Mit technischem Know-how und finanzieller Unterstützung aus Österreich gelingt in
sechs Ländern im südlichen Afrika die großangelegte Nutzung erneuerbarer Energien.
Johannesburg/Wien (ada) - In Afrika südlich der Sahara haben nur 24 Prozent der Menschen Zugang zu
Elektrizität. Stromausfälle zählen zum Alltag, ihre Auswirkungen hemmen langfristig das Wirtschaftswachstum
und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen vor Ort. Für die Endverbraucher bedeutet die mangelhafte
Stromversorgung hohe Kosten und wenig Sicherheit.
Potenzial für erneuerbare Energien und Energieeffizienz nutzen
Mit der Übergabe der zwei größten thermischen Solaranlagen in der Region ändert sich das
nun schrittweise. Die Anlagen sorgen für zuverlässige Warmwasserversorgung aus solarer Energie, die noch
dazu Kosten spart. Die Kernelemente beider Anlagen stammen von der Kärntner Firma GREENoneTEC. Den Rest –
Speicher, Verrohrung, Wärmetauscher – erzeugten Unternehmen vor Ort. Mitte der Woche eröffnete der österreichische
Botschafter in Südafrika Johann Brieger die Anlagen in Johannesburg.
Konkret handelt es sich dabei um die erste Nahwärmeanlage südlich der Sahara für die WITS University
in Johannesburg sowie eine großangelegte solare Prozesswärmeanlage für eine Gerberei. Sie messen
jeweils 600m² Kollektorenfläche und wurden im Rahmen der „Southern African Solar Thermal Training and
Demonstration Initiative” (SOLTRAIN) des österreichischen außeruniversitären Forschungsinstituts
AEE INTEC errichtet. AEE INTEC arbeitet mit Universitäten, Forschungseinrichtungen sowie mit Berufsschulen,
der lokalen Solarindustrie und Energieministerien in insgesamt sechs Ländern (Südafrika, Namibia, Botswana,
Lesotho, Mosambik und Simbabwe) zusammen, um das enorme Potenzial für Solarthermie in der Region zu nutzen.
Strom(kosten) sparen mit Warmwasser aus Solarenergie
Solarthermische Anlagen unterstützen diese Länder langfristig bei der Erreichung ihrer Klimaziele.
Denn in Namibia und Südafrika durchgeführte Messungen zeigen, dass lokale Haushalte 40 bis 50 Prozent
des Stroms zur Warmwasserbereitung nutzen. Ein breit angelegter Umstieg auf thermische Solaranlagen entlastet den
Elektrizitätssektor massiv – und trägt darüber hinaus zur Reduktion lokaler CO2-Emissionen bei.
Der überwiegende Teil des Energiebedarfs der Region wird aktuell mit Kohle bedient.
Letzten Endes bedeuten diese Anlagen eine spürbare Verbesserung für die Lebensbedingungen der Menschen
vor Ort: Ihre Stromkosten sinken, die lokale Wertschöpfung steigt, sie haben gesicherten Zugang zu Warmwasser
aus erneuerbarer Energie und neue Arbeitsplätze entstehen. In den vergangenen zehn Jahren profitierten bisher
rund 7.000 Menschen jährlich von dem Projekt.
Vorzeigeprojekt für Entwicklungszusammenarbeit
Mittlerweile nennt sich SOLTRAIN ein Best-Practice-Beispiel der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit:
Die Austrian Development Agency (ADA) unterstützte die Initiative mit einer Anschubfinanzierung und Förderungen
in Höhe von knapp 8 Millionen Euro über drei Projektphasen hinweg. Denn der Zugang zu leistbarer, verlässlicher
und ökologisch nachhaltiger Energie ist in Entwicklungs- und Schwellenländern ein wichtiger Schlüssel
zur Bekämpfung der Armut – und damit ein wesentliches Ziel der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit.
Der OPEC Fonds für Internationale Entwicklung (OFID) ist weiterer Fördergeber.
Beitrag zu bezahlbarer und sauberer Energie für alle
„Die ADA steht seit zehn Jahren hinter SOLTRAIN. Wir gehen damit langfristig auf die konkreten Bedürfnisse
unserer Partnerländer ein. Und wir leisten einen Beitrag für weniger Energiearmut im südlichen Afrika“,
erläutert ADA-Geschäftsführer Martin Ledolter die Bemühungen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit,
bis 2030 bezahlbare
und saubere Energie weltweit sicherzustellen. „Mit SOLTRAIN im Allgemeinen und der Eröffnung der zwei
größten thermischen Solaranlagen südlich der Sahara im Konkreten kommen wir diesem Ziel einen beträchtlichen
Schritt näher. Vor Kurzem haben wir weitere 2,5 Millionen Euro für eine vierte Projektphase zugesagt“,
so Ledolter bei der Eröffnung in Johannesburg.
„Erneuerbare Energie-, aber auch Effizienzdiskussionen konzentrieren sich fast ausschließlich auf den Stromsektor.
Dabei wird übersehen, dass rund die Hälfte des weltweiten Endenergiebedarfs auf Wärme und Klimatisierung
entfallen. Lediglich 20 Prozent des Endenergiebedarfs entfallen auf Strom. Vor allem in Ländern südlich
der Sahara nutzen Haushalte, Hotels, Restaurants und Spitäler, aber auch Gewerbe- und Industriebetriebe einen
nicht unerheblichen Teil ihres Strombezugs für Heizung, Kühlung und Warmwasserbereitung. Das bedeutet
eine Verschwendung von ohnedies rarer Energie. Gepaart mit der hohen Sonneneinstrahlung in der Region ergeben diese
Rahmenbedingungen ein enormes Potenzial für thermische Solaranlagen. Mit SOLTRAIN sorgen wir dafür, dass
dieses Potenzial nicht ungenutzt bleibt“, ergänzt Werner Weiss, Geschäftsführer von AEE INTEC.
Die errichteten Anlagen reichen von kleineren Anlagen mit 2m² Kollektorfläche zur Warmwasserbereitung
von Einfamilienhäusern über mittelgroße Anlagen zwischen 20 und 50m² Kollektorfläche
für soziale Einrichtungen, Studentenheime oder Hotels bis hin zur Versorgung gewerblicher und industrieller
Prozesse mit bis zu 600m² Kollektorfläche. Der jährliche Solarertrag aller errichteten Anlagen beträgt
1,83 Millionen Kilowattstunden (kWh). Dies entspricht einer Stromeinsparung von 2,02 Millionen kWh und der Vermeidung
von 1.222 Tonnen CO2.
In Summe wurden seit 2009 2.380 Personen in der Planung, Errichtung und Qualitätskontrolle von thermischen
Solaranlagen ausgebildet. Das in den Kursen Gelernte setzen lokale Firmen in insgesamt 326 Demonstrationsprojekten
um – und garantieren damit die langfristige fachgerechte Nutzung und Instandhaltung der Anlagen. Zusätzlich
unterstützt das Projekt Studentinnen und Studenten bei Masterarbeiten, die sich mit dem Thema Solarenergie
beschäftigen.
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