Umfrage bestätigt dringenden Handlungsbedarf
Wien (gemeindebund) - Zu hohe Geschwindigkeit im Ortsgebiet gehört immer noch zu den häufigsten
Unfallursachen. Eine aktuelle Umfrage des Gemeindebundes macht deutlich: Die bisherigen Kontrollmöglichkeiten
reichen nicht aus. Daher fordert der Gemeindebund einmal mehr unbürokratische und vor allem wirksame Maßnahmen.
Gemeinden haben in den letzten Jahren viele Anstrengungen unternommen, damit der zunehmenden Raserei Einhalt geboten
und den Beschwerden der örtlichen Bevölkerung Rechnung getragen wird. Geschwindigkeitsbeschränkungen,
Bodenschwellen, Fahrbahninseln, Fahrbahnverengungen, Fahrbahnteiler und andere verkehrsberuhigende Maßnahmen:
Allen Maßnahmen zum Trotz wird innerorts zu schnell gefahren.
Der Österreichische Gemeindebund fordert schon seit Jahren eine Änderung der StVO (Erweiterung der Aufgaben
des eigenen Wirkungsbereichs in § 94d StVO), damit Gemeinden auf ihren Straßen automationsunterstützt
punktuelle Geschwindigkeitsüberwachungen durchführen können bzw. durchführen lassen können.
Thema Radarüberwachung immer noch nicht gelöst
Bereits im Jahr 2009 wurden Gemeinden zum Thema “Radarüberwachung” befragt. Anlass damals war unter anderem
die im Jahr zuvor ergangene Entscheidung der Datenschutzkommission (heute Datenschutzbehörde), wonach von
Gemeinden bzw. im Auftrag von Gemeinden durchgeführte Radarüberwachungen mangels gesetzlicher Grundlage
datenschutzwidrig seien. Das Ergebnis der Umfrage war damals schon eindeutig: den Gemeinden muss die Möglichkeit
gegeben werden, automationsunterstützte Geschwindigkeitsmessungen durchzuführen.
Obwohl sich alle einig sind, dass Ge- und Verbote kaum Wirkung entfalten, wenn keine oder unzureichende Kontrollen
und Strafsanktionen folgen, wird dem Thema Verkehrsüberwachung auf Gemeindestraßen, wo der Bürger
der Gefahr von Rasern sowie der Lärm- und Geruchsbelästigung besonders ausgesetzt ist, wenig bis gar
keine Aufmerksamkeit geschenkt. Kontrollen finden nicht statt: Die Exekutive kann nicht (Personalmangel) und die
Gemeinde darf nicht (mangels gesetzlicher Grundlage).
82 Prozent der Gemeinden für Radarüberwachung
An der unbefriedigenden Situation hat sich auch zehn Jahre danach nichts geändert, das bestätigen die
Ergebnisse einer kürzlich erfolgten Umfrage, an der 176 Gemeinden teilgenommen haben und demnach sogar noch
mehr als vor zehn Jahren (143 Gemeinden). Den Ergebnissen der Umfrage zufolge werden lediglich in 13 Prozent der
Gemeinden die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten eingehalten. In 82 Prozent der Gemeinden, die an der
Umfrage teilgenommen haben, wird ein Bedarf an automationsunterstützter Geschwindigkeitsüberwachung (“Radarüberwachung”)
gesehen. Gar 91 Prozent der Gemeinden berichten über Beschwerden der Bevölkerung aufgrund überhöhter
Geschwindigkeit.
Dementsprechend ernüchternd ist die Bilanz hinsichtlich der Überwachungstätigkeit der Exekutive:
Nur 21 Prozent der Gemeinden sind der Meinung, dass in der Vergangenheit ausreichend Überwachungsmaßnahmen
von Seiten der Bezirksverwaltungsbehörden innerhalb des Ortsgebietes durchgeführt wurden. Lediglich 36
Prozent der Gemeinden sind mit der Überwachung durch die Polizei zufrieden.
Schlechtes Zeugnis für Kooperationsmodell
Abgefragt wurde auch die Tauglichkeit des im Jahr 2014 mit dem Innenministerium erarbeiteten Modells, wonach Gemeinden
und Polizeibehörden im Bereich der Geschwindigkeitsüberwachung kooperieren können. Demnach sollten
Gemeinden im Rahmen eines mehrstufigen Prozesses zunächst ein Verkehrssicherheitskonzept erstellen, in dem
mögliche Standorte für die Überwachung definiert und begründet werden. Nach positiver Prüfung
durch die Verkehrsbehörde sollten Gemeinden die nötigen Radargeräte anschaffen und die Infrastruktur
am Standort bereitstellen, wobei der Betrieb und die Abarbeitung der Strafanzeigen von der jeweils zuständigen
Behörde (Polizei und Bezirkshauptmannschaften) übernommen werden. Dieses Modell wurde aufgrund des zunehmenden
Drucks und der Beschwerden der örtlichen Bevölkerung ins Leben gerufen.
Das Ergebnis der Umfrage ist ernüchternd: Von 176 Gemeinden haben sich lediglich 13 Gemeinden an diesem Modell
beteiligt. Drei von 13 Gemeinden berichteten, dass das Kooperationsmodell nicht funktioniert, eine weitere Gemeinde
hat mitgeteilt, dass nicht sicher ist, ob das Projekt weiterverfolgt wird, da die Bezirkshauptmannschaft jeglichen
zusätzlichen Aufwand ablehnt.
“Unflexibel, praxisfremd, umständlich”
Bemerkenswert ist, dass mehr als 30 Gemeinden in ihren Anmerkungen direkt Bezug zu diesem Modell genommen und begründet
haben, weswegen dieses Modell abgelehnt wird. Folgende Beurteilungen wurden zu diesem Modell getroffen (auszugsweise):
unflexibel, praxisfremd, mühsam, umständlich, sehr aufwendig, arbeitsintensiv, bürokratisch, kompliziert,
nur an Unfallhäufungsstellen, zu viele Experten, zu lange Umsetzungsphase, kein Einfluss auf die Standortwahl,
kein Einfluss auf Einsatzzeiten, zu kostenaufwendig, Zuständigkeiten teilweise nicht klar, langwieriger Prozess,
kostspielige Gutachten, Weigerung der Bezirksverwaltung, zu wenig Verkehrsaufkommen etc.
Gemeinden fordern gesetzliche Weichenstellungen
Zusammenfassend stellen die Gemeinden diesem Kooperationsmodell ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Richtigerweise
fordern die Gemeinden daher eine gesetzliche Grundlage, die es ihnen selbst ermöglicht, Überwachungsmaßnahmen
zu ergreifen. Letztlich wissen die Gemeinden und die örtliche Bevölkerung am besten über die Gefahrenstellen
Bescheid.
Bislang scheiterte eine Umsetzung vor allem am Widerstand einzelner Länder, die einen Mehraufwand befürchten.
Das ist insofern bemerkenswert als es an sich Aufgabe der Exekutive und damit der Länder wäre, für
eine ordnungsgemäße Kontrolle der Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkungen zu sorgen – und
zwar auch auf Gemeindestraßen. Dass das nicht passiert, hat vor allem einen Grund, der auch sehr deutlich
in der Umfrage bestätigt wurde: Personalmangel. Die Exekutive hat schlicht nicht die Kapazität, flächendeckend
und regelmäßig Überwachungsmaßnahmen auch im Ortsgebiet zu setzen. Demgemäß wäre
gerade die automatisierte Verkehrsüberwachung die Antwort auf den eklatanten Personalmangel der Exekutive.
Diese Möglichkeit den Gemeinden in die Hand zu geben, ist daher ein Gebot der Stunde.
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