Köstinger und Schierhuber pochen auf weibliche Nachfolgerin für EU-Parlament
Brüssel/Wien (bauernbund) - Bisher war die bäuerliche Vertretung für Österreich im EU-Parlament
fest in weiblicher Hand. Mit Simone Schmiedtbauer soll diese Tradition am 26. Mai fortgesetzt werden. Bei einer
gemeinsamen Pressekonferenz mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und der ehemaligen bäuerlichen
EU-Abgeordneten Agnes Schierhuber in Wien am 23. April waren sich die Agrarpolitikerinnen einig: "Qualität
vor Quantität - Schmiedtbauer muss die heimische Qualitätsstrategie auf EU-Ebene manifestieren."
Die österreichische Agrarpolitik brauche eine starke Stimme in Brüssel, betonte Köstinger. "Die
Landwirtschaft verändert sich und mit ihr verändern sich die Herausforderungen. Wir leben in einer Überflussgesellschaft
und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU muss diesem Trend entgegenwirken", erklärte die Landwirtschaftsministerin.
Tomaten aus China oder das Hühnerfleisch aus der Ukraine seien das, was die Konsumenten nicht wollen. "Sie
wollen heimische Produkte in Topqualität und das liefern unsere österreichischen Bäuerinnen und
Bauern tagtäglich. Unser Modell sieht eine nachhaltige, multifunktionale und flächendeckende Landwirtschaft,
insbesondere auch im benachteiligten Gebiet und im Berggebiet vor. Qualität statt Quantität muss auch
in Europa die Devise sein. Massive Kürzungen der EU-Ausgleichszahlungen für unsere Bäuerinnen und
Bauern sind hier der falsche Weg", zeigte sich Köstinger kämpferisch und ergänzte: "Die
Europa-Wahl wird eine Entscheidung über das Agrarmodell der Zukunft bringen. Wir wollen keine Agrarkonzerne
mit Tausenden Hektar Anbaufläche, sondern wir wollen bäuerliche Familienbetriebe. Dafür braucht
es eine starke österreichische Stimme für die Landwirtschaft in Europa, und diese heißt Simone
Schmiedtbauer."
Schmiedtbauer: Absurd, wenn Geflügelfleisch weniger als Brot kostet
"Wir müssen uns entscheiden: Agrarindustrie oder Familienbetrieb. Machen wir mit den Budgetkürzungen
für die Landwirtschaft so weiter, befeuern wir nicht nur das Höfesterben in Österreich, man leistet
damit auch einem System Vorschub, das die Klimaerwärmung vorantreibt", warnte Schmiedtbauer. Europa müsse
beim Umwelt- und Klimaschutz globaler Vorreiter sein. Die heimische Landwirtschaft sieht sie als Chance und als
Teil der Lösung. "Innovative Betriebe sind Garant für unsere tägliche Versorgung mit hochwertigen
und leistbaren Lebensmitteln. Die Landwirtschafts- und Lebensmittelpolitik der EU muss dies garantieren und die
Leistungen unserer heimischen Bäuerinnen und Bauern honorieren", zeigte sich Schmiedtbauer von der österreichischen
Qualitätsstrategie überzeugt. Sie setzt sich als Ziel, regionale und familiäre Strukturen stärker
zu unterstützen.
"Bei manchen Vorschriften aus Brüssel, etwa im Bereich der Lebensmittelhygiene, gewinnt man den Eindruck,
dass die EU nur große Lebensmittelproduzenten im Auge hat. Die kleinen Unternehmen sind mit der ausufernden
Schreibtischarbeit einfach überfordert", so Schmiedtbauer, die selbst auch Erfahrung als Direktvermarkterin
bäuerlicher Produkte hat. Auch steige der Druck von kapitalstarken Investoren aus dem In- und Ausland, die
landwirtschaftliche Flächen und Betriebe aufkaufen, gab sie zu bedenken. Damit meint sie beispielsweise den
ukrainischen Geflügelbetrieb Mironivsky Hliboproduct (MHP), der Geflügelfleisch zu Dumpingpreisen und
aus fragwürdigen Haltungsbedingungen auf den europäischen Markt einschleust. "Ein Kilo Geflügel
kostet dadurch vielfach oft weniger als ein Kilo Brot", gab Schmiedtbauer zu bedenken und forderte die EU-Kommission
auf, sich entschlossen gegen solche Machenschaften zu stellen und sie zu beenden. "Bei solchen Voraussetzungen
und zeitgleich angestrebten Kürzungen im EU-Agrarbudget können unsere Betriebe nicht mithalten. Mehr
Leistungen bei weniger Geld geht sich in keinem Betrieb aus", verdeutlichte Schmiedtbauer.
EU-Landwirtschaft ist weiblich
Schierhuber, EU-Parlamentarierin von 1995 bis 2009, sprach sich heute klar für Schmiedtbauer als Kandidatin
der österreichischen Bäuerinnen und Bauern aus. "Die Agrarpolitik ist der einzige vergemeinschaftete
Politikbereich der EU. Die derzeit diskutierte Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2020 erfordert dringend wieder
die Mitsprache von bäuerlichen Praktikern. Davon gibt es gerade heute leider viel zu wenige, denn es ist ein
Unterschied, ob man über etwas redet oder ob man aus eigener Erfahrung von etwas redet. Und das können
in der Landwirtschaft die Bäuerinnen und Bauern selbst am besten", stellte Schierhuber fest.
Ihr Erfolgsrezept war es, Bündnisse über Fraktions- und Ländergrenzen hinaus zu schmieden. "Populisten
achten immer nur auf den kurzfristigen Erfolg. Wer große Reformen umsetzen will, braucht Abgeordnete, die
nachhaltige politische Ziele verfolgen, eine feste Werthaltung haben, landwirtschaftliches Fachwissen in die Diskussion
einbringen können und über das Wissen verfügen, wie die Lebensrealität auf den Bauernhöfen
ausschaut", so Schierhuber. Ihr Motto für die EU-Wahl: "Never change a winning model. Elisabeth
Köstinger und ich haben den Weg für eine ökosoziale Agrarpolitik geebnet. Ich wünsche mir auch
künftig eine starke Frau im EU-Parlament, die für diesen ökosozialen Weg kämpft und deshalb
unterstütze ich Simone Schmiedtbauer. Wir haben in Österreich mehr als 100.000 Bäuerinnen. Ja, die
Landwirtschaft ist weiblich, und unsere Topbäuerin wollen wir als unsere starke Stimme in Europa haben",
so Schierhuber.
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