Auszeichnung als Weltkulturerbe könnte
 für Teichlandschaft bald Wirklichkeit werden

 

erstellt am
10. 05. 19
13:00 MEZ

Praktikables Fischottermanagement und Strategien für Folgen des Klimawandels notwendig
St. Pölten (lk-nö)- Die Teichwirte rudern ohne Umwege auf eine der höchsten Auszeichnungen zu. Die Waldviertler Karpfenteichwirtschaft könnte bald durch die Welternährungsorganisation (FAO) ausgezeichnet werden. Das Waldviertel wäre als Österreichs erstes landwirtschaftliches Kulturerbe von globaler Bedeutung und würde damit als Pionierregion fungieren.

Das Waldviertel trägt ganz klar die Handschrift engagierter Teichwirte. 60% aller österreichischen Teiche liegen in Niederösterreich und vor allem im Waldviertel sind sie nicht aus dem Landschaftsbild wegzudenken. "Bei uns in Niederösterreich gibt es über 4.000 Fischteiche. Davon liegen über 3.500 im Waldviertel. Das zeigt klar den Stellenwert der Teichwirtschaft in unserem Bundesland auf. Mit dem Waldviertler Karpfen wurde noch dazu eine Marke geschaffen, die sich bereits über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht hat", erklärt Landwirtschaftskammer (LK)-Präsident Johannes Schmuckenschlager und zeigt sich vom enormen Engagement der Teichwirte begeistert. "Es ist etwas ganz Besonderes, wenn sogar die FAO auf unsere Karpfenteichwirtschaft aufmerksam wird und unsere Produktionsweise zum landwirtschaftlichen Kulturerbe ernannt werden soll. Darauf können wir zu Recht stolz sein. Damit das auch in Zukunft so bleibt, trete ich für praxistaugliche Rahmenbedingungen ein. Neben einem praktikablen Fischottermanagement braucht es Strategien für die Folgen des Klimawandels, die sich auch in der Teichwirtschaft bemerkbar machen", so Schmuckenschlager. Wärmer werdende Teiche und fehlender Niederschlag sind hierbei nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite können Teiche als Wasserspeicher künftig eine wertvolle Funktion übernehmen.

Karpfenteichwirtschaft aktuell stark unter Druck
Die Nachfrage nach Waldviertler Karpfen ist so groß wie nie zuvor. Er trifft genau den Geist der Zeit und kann durch die Attribute "nachhaltig", "regional", "gesund" und "schmackhaft" voll punkten. Sowohl in den Küchen als auch auf den Speisekarten der Gastronomie zu Hause, hat er sich mittlerweile einen fixen Platz erobert. Allerdings stagniert die Produktionsmenge, obwohl der Markt dafür gegeben wäre. Die Erzeugung kann nur mit Mühe auf dem jetzigen Niveau gehalten werden, denn Fischfresser wie Otter, Kormoran u.a. führen zu hohen Ausfraßschäden. Eine Situation, die die Teichwirte mittlerweile über lange Zeit wirtschaftlich dulden mussten. Aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen mit überbordendem Bürokratismus beim Wasserrecht, den Naturschutzauflagen oder dem Aquakulturseuchenrecht erhöhen den Druck. "Jede Österreicherin und jeder Österreicher will gerne heimischen Fisch am Teller haben. Geht es aber darum, bestehende verlandete Teiche wieder zu entschlammen oder neue anzulegen, so stößt man oft auf Unverständnis und kaum zu bewältigende Auflagen", berichtet Teichwirte-Obmann Ferdinand Trauttmansdorff aus der Praxis.

Auszeichnung als Kulturerbe soll mehr Verständnis und Wertschätzung bringen
Bewusstseinsbildung ist somit das Um und Auf. Hier sehen die Vereinsmitglieder jede Menge Potenzial. "Vor allem die Auszeichnung durch die FAO als Kulturerbe kann hier mehr Bewusstsein schaffen. Österreich hat bisher keine Region mit diesem Status. Andere EU-Länder sind da mittlerweile schon weiter, etwa Spanien oder Italien", sind sich Trautmannsdorff und Schmuckenschlager einig.

"Wir erhoffen uns mit der Ernennung zum Kulturerbe, dass der Gesetzgeber und die Behörden stärker auf die Anliegen der Teichwirte eingehen und sie überhaupt wahrnehmen. Schließlich bestehen die Waldviertler Teiche bereits seit über 700 Jahren. Diese Produktionssysteme müssen auch in Zukunft erhalten werden, denn wenn etwas so lange besteht, dann kann es nur nachhaltig sein", so Geschäftsführer Leo Kirchmaier. Begleitet wird die Einreichung als Kulturerbe von einer Masterarbeit an der Boku. Autorin Stephanie Salzmann widmet sich dabei der Fragestellung, ob die hochgesteckten Anforderungen an das Produktionssystem durch die Waldviertler Karpfenteichwirtschaft auch erbracht werden können. "Erste Recherchearbeiten weisen klar in die Richtung, dass die Auszeichnung erreicht werden kann. Besonders hervorzuheben ist dabei die starke Verbundenheit und Identifikation einer ganzen Region mit seinen Teichen, die auch durch die lange Geschichte und Tradition gestärkt wird", so Salzmann.

 

 

 

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