. Prominenteste Beispiele für Städte, die Dienstleistungen wieder selbst Anbieten sind Hamburg, die mit der „Hamburg Energie“ einen neuen öffentlichen Energieanbieter gestartet hat, Berlin und Paris, die ihre Wasserversorgung von Privaten zurückgeholt haben sowie London, das sein U-Bahn-Netz zurück in öffentliches Eigentum geholt hat.

Europaweit zählten die Studien-AutorInnen mehr als 700 Rekommunalisierungen in 20 Ländern: 297 Rekommunalisierungen im Energiesektor, 166 bei der Wasserversorgung und 26 bei der Abfall-Entsorgung. Gründe für die Rücknahme von Privatisierungen sind laut Studie besonders häufig Qualitätsmängel der privaten Anbieter, steigende Preise, schlechtere Arbeitsverhältnisse. Durch Rückabwicklungen von Privatisierungen gewinnen Kommunen Gestaltungsmöglichkeiten bei Preisen und der Qualität der angebotenen Dienstleistungen, so die Studien-AutorInnen. Davon profitieren nicht zuletzt die StadtbewohnerInnen.

In der EU gibt es laut Studie nach wie vor Druck auf die Gemeinden hin zu Liberalisierung und Privatisierung, der sich in eingeschränkten finanziellen Spielräumen der Gemeinden niederschlägt. Hier will Wien auf EU-Ebene mit der Unterstützung von BürgerInnen-Initiativen wie „Housing for all“ für den Schutz des sozialen und öffentlichen Wohnbaus dagegenhalten.

„Die Studie bestätigt, dass Wien auf dem richtigen Weg ist und nicht zufällig Vorbild für andere Kommunen“, sagte Bürgermeister Ludwig. „Wien wird die aktuelle europapolitische Aufmerksamkeit im Zuge der EU-Wahlen dafür nutzen, sich noch stärker dafür einzusetzen, dass die Kommunen in Europa selbst entscheiden können, wie und durch wen ihre Leistungen angeboten werden“, sagte Ludwig.

Wien sieht sich, gerade beim Thema öffentlicher Wohnbau, als Vorreiterin im europäischen Diskurs. Hier nannte Ludwig die Ende 2018 stattgefundene und international beachtete Konferenz „Social Housing for All“, die Wiens Bedeutung in Europa zeige. Ebenso das Engagement der Stadt bei Eurocities für die Ermöglichung langfristiger, öffentlicher Investitionen trotz Maastricht-Auflagen.

In Österreich will Wien die Debatte zum Thema „Wo ist private Initiative gefordert und zu unterstützen und welche Bereich sind für marktwirtschaftliche Konzepte nicht oder wenig geeignet“ versachlichen, so Bürgermeister Ludwig. Auch dafür sei die Studie eine gute Basis.

 

 

 

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