Nationalrat erörtert Mittelstandsbericht 2018
Wien (pk) - Die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sind die tragende Säule der österreichischen
Wirtschaft. Auf diesen Grundkonsens konnten sich am 15. Mai bei der Debatte im Nationalrat über den aktuellen
Mittelstandsbericht alle Fraktionen einigen. Unterschiedlich fiel das Urteil aber in Bezug auf die wirtschaftspolitischen
Maßnahmen der Regierung aus. Während ÖVP und FPÖ ebenso wie Bundesministerin Margarete Schramböck
von der geplanten Steuerreform Entlastungen gerade für die KMU erwarten, konterte die SPÖ, die Politik
der Koalition gehe an der klein- und mittelständischen Wirtschaft vorbei und nütze einzig den Großunternehmen.
Die NEOS orteten Säumigkeit bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels, während JETZT einmal
mehr eine Arbeitszeitverkürzung als Reaktion auf die Herausforderungen der Digitalisierung forderte.
Regierungsparteien setzen auf Steuerreform und Attraktivierung der Lehre
"Die KMU sind eine stabile Säule und ein Erfolgsgarant der heimischen Wirtschaft", betonte ÖVP-Abgeordneter
Peter Haubner. Er bekräftigte dabei insbesondere die Bedeutung der Unternehmen für Beschäftigung
und Ausbildung und sieht die Politik aufgerufen, den mittelständischen Sektor in besonderem Maße zu
unterstützen. Haubner unterstrich in diesem Zusammenhang vor allem die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die
Lehrlingsoffensive, die Deregulierung und die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten. Von der geplanten
Steuerreform wiederum erwartet sich der Wirtschaftssprecher der ÖVP eine wesentliche Entlastung der KMU. Dies
bestätigte auch sein Fraktionskollege Gabriel Obernosterer mit der Bemerkung, zum ersten Mal sei es nun gelungen,
Betriebe und Arbeitnehmer wirksam zu entlasten. Auch Andreas Ottenschläger (ÖVP) plädierte mit Blick
auf die kommende Steuerreform für eine schrittweise Entlastung der Unternehmen bei gleichzeitiger Beachtung
der aktuellen budgetären Situation.
Die KMU erhalten durch diese Bundesregierung maximale Unterstützung, ist FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Klinger
überzeugt. Wichtig sei es nun, die Unternehmen auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorzubereiten,
dies etwa durch die Digitalisierungsoffensive im Zuge der Lehrlingsausbildung. Die Rolle der KMU bei der Ausbildung
von MitarbeiterInnen unterstrich auch Christian Höbart (FPÖ), während Jessi Lintl (FPÖ) in
der Attraktivierung von Lehrberufen eine Antwort auf den Fachkräftemangel sieht.
Die Regierung habe viel für die KMU unternommen, bekräftigte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck
und nannte unter anderem die Senkung der Körperschaftssteuer, die Erhöhung der Kleinunternehmergrenze
und des Betrags für geringwertige Wirtschaftsgüter, die Mitarbeitererfolgsbeteiligung sowie die Entbürokratisierung
durch Pauschalierung. Was die Fachkräfte betrifft, kündigte Schramböck die Überarbeitung von
rund 200 Lehrberufen und die Einführung neuer Lehrberufe an. Erleichterung erwartet sie sich auch durch die
Anpassung der Mangelberufsliste. Große Bedeutung misst Schramböck überdies der Jobbörse für
Asylberechtigte zu.
Opposition vermisst echte Entlastung sowie Maßnahmen gegen Fachkräftemangel
Die Politik der Regierung, insbesondere die angekündigte Steuerreform, gehe an den KMU vorbei und nütze
in erster Linie den großen Unternehmen, lautete hingegen das Urteil von SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner,
der in diesem Zusammenhang heftige Kritik an der Senkung der Körperschaftssteuer übte. Cornelia Ecker
(SPÖ) vermisste vor allem Maßnahmen und Konzepte, um dem drohenden Konjunkturabschwung entgegenzuwirken,
und forderte unter anderem die Einführung einer zeitlich begrenzten vorzeitigen Abschreibung. Die Absage der
Regierung an die Beseitigung der kalten Progression sowie die Senkung der Körperschaftssteuer seien die falschen
Signale, um auf die Abflachung der Konjunktur zu reagieren, gab Rainer Wimmer (SPÖ) zu bedenken und meinte,
vielmehr müsste der private Konsum belebt werden. Seine Fraktionskollegin Doris Margreiter wies auf den Fachkräftemangel
hin und brach eine Lanze für die Lehrausbildung von Asylwerbenden.
NEOS-Abgeordneter Josef Schellhorn hakte beim Fachkräftemangel ein und warf der Regierung vor, nichts dagegen
zu tun. Integrationswillige Lehrlinge würden abgeschoben, in der Bildungspolitik habe sich nichts bewegt,
von der mittleren Reife sei nach wie vor keine Rede. Dazu komme noch, dass die Deregulierung trotz gegenteiliger
Ankündigungen ein leeres Schlagwort geblieben sei.
Für JETZT-Mandatar Bruno Rossmann schließlich sind der 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche keine
Antworten auf die negativen Auswirkungen der digitalen Transformation für Arbeitsbedingungen und Arbeitsmarkt.
Es brauche eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 35 Wochenstunden bei vollem Lohnausgleich, betonte
er. Ein entsprechender Antrag Rossmanns blieb aber in der Minderheit.
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