Rechnungshofausschuss befasst sich mit Prüfbericht zum Ticket-Vertriebssystem der ÖBB
Wien (pk) – Nach Ansicht des Rechnungshofs wäre es sinnvoll, wenn das Verkehrsministerium auf eine
Vereinfachung der Tarifstrukturen im öffentlichen Verkehr in Österreich hinwirkt, sagte Präsidentin
Margit Kraker am 7. Mai Zuge der Debatte des Rechnungshofausschusses. Ein wesentlicher Schritt im Sinne des
Nutzens für die KundInnen wäre es aus ihrer Sicht auch, wenn der ÖBB-Ticketshop für alle Anbieter
von Mobilitätsdiensten geöffnet wird. Anlass zur Debatte über die Weiterentwicklung des Tarifsystems
im öffentlichen Verkehr bot der Bericht des Rechnungshofs über das Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr
AG, das 2017 Gegenstand einer Überprüfung war (III-225 d.B.). Dabei nahmen die Prüfer unter anderem
die Entwicklung der Kosten des Projekts unter die Lupe und beurteilten den Stand der Barrierefreiheit und der Cyber
Security. Der Bericht wurde von den Abgeordneten einstimmig zur Kenntnis genommen.
Die Prüfung gab dem Rechnungshof auch Anlass, kritisch auf den aus seiner Sicht bestehenden Tarifdschungel
im öffentlichen Verkehr hinzuweisen. Verkehrsminister Norbert Hofer betonte dazu, dass er im Sinne einer Verbesserung
des Angebots und einheitlicher Tarife bereits Gespräche mit allen Verkehrsunternehmen führe, die aus
seiner Sicht sehr gut verlaufen. Er hält die Umsetzung des geplanten Österreich-Tickets bis Ende der
laufenden Legislaturperiode für möglich, konkret also bis 2022.
Rechnungshof: Tarifkomplexität erschwert Bedienbarkeit des Ticketshops
Das Zusammentreffen verschiedener Tarifsysteme des öffentlichen Verkehrs im ÖBB-Ticketshop führt
laut dem Bericht des Rechnungshofs zu hoher Tarifkomplexität. Gleichzeitig findet sich dort eine Fülle
von Ermäßigungsvarianten und Zusatzfunktionen, was sich negativ auf die Bedienbarkeit des Ticketshops
auswirkt. Eine einfachere Tarifstruktur würde die Transparenz der Ticketpreise im Interesse der Fahrgäste
erhöhen, ist der Rechnungshof überzeugt. In weiterer Folge wäre damit auch eine Vereinfachung des
Ticketshops möglich, da viele Probleme sich direkt oder indirekt aus der Tarifkomplexität ergeben. Der
Verkehrsminister sollte daher Schritte zur Vereinheitlichung der Tarifstruktur setzen. In diesem Zusammenhang wären
auch Änderungen der Eigentümerstruktur des Ticketshops anzustreben. Gemeinsam mit den Verkehrsverbünden
und den Verkehrsunternehmen der Städte sollte der Ticketshop zu einer einheitlichen Vertriebsplattform für
alle öffentlichen Mobilitätsangebote ausgestaltet werden.
Der Rechnungshof merkte auch an, dass die ÖBB den Zeit- und Ressourcenbedarf für die Entwicklung eines
neuen Vertriebssystems auf Basis einer gemeinsamen IT-Plattform ursprünglich unterschätzt habe. Insgesamt
beliefen sich die Gesamtkosten auf 131 Mio. €. Als Faktoren, die die Projektentwicklung beeinträchtigten,
sieht der Rechnungshof neben der rasanten Entwicklung der Smartphones die Tarifkonkurrenz zwischen den ÖBB
und den Verkehrsverbünden. Probleme stellte das Prüforgan auch bei den bargeldlosen Zahlungstransaktionen
fest. Sicherheitslücken und der Missbrauch von Kreditkartendaten führten im Zeitraum von 2012 bis 2017
zu Zahlungsausfällen von rund 4,4 Mio. €. Die ÖBB reagierte darauf mit verschärften Sicherheitsanforderungen
beim bargeldlosen Bezahlen, was wiederum zu Lasten des Bedienungskomforts für KundInnen ging.
Verkehrsminister Hofer hält Umsetzung eines Österreich-Tickets bis 2022 möglich
In Zentrum der Diskussion der Abgeordneten mit Verkehrsminister Norbert Hofer standen die Fragen der besseren Benutzerfreundlichkeit
des ÖBB-Ticketshops sowie die Möglichkeiten seiner Weiterentwicklung, wie sie der Rechnungshof anregt.
JETZT-Abgeordneter Wolfgang Zinggl griff die Kritik an der unübersichtlichen Tarifstruktur auf und forderte
mehr Benutzerfreundlichkeit der Ticket-Automaten. Abgeordneter Johann Singer (ÖVP) sprach ebenfalls das Thema
Kundenfreundlichkeit an und interessierte sich für die Möglichkeit, ein einheitliches Vertriebssystem
für alle Verkehrsdienste anzubieten. SPÖ-Abgeordneter Andreas Kollross erwartet sich neben der Umsetzung
eines österreichweit einheitlichen Tarifsystems auch eine Umsetzung des Österreich-Tickets für den
öffentlichen Verkehr. Er wollte wissen, ob sich der Preis eines solchen Österreich-Tickets bereits beziffern
lasse. Ein besonderes Anliegen ist es Kollross auch, dass es an Bahnhöfen weiterhin besetzte Fahrzeugschalter
gibt, da viele Menschen ein solches Service nach wie vor benötigen. Alois Kainz (FPÖ) und Ausschussobfrau
Irmgard Griss (NEOS) erkundigten sich danach, was der Verkehrsminister aktuell unternimmt, um die Empfehlungen
des Rechnungshofs zur Vereinheitlichung der Tarife umzusetzen. Griss wollte auch wissen, was gegen eine Öffnung
des Ticketshops für andere Verkehrsbetriebe spreche, wie der Rechnungshof sie anregt.
Verkehrsminister Norbert Hofer betonte, dass er sich zur Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs bereits in
guten Gespräche mit allen Verkehrsverbünden und Verkehrsbetrieben befinde. Die Aufgabe sei allerdings
komplex, da es sehr viele Mobilitätsanbieter gebe. Allerdings sei es im Sinne des Klimaschutzes unumgänglich,
das Angebot im öffentlichen Verkehr auszuweiten und attraktiver zu machen. Das bedeute auch, den Zugang zu
Tickets einfacher zu gestalten. Der Rechnungshof habe die hier noch bestehenden Probleme deutlich aufgezeigt. Die
Vereinheitlichung der Tarife sei ihm jedenfalls ein großes Anliegen, betonte der Verkehrsminister. Grundsätzlich
gehe es darum, dass alle Verkehrsanbieter unter fairen Bedingungen auf einer einheitlichen Plattform ihre Tickets
anbieten können.
Eines der Probleme sei allerdings, dass die Verkehrsbetriebe bereits in unterschiedlichem Maße tätig
geworden seien und sie daher einen gewissen Investitionsschutz erwarten. Das betreffe etwa die ÖBB und die
Wiener Verkehrsbetriebe, die bei einer Vereinheitlichung der Tarife eventuell auch wieder zurückstecken müssten.
Die ÖBB hätten beispielsweise sehr viel in den Ticketshop investiert. Kritik an den Kosten sah Hofer
dabei nicht als gerechtfertigt an. Er verwies auf ähnlich hohe Summen, die in der Schweiz in ein Basissystem
des Ticketverkaufs investiert werden mussten. Im Sinne der Zukunft des öffentlichen Verkehrs sei die Herstellung
eines einfachen Tarifsystems in Verbindung mit einem österreichweiten Vertriebssystem jedenfalls unerlässlich.
Damit würde man nämlich erst die Basis für die Umsetzung des Österreich-Tickets schaffen.
Die Gespräche mit den involvierten Verkehrsbetrieben laufen aus seiner Sicht gut. Hofer hält deshalb
auch die Umsetzung eines Österreich-Tickets bis zum Ende der Legislaturperiode 2022 für durchaus realistisch.
Was den Preis eines solchen Tickets betrifft, so seien bisher nur ungefähre Schätzungen möglich.
Es sehr billig anzubieten, werde schwer möglich sein, doch müsse man das in Relation zu den Kosten eines
Pkw setzen, gab der Verkehrsminister zu bedenken. Zudem werde es auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasste
Angebote geben. Er gehe aber davon aus, dass es sinnvoll sei, ein Drittel unter dem Preis des Schweizer "Generalabonnements"
bleiben. Das werde aber ohne Subventionen kaum möglich sein. Was die Personenkassa betrifft, so gebe es keine
Vorgaben, ab welcher Bahnhofsgröße ein solcher Schalter bereitgestellt werden müsse. Er behalte
sich aber vor, Richtlinien dafür zu erarbeiten, wenn es notwendig werden sollte, sagte der Verkehrsminister.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker zeigte sich erfreut darüber, dass die Arbeiten an einem einheitlichen
Vertriebssystem voranschreiten. Der Rechnungshof halte es für notwendig, die Frage der Tarifsystematik und
der Benutzerfreundlichkeit weiter im Auge zu behalten. Was die Frage der Öffnung des ÖBB-Ticketshops
für andere Anbieter betrifft, so wäre es aus der Sicht des Rechnungshofs sinnvoll gewesen, sehr viel
früher Überlegungen dazu anzustellen. Vermieden werden sollte auf jeden Fall, dass potenzielle Anbieter
statt der Nutzung des ÖBB-Ticketshops auf die Entwicklung eigener, individueller Vertriebslösungen setzen.
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