Am 25. Mai 2019 in der Wiener Staatsoper
Wien (staatsoper) - Anlässlich des 150-jährigen Jubiläums des Opernhauses am Ring - die heutige
Wiener Staatsoper wurde am 25. Mai 1869 feierlich eröffnet - kommt Richard Strauss' Die Frau ohne Schatten
am 25. Mai 2019 zur hochkarätig besetzten Festpremiere.
Auf genau dieser Bühne wurde das Werk vor 100 Jahren, am 10. Oktober 1919, uraufgeführt. Das kongeniale
Duo Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal diskutierte schon ab 1910 über einen neuen Opernstoff, der Titel
Die Frau ohne Schatten - ihre vierte gemeinsame Oper - existierte spätestens ab 1911. Inmitten des Ersten
Weltkriegs entstand das Werk, das 1917 fertig gestellt wurde und das der Komponist selbst als "schönste
und erhabenste Arbeit" prophezeite. Erzählt wird die (komplexe) Geschichte zweier Paare - Kaiser und
Kaiserin sowie Färber und Färberin -, die durch Selbsterkenntnis und Selbstüberwindung zum glücklichen
Ende finden.
Wien wäre nicht Wien, wenn nicht schon das Vorhaben, das Werk hier zur Weltpremiere zu bringen (auch Hofmannsthal
hatte sich zuerst dagegen ausgesprochen), auch eine Opposition auf den Plan gerufen hätte, wie Staatsoperndramaturg
Dr. Oliver Láng im Magazin "Prolog" erläutert. Parallel dazu kam Kritik am neuen Direktor
Strauss, der noch vor seinem Antritt angefeindet wurde. Nach der Uraufführung - unter Franz Schalk, u. a.
mit Maria Jeritza (Kaiserin), Lotte Lehmann (Färberin), Karl Aargard-Oestvig (Kaiser), Richard Mayr (Barak)
und Lucie Weidt (Amme) - waren die Lager gespalten. Doch seit der Uraufführung hat Die Frau ohne Schatten
eine reiche Aufführungsgeschichte erlebt und gilt als einer der besonderen Höhepunkte des Wiener und
internationalen Musiktheaters. Im Haus am Ring kam es nach der Uraufführung 1919 zu sechs weiteren Premieren:
1931 kam eine Neuproduktion unter Clemens Krauss heraus (sie wurde auch bei einem Gastspiel in Venedig gegeben,
die italienische Erstaufführung), bereits zwölf Jahre später, 1943, eine weitere unter Karl Böhm.
Zur Wiedereröffnung des Hauses am Ring 1955 war Die Frau ohne Schatten Teil des Premierenzyklus', in einer
Doppelpremiere (mit zwei Besetzungen) brachte Karajan im Juni 1964 eine Neuproduktion heraus, 1977 stand eine weitere
Premiere unter Karl Böhm auf dem Programm. Die bislang letzte Neuinszenierung erfolgte 1999 unter Giuseppe
Sinopoli (Inszenierung: Robert Carsen). Insgesamt erklang die Oper bislang 147mal im Haus am Ring.
Zum Leading Team
Für die musikalische Leitung konnte mit Christian Thielemann einer der bedeutendsten Dirigenten der Gegenwart
gewonnen werden. Die Frau ohne Schatten ist nach Tristan und Isolde (2003) und Hänsel und Gretel (2015) seine
dritte Staatsopernpremiere. Seit seinem Debüt am Haus 1987 mit Così fan tutte dirigierte er hier -
neben den Premierenproduktionen - Vorstellungen von La traviata, Le nozze di Figaro, Parsifal, Die Meistersinger
von Nürnberg, Ariadne auf Naxos sowie den Ring des Nibelungen.
Als "Liebe auf den ersten Blick" bezeichnete er rückwirkend das erste gemeinsame Konzert im Jahr
2000 mit den Wiener Philharmonikern, dessen Mitglieder ja bekanntlich in Personalunion das Staatsopernorchester
bilden. Im Gespräch mit Staatsoperndramaturg Dr. Andreas Láng streut er dem unverwechselbaren, weich-goldenen,
"im guten Sinne defensiven" Klang des Orchesters und der musikalischen Flexibilität der einzelnen
Musiker, die stets mit einem Ohr bei den Sängern auf der Bühne seien, Rosen. Gemeinsam mit dem Orchester
erarbeitete er die Frau ohne Schatten 2011 für die Salzburger Festspiele und blickt zurück: "Einige
Musiker zeigten sich verwundert, dass ich mit ihnen so entspannt arbeiten würde, worauf ich erwiderte, dass
es genau umgekehrt wäre: Das ganze Orchester wäre mir gegenüber entspannt. Offensichtlich stimmt
also die Chemie zwischen uns. Es herrscht ein wahres Geben und Nehmen, ein gegenseitiges Anbieten und Aufnehmen."
Inszeniert wird Die Frau ohne Schatten von Vincent Huguet, der mit dieser Produktion sein Staatsoperndebüt
gibt. Der französische Regisseur arbeitete vor seiner Theatertätigkeit u. a. als Kunsthistoriker, bevor
er 2008 seine Zusammenarbeit mit Patrice Chéreau begann, dessen Assistent er bis zum Tod des legendären
Regisseurs 2013 blieb. Jüngste eigene Inszenierungen führten ihn nach Montpellier (Lakmé), Aix-en-Provence
(Dido and Aeneas) und Luzern (Roméo et Juliette).
Dass Die Frau ohne Schatten in einer Zeitenwende entstanden ist, findet er spannend: "Es war der Moment
in Europa, als man sich genau an der Absprungkante zwischen Vergangenheit und Zukunft befand. Nicht nur politisch,
sondern auch künstlerisch. Die Avantgarde kam auf und ließ manches plötzlich alt aussehen. Daraus
ist der Gedanke der "letzten romantischen Oper" entstanden: Ein letzter Höhepunkt, eine Verschmelzung
von so vielen Dingen: Da ist die deutsche Romantik drinnen, die Welt von 1001 Nacht, Antik-Ägyptisches, Goethe
und vieles mehr. Umso weiter man gräbt, desto mehr eröffnet sich eine faszinierende Welt!" Er verschreibt
sich nicht einer spezifischen Lesart der Oper - "die Oper ist so reich, so vielfältig, so vielschichtig,
dass jeder Versuch, sie auf eine Denkschiene zu setzen, einer Reduktion ihrer Ausdruckskraft gleichkommt. […] Strauss
und Hofmannsthal wollten diesem Werk die Qualität eines Märchens schenken. Nun wissen wir: Es gibt nichts
Zerbrechlicheres als ein Märchen. Sobald man es erklärt, es fest zu machen versucht und die Symbolik
ausdeutet, verliert es seinen Zauber. […] Man […] muss die Magie wirken lassen."
Er betont weiters die Parallele zum Heute, geht es in der Frau ohne Schatten doch "um den Krieg […], nicht
direkt angesprochen, aber in einem höheren Sinne […] - als Künstler ist man gefordert Stellung zu beziehen
und einen Kommentar abzugeben. Wie also nahmen sie Stellung? Sie sagten, dass wenn Menschen sich - nicht nur in
ihrem Verhalten, sondern auch in der Art, wie sie mit der Liebe umgehen - nicht ändern, der Zyklus des Lebens,
der Generationenweitergabe unterbrochen wird und es kein Weiter, keine Kontinuität mehr gibt. Es muss ein
Umdenken stattfinden, ein Sprung über den eigenen Schatten! […] Und eigentlich ist es beklemmend, dass wir
heute erneut an einem solchen Punkt angelangt sind! Vielleicht aktuell nicht militärisch. Aber auf ökologischer
Ebene: Wenn wir heute nicht umdenken und unser Verhalten grundlegend ändern, werden die Generationen nach
uns keine Erde mehr vorfinden, auf der man leben kann …"
Für das Bühnenbild zeichnet Aurélie Maestre verantwortlich, für die Kostüme Clémence
Pernoud. Beide präsentieren mit der Frau ohne Schatten ihre erste Arbeit für das Haus am Ring. Das Lichtdesign
stammt von Bertrand Couderc, Dramaturg der Produktion ist Louis Geisler.
Die Besetzung
KS Stephen Gould singt erstmals im Haus am Ring den Kaiser. Der amerikanische Heldentenor ist der Wiener Staatsoper
seit seinem Debüt 2004 als Paul in der Premiere von Die tote Stadt eng verbunden. Nach Die tote Stadt, Siegfried
und Götterdämmerung (Siegfried) sowie Ariadne auf Naxos (Tenor/Bacchus) ist Die Frau ohne Schatten seine
fünfte Staatsopernpremiere. An der Wiener Staatsoper war er weiters als Erik (Der fliegende Holländer),
Tristan (Tristan und Isolde) sowie in den Titelpartien von Parsifal, Peter Grimes und Tannhäuser zu erleben.
In der Interpretation der Frau ohne Schatten betont er im Gespräch mit Dr. Andreas Láng für
den "Prolog", dass es "essentiell ist, eine Erzähl-Metapher zu finden, die das ganze Werk veredelt
und uns hilft, die geistig/menschliche Erkenntnis zu sehen, die sich dann zum Mythos erhebt."
Die Kaiserin verkörpert - ebenfalls erstmals an der Wiener Staatsoper - Camilla Nylund. Die Frau ohne Schatten
ist nach Lohengrin (Elsa) und Der Freischütz (Agathe) die dritte Premiere im Haus am Ring der finnischen Sopranistin,
die hier bisher u. a. auch die Titelpartien von Salome, Arabella, Rusalka, Ariadne auf Naxos; Elisabeth (Tannhäuser),
Gräfin (Capriccio), Marschallin (Der Rosenkavalier), Sieglinde (Die Walküre), Marietta (Die tote Stadt),
Donna Anna (Don Giovanni) und Leonore (Fidelio) sang.
Für sie ist Die Frau ohne Schatten "eine in jeder Hinsicht bombastische Oper - in dieser Ausprägung
übertrifft sie wohl alle anderen Strauss-Opern", wie sie das Außergewöhnliche dieses Werkes
charakterisiert. Mit der Musik von Richard Strauss assoziiert sie mit dem Gesang "Riesenbögen" und
den "im wahrsten Sinn des Wortes sauberen, manchmal sogar fast kindlich-reinen Klang, den es so nur bei Strauss
gibt. […] Wenn ich […] an die Strauss'schen Ausbrüche in der reinen Orchestermusik denke, so sehe ich vor
mir hingegen das Bild eines sich öffnenden Himmels."
Evelyn Herlitzius, die als Elektra in Trojahns Orest in der letzten Staatsopernpremiere einen großen Erfolg
feierte, gibt mit der Amme ein weiteres weltweites Rollendebüt im Haus am Ring. Die Frau ohne Schatten ist
nun die zweite Premiere an der Wiener Staatsoper der gefragten deutschen Sängerin. Sie debütierte 2000
als Leonore (Fidelio) im Haus am Ring, wo sie weiters u. a. als Brünnhilde (Der Ring des Nibelungen), Isolde
(Tristan und Isolde), Färberin (Die Frau ohne Schatten), Marie (Wozzeck), Kundry (Parsifal) und zuletzt in
der Titelpartie von Kátja Kabanová zu erleben war.
Ihre erste Annäherung an die Gesamtheit des Kunstwerkes fasst sie so zusammen: "Sich als erstes dem Ganzen
einfach hinzugeben. Danach, wenn der Rausch nachlässt: darüber lesen, sich immer mehr hinein versenken."
Den Barak singt - wie bereits bei der letzten Vorstellungsserie der Frau ohne Schatten im Haus am Ring 2012 - Wolfgang
Koch. Der international renommierte deutsche Bariton debütierte 2008 als Fritz Kothner (Die Meistersinger
von Nürnberg) im Haus am Ring und war hier weiters als Hans Sachs (Die Meistersinger von Nürnberg), Telramund
(Lohengrin) und Jochanaan (Salome) sowie in der Titelpartie der Premierenproduktion von Dantons Tod zu erleben.
Nach der Kundry und der Elektra gibt schließlich KS Nina Stemme als Färberin ein weiteres wichtiges
internationales Rollendebüt an der Wiener Staatsoper. Die gefeierte schwedische Sopranistin ist damit - nach
Der fliegende Holländer (Senta), Die Walküre (Sieglinde), La forza del destino (Leonora), Siegfried (Brünnhilde),
Tristan und Isolde (Isolde), La fanciulla del West (Minnie), Elektra und Parsifal (Kundry) - in ihrer neunten Staatsopernpremiere
zu erleben. Im Haus am Ring war sie darüber hinaus u. a. als Tosca, Leonore (Fidelio), Marschallin und Brünnhilde
(gesamter Ring des Nibelungen) zu erleben.
Angesprochen auf das Gefühl, mit welchem sie 100 Jahre nach der Uraufführung der Frau ohne Schatten an
der Wiener Staatsoper ebendiese Bühne betreten wird, sagt sie: "Abgesehen von der Ehre und Freude tragen
wir ein Stück Verantwortung, wenn wir dieses Werk vor dem Publikum in unserer Interpretation präsentieren.
Einerseits sind wir diesbezüglich vollkommen frei, andererseits liegt die Musik dieser Oper gerade hier in
Wien gewissermaßen in der Luft, sodass man nur nach ihr greifen muss."
Den Geisterboten singt Sebastian Holecek. Der aus Wien stammende Bariton tritt seit seinem Debüt 1991 als
Papageno (Die Zauberflöte) an der Wiener Staatsoper auf und sang hier bisher u. a. Peter Besenbinder (Hänsel
und Gretel), Don Fernando (Fidelio), Harlekin (Ariadne auf Naxos) und Christian (Un ballo in maschera). Die Frau
ohne Schatten ist seine erste Premiere im Haus am Ring.
Die weiteren Partien singen die Staatsopern-Ensemblemitglieder Maria Nazarova (Hüter der Schwelle des Tempels
und Stimme des Falken), Benjamin Bruns (Stimme eines Jünglings), Monika Bohinec (Stimme von oben), Samuel
Hasselhorn (Der Einäugige), Ryan Speedo Green (Der Einarmige), Thomas Ebenstein (Der Bucklige), Ileana Tonca
(Erste Dienerin, Erste Stimme der Ungeborenen, Erste Solostimme), Mariam Battistelli (Zweite Dienerin, Zweite Stimme
der Ungeborenen, Zweite Solostimme), Szilvia Vörös (Dritte Dienerin, Vierte Stimme der Ungeborenen, Vierte
Solostimme), Virginie Verrez (Dritte Stimme der Ungeborenen, Dritte Solostimme), Bongiwe Nakani (Fünfte Stimme
der Ungeborenen, Fünfte Solostimme) und Zoryana Kushpler (Sechste Solostimme).
Es spielen das Orchester der Wiener Staatsoper und das Bühnenorchester der Wiener Staatsoper, es singt der
Chor der Wiener Staatsoper.
Die Frau ohne Schatten im Radio und Livestream sowie internationale Übertragungen
Die Premiere am 25. Mai 2019 wird live auf Radio Ö1 (+ EBU) ausgestrahlt sowie
via Wiener Staatsoper live at home übertragen (http://www.staatsoperlive.com).
Die Premiere sowie alle Folgevorstellungen (30. Mai, 2., 6., 10. Juni 2019) werden zudem im Rahmen von "Oper
live am Platz" live auf den Herbert von Karajan-Platz übertragen.
Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten "150 Jahre Opernhaus am Ring" wird die Premiere zudem live
bzw. live-zeitversetzt auf wichtige Plätze in den österreichischen Landeshauptstädten von Bregenz
bis Eisenstadt sowie auf einen Riesenscreen im Moskauer Zaryadye-Park übertragen.
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