Praktikables Fischottermanagement und Strategien für Folgen des Klimawandels notwendig
St. Pölten (lk-nö)- Die Teichwirte rudern ohne Umwege auf eine der höchsten Auszeichnungen
zu. Die Waldviertler Karpfenteichwirtschaft könnte bald durch die Welternährungsorganisation (FAO) ausgezeichnet
werden. Das Waldviertel wäre als Österreichs erstes landwirtschaftliches Kulturerbe von globaler Bedeutung
und würde damit als Pionierregion fungieren.
Das Waldviertel trägt ganz klar die Handschrift engagierter Teichwirte. 60% aller österreichischen Teiche
liegen in Niederösterreich und vor allem im Waldviertel sind sie nicht aus dem Landschaftsbild wegzudenken.
"Bei uns in Niederösterreich gibt es über 4.000 Fischteiche. Davon liegen über 3.500 im Waldviertel.
Das zeigt klar den Stellenwert der Teichwirtschaft in unserem Bundesland auf. Mit dem Waldviertler Karpfen wurde
noch dazu eine Marke geschaffen, die sich bereits über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht hat", erklärt
Landwirtschaftskammer (LK)-Präsident Johannes Schmuckenschlager und zeigt sich vom enormen Engagement der
Teichwirte begeistert. "Es ist etwas ganz Besonderes, wenn sogar die FAO auf unsere Karpfenteichwirtschaft
aufmerksam wird und unsere Produktionsweise zum landwirtschaftlichen Kulturerbe ernannt werden soll. Darauf können
wir zu Recht stolz sein. Damit das auch in Zukunft so bleibt, trete ich für praxistaugliche Rahmenbedingungen
ein. Neben einem praktikablen Fischottermanagement braucht es Strategien für die Folgen des Klimawandels,
die sich auch in der Teichwirtschaft bemerkbar machen", so Schmuckenschlager. Wärmer werdende Teiche
und fehlender Niederschlag sind hierbei nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite können Teiche
als Wasserspeicher künftig eine wertvolle Funktion übernehmen.
Karpfenteichwirtschaft aktuell stark unter Druck
Die Nachfrage nach Waldviertler Karpfen ist so groß wie nie zuvor. Er trifft genau den Geist der Zeit und
kann durch die Attribute "nachhaltig", "regional", "gesund" und "schmackhaft"
voll punkten. Sowohl in den Küchen als auch auf den Speisekarten der Gastronomie zu Hause, hat er sich mittlerweile
einen fixen Platz erobert. Allerdings stagniert die Produktionsmenge, obwohl der Markt dafür gegeben wäre.
Die Erzeugung kann nur mit Mühe auf dem jetzigen Niveau gehalten werden, denn Fischfresser wie Otter, Kormoran
u.a. führen zu hohen Ausfraßschäden. Eine Situation, die die Teichwirte mittlerweile über
lange Zeit wirtschaftlich dulden mussten. Aber auch die rechtlichen Rahmenbedingungen mit überbordendem Bürokratismus
beim Wasserrecht, den Naturschutzauflagen oder dem Aquakulturseuchenrecht erhöhen den Druck. "Jede Österreicherin
und jeder Österreicher will gerne heimischen Fisch am Teller haben. Geht es aber darum, bestehende verlandete
Teiche wieder zu entschlammen oder neue anzulegen, so stößt man oft auf Unverständnis und kaum
zu bewältigende Auflagen", berichtet Teichwirte-Obmann Ferdinand Trauttmansdorff aus der Praxis.
Auszeichnung als Kulturerbe soll mehr Verständnis und Wertschätzung bringen
Bewusstseinsbildung ist somit das Um und Auf. Hier sehen die Vereinsmitglieder jede Menge Potenzial. "Vor
allem die Auszeichnung durch die FAO als Kulturerbe kann hier mehr Bewusstsein schaffen. Österreich hat bisher
keine Region mit diesem Status. Andere EU-Länder sind da mittlerweile schon weiter, etwa Spanien oder Italien",
sind sich Trautmannsdorff und Schmuckenschlager einig.
"Wir erhoffen uns mit der Ernennung zum Kulturerbe, dass der Gesetzgeber und die Behörden stärker
auf die Anliegen der Teichwirte eingehen und sie überhaupt wahrnehmen. Schließlich bestehen die Waldviertler
Teiche bereits seit über 700 Jahren. Diese Produktionssysteme müssen auch in Zukunft erhalten werden,
denn wenn etwas so lange besteht, dann kann es nur nachhaltig sein", so Geschäftsführer Leo Kirchmaier.
Begleitet wird die Einreichung als Kulturerbe von einer Masterarbeit an der Boku. Autorin Stephanie Salzmann widmet
sich dabei der Fragestellung, ob die hochgesteckten Anforderungen an das Produktionssystem durch die Waldviertler
Karpfenteichwirtschaft auch erbracht werden können. "Erste Recherchearbeiten weisen klar in die Richtung,
dass die Auszeichnung erreicht werden kann. Besonders hervorzuheben ist dabei die starke Verbundenheit und Identifikation
einer ganzen Region mit seinen Teichen, die auch durch die lange Geschichte und Tradition gestärkt wird",
so Salzmann.
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