ExpertInnen der MedUni Wien und des AKH Wien
 identifizieren bisher unbekannten Bakterienstamm

 

erstellt am
08. 05. 19
13:00 MEZ

Wien (meduni) - ExpertInnen der MedUni Wien/AKH Wien haben einen bisher unbekannten Bakterienstamm aus der Gattung der Leptospiren identifiziert. Eine Infektion damit löste ungewöhnliche neurologische Symptome aus, die an Myasthenia gravis erinnern, eine Autoimmunerkrankung, bei der die Signalübertragung zwischen Nervenzellen und Muskelzellen gestört ist. Die genauen Forschungsergebnisse wurden nun in einer Studie im Top-Journal „Emerging Infectious Diseases“ veröffentlicht.

An der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien und des AKH Wien stellten die behandelnden ÄrztInnen bei einem zuvor gesunden Patienten Muskelschwäche und starke Ermüdbarkeit fest, die den Patienten kurzzeitig rollstuhlpflichtig gemacht hatten. Diese Symptome wiesen auf die Autoimmunerkrankung Myasthenia gravis hin. Doch Matthias Tomschik, behandelnder Neurologe, hatte weitere, für diesen Zustand untypische Symptome, gefunden: „Laboruntersuchungen ergaben erhöhte Entzündungswerte und Leberwerte; außerdem hatte der Patient Fieber. Das alles deutet auf eine Infektion hin, sodass dieser Fall genauer abgeklärt werden musste.“ Mit Inga Koneczny vom Klinischen Institut für Neurologie und Mateusz Markowicz vom Institut für Hygiene und Angewandte Immunologie wurden zwei ExpertInnen hinzugezogen, die genauere Untersuchungen vornahmen.

Bisher unbekannter Genotyp des Bakteriums Leptospira interrogans
Fündig wurden die ExpertInnen schließlich durch einen PCR-Test ("Polymerase Chain Reaction"), der Proben auf DNA-Ebene untersucht. Es gelang, einen bisher unbekannten Genotyp des Bakteriums Leptospira interrogans zu identifizieren. Zu den bisher insgesamt 147 verschiedenen bekannten Leptospira-Genotypen kommt nun ein neuer Stamm hinzu.

Mateusz Markowicz: „Niemand würde bei einer Myasthenie an Leptospiren denken. Neurologische Symptome bei einer Leptospirose sind eine absolute Seltenheit. Dieser neu identifizierte Typ weicht von den klassischen Symptomen einer Leptospirose wie Fieber, Leberentzündungen oder Gelbsucht ab.“

Besonders interessant ist zudem, dass es sich um eine sehr seltene Form der Myasthenia gravis handelt, da hier Antikörper gegen das neuromuskuläre Protein Lrp4 gefunden wurden. Bislang ist dies der einzig bekannte Fall mit Lrp4 Myasthenia gravis in Österreich, der am Klinischen Institut für Neurologie von Inga Koneczny und Romana Höftberger identifiziert werden konnte.

Die erfolgreiche Behandlung erfolgte mit einer Antibiotika-Therapie gegen die Infektion und Acetylcholinesterasehemmern zur Behandlung der Lähmungssymptome. Die MedizinerInnen gehen davon aus, dass die Infektion bei einem Urlaub in Vietnam und Thailand passierte. So berichtete der Patient, in engeren Kontakt mit Elefanten gekommen zu sein bzw. unter Wasserfällen geschwommen zu sein.

Leptospiren sind eine Gattung von aktiv beweglichen Bakterien. Leptospiren-Arten kommen sowohl bei Menschen und Tieren (Leptospira interrogans), wie auch freilebend (L. biflexa) vor. Zu den Wirten zählen häufig Nagetiere, aber auch Hunde und Schweine. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt durch Kontakt mit Urin, Blut oder Gewebe infizierter Tiere sowie durch Kontakt mit durch tierischen Urin verunreinigtem Oberflächenwasser. Infektionen können beim Menschen sogenannte Leptospirosen auslösen.

Mateusz Markowicz wurde für die Präsentation des Falles beim 13. Österreichischen Infektionskongress mit dem 1. Preis ausgezeichnet.

Service: Emerging Infectious Diseases
Severe Myasthenic Manifestation of Leptospirosis Associated with New Sequence Type of Leptospira interrogans. Matthias Tomschik, Inga Koneczny, Anna-Margarita Schötta, Sebastian Scharer, Merima Smajlhodzic, Paloma Fernandes Rosenegger, Martin Blüthner, Romana Höftberger, Fritz Zimprich, Gerold Stanek, and Mateusz Markowicz; Emerging Infectious Diseases,Volume 25, Number 5—May 2019. https://doi.org/10.3201/eid2505.181591

 

 

 

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