Blumenpracht und Formsuche

 

erstellt am
27. 05. 19
13:00 MEZ

Leopold Museum präsentiert Olga Wisinger-Florian und Edmund Kalb
Wien (leopold museum) - Gegensätzliches und längst Überfälliges zeigt das Leopold Museum in zwei neuen Ausstellungen. Mit der Schau Olga Wisinger-Florian. Flower-Power der Moderne präsentiert das Museum die erste umfassende Retrospektive der exzeptionellen Malerin. Olga Wisinger-Florian (1844-1926) zählt zu den ersten erfolgreichen Künstlerinnen, die den Beginn einer konsequenten Kunstgeschichte der Frau ab Mitte des 19. Jahrhunderts repräsentieren. Zeitgleich mit der durch Emil Jakob Schindler, Robert Russ oder Theodor von Hörmann vertretenen Avantgarde der Landschaftsmaler im Österreich der 1880er-Jahre gelang es ihr, sich neben Tina Blau und Marie Egner in der männlich dominierten Kunstwelt zu behaupten und als unabhängige Malerin Anerkennung und Ruhm zu erwerben. Ihre Gemälde wurden nicht nur im Wiener Künstlerhaus regelmäßig ausgestellt, sondern waren auch in München, Berlin, Prag und Paris präsent. Wisinger-Florian setzte sich engagiert für die Rechte der Frauen ein, war eine der meist ausgezeichneten Künstlerinnen ihrer Zeit und zählte berühmte Persönlichkeiten des Großbürgertums sowie den hohen Adel und das Kaiserhaus zu ihren Kunden. Ihre Eigenständigkeit erarbeitete sie sich durch enormen Fleiß, Konsequenz und nicht zuletzt durch perfektes Selbstmarketing. Anhand des in ihrem Werk zentralen, typisch weiblich konnotierten Motivs der Blume schuf sie ein Œuvre, das den Bogen von der lyrischen Tonmalerei bis hin zur modernen Malerei an der Schwelle zum Expressionismus spannt.

Marianne Hussl-Hörmann, Kuratorin: "Die eindrucksvolle Karriere von Olga Wisinger-Florian stellt sich als Ergebnis verschiedener, ineinandergreifender Komponenten dar. Die Hindernisse, die eine Frau in der Kunstwelt zu überwinden hatte, verstand sie mit Charme und Intelligenz zu meistern. Talent verschaffte ihr Anerkennung und Respekt, Fleiß machte sie zu einem verlässlichen Partner, aber erst ihr intelligentes Taktieren und ihr geniales Networking führten am schwierigen Marktplatz der Kunst zum Erfolg. Den Nachteil ihres Geschlechts verwandelte sie selbstbewusst in ihren Vorteil und wurde so für viele der nachkommenden Generation zum Vorbild."

Hans-Peter Wipplinger, Direktor Leopold Museum: "Nach einer letzten Einzelausstellung in den 1950er-Jahren wurde Olga Wisinger-Florian lediglich im Verbund mit Tina Blau und Marie Egner präsentiert und dies nur als berühmte Schülerin Emil Jakob Schindlers im Gruppenverband der StimmungsimpressionistInnen. Jüngste Forschungen und nicht zuletzt diese monografische Ausstellung zeigen, wie die Künstlerin konsequent eine revolutionäre Auffassung von Farbe, Raum und mimetischer Illusion verfolgte. Ihre Suche nach neuen Raumlösungen und auch die Leuchtkraft ihrer betont kräftigen Farben weisen sie als frühe Vertreterin des modernen Farbexpressionismus aus. Wir sind daher sehr glücklich, als erste öffentliche Institution diese ungewöhnliche Malerin mit einer umfangreichen Personale zu würdigen und sie aus dem Gruppenverband der 'StimmungsimpressionistInnen' herauszuheben."

Olga Wisinger-Florian. Flower-Power der Moderne präsentiert insgesamt rund 120 Exponate, davon 70 Gemälde aus bedeutenden institutionellen wie privaten Sammlungen, darunter jene des Belvedere, des Wien Museum, die Privatsammlung der Familie Leopold, die Sammlung Eisenberger, sowie die Kunsthandlung Giese & Schweiger, die im Besitz des Nachlasses der Künstlerin ist, und die Sammlung des Leopold Museum. Als wissenschaftlicher Berater fungierte Wisinger-Florian-Kenner Alexander Giese.

Ausstellung "Edmund Kalb"
Mit der parallel laufenden Ausstellung Edmund Kalb gibt das Leopold Museum als erstes Wiener Museum einen umfassenden Einblick in das Schaffen des 1900 geborenen Künstlers Edmund Kalb. Anhand von 125 Exponaten wird das erstaunliche Werk des Querdenkers und Einzelgängers beleuchtet. Die Schau präsentiert einen rastlosen Künstler, der sein Schaffen konsequent vorantrieb und penibel fotografisch dokumentierte, zu Lebzeiten aber, sich dem Kunstbetrieb verweigernd, kein einziges seiner Werke verkaufte. Der aus Dornbirn stammende Künstler schuf, motiviert durch das Studium an der Münchner Akademie der bildenden Künste, zwischen 1926 und 1930 sein Hauptwerk mit rund 700 Selbstbildnissen und ca. 400 Porträts, in denen er die Formen des Gesichtes auslotete. In den späten 1920er-Jahren entstanden bemerkenswerte ganzfigurige Akte, ab 1930 Selbstbildnisse von höchster Qualität und Vielschichtigkeit in Aquarell-, Tusch- und Kaltnadeltechnik. Mit der endgültigen Rückkehr nach Dornbirn im April 1930 brach Kalbs Schaffen ab. Durch die intensive Arbeit im Malerbetrieb und auf dem Hof und Feld seines Vaters blieb ihm kaum Zeit für seine Kunst. In den späten 1930er-Jahren beschäftigt er sich mit dynamischen Abstraktionen. Kalb befasste sich intensiv mit den naturwissenschaftlichen Errungenschaften seiner Zeit, setzte sich mit Mathematik, Mechanik, Atomphysik bis hin zur Weltraumtechnik und Wahrnehmungspsychologie, aber auch mit Fragen der Pflanzenzucht auseinander und kommunizierte in Esperanto mit Gleichgesinnten in aller Welt. 1942 wurde Kalb zur Luftwaffe eingezogen. Wegen Gehorsamsverweigerung wurde der kompromisslose Freigeist zu Gefängnisaufenthalten verurteilt und entkam nur knapp dem Tod durch Erschießung. Nach dem Krieg kam er neuerlich mit dem Gesetz in Konflikt, als er sich gegen eine Zwangseinquartierung von Mietern in seinen Wohnräumen wehrte. Seit dem Tod seiner Eltern lebte der Künstler als Selbstversorger in prekären Verhältnissen und vereinsamte zusehends. Am 20. Oktober 1952 starb Edmund Kalb in seiner Wohnung nach mehrtägigem schweren Leiden einen qualvollen Tod. Innerhalb der Familie und in seinem Umfeld stieß Kalb auf Unverständnis und Ablehnung, ein großer Teil seiner Werke wurde nach seinem Tod vernichtet.

Rudolf und Kathleen Sagmeister, Kuratorenteam: "Kalb war nicht zuletzt vor allem ein vielseitiger Forscher und Denker von beeindruckender geistiger Unabhängigkeit. Seine Beschäftigung mit Philosophie, Psychologie, Mathematik, Physik, Ökologie etc. ist keine Anekdote seines Künstlertums, sondern ein Charakteristikum. Ihn interessierten vor allem Probleme und wenn es auf dem Gebiet der Zeichnung gerade keine zu lösen gab, beschäftigte er sich eben mit einem der Mathematik oder der Landwirtschaft."

Hans-Peter Wipplinger, Direktor Leopold Museum: "Edmund Kalb zählt zu den faszinierendsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Sein Widerstand gegen jede repressive Autorität brachte dem Freigeist und Nichtangepassten während des nationalsozialistischen Regimes eine Verurteilung wegen Befehlsverweigerung und eine mehrmonatige Haft im Militärgefängnis ein. Auch in der Nachkriegszeit saß Kalb wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Beamtenbeleidigung mehrere Monate im Gefängnis. Die Folgen der Bestrafung führten schließlich zu seinem frühen Tod im Jahr 1952. Sein Schaffen wurde erst posthum bezeichnenderweise von Künstlerkollegen entdeckt und gewürdigt. Trotz Ausstellungen, u.a. in New York, Rom und Dresden und im Kunsthaus Bregenz, begleitet von umfangreichen Katalogen, bleibt das Schaffen und Leben Edmund Kalbs für die große Allgemeinheit nach wie vor eine Entdeckung."

Feierliche Eröffnung der Ausstellungen
Der Einladung zur Doppel-Eröffnung, die feierlich von Leopold Museum Direktor Hans-Peter Wipplinger und den KuratorInnen Marianne Hussl-Hörmann (Ausstellung Olga Wisinger-Florian), Kathleen und Rudolf Sagmeister (Ausstellung Edmund Kalb) sowie Wisinger-Florian Experte Alexander Giese in Anwesenheit der kaufmännischen Direktorin des Leopold Museum Gabriele Langer begangen wurde, folgten mehr als 700 BesucherInnen, darunter Leopold Museum-Vorstandsvorsitzender Josef Ostermayer und die Vorstände des Museums Elisabeth Leopold und Agnes Husslein-Arco mit Ihrem Mann Prof. Peter Husslein, im Kinsky GF Christoph la Garde und Ramona la Garde, Michael Kovacek (im Kinsky -Gründer) und Charlotte Kreuzmayr (Parnass-Gründerin), Erste Bank CEO Andreas Treichl und Desirée Treichl-Stürgkh, Klimt-Nachfahre Gustav und Christa Huber, Brigitte Huber-Mader, Leopold Birstinger (Freunde des Leopold Museum), Gerbert und Marianne Frodl, die SammlerInnen RA Bernhard und Elisabeth Hainz, Helmut Klewan und Regina Götz, Diethard und Waltraud Leopold und RA Ernst Ploil (im Kinsky-Gründer), die Leopold Museum-Circle of Patrons-Mitglieder Anita Querfeld (Cafè Landtmann GFin), Jutta Stolitzka, Helene von Damm (ehem. US-Botschafterin), Rudolf Hauptner und Verleger Martin Scheriau. Weitere prominente Gäste der Eröffnung waren Secessions-Präsident Herwig Kempinger, Edelbert Köb (Ex-Mumok-Direktor), Klimt-Foundation GF Peter Weinhäupl, die GaleristInnen Jane Kallir (Galerie Saint Etienne, New York), Susanne Bauer (Galerie Susanne Bauer), Herbert und Gabriele Giese (Galerie Giese & Schweiger), Florence Giese, Peter und Erika Kovacek, Regine Kovacek und Sylvia Kovacek (Galerie Kovacek), Hansjörg Krug (Antiquariat und Kunsthandlung Christian M. Nebehay), Josef Schütz (Schütz Fine Art), Martin und Claudia Suppan (Suppan Fine Arts), die KünstlerInnen Anita Witek, Lorenz Estermann und Michael Horsky, Belvedere-Kurator Franz Smola, Kuratorin Andrea Winklbauer (Jüdisches Museum Wien), Kunsthistorikerin Susanne Längle, Susanna Bichler-Rosenberger (Leitung Dorotheum Galerie), Angelika Rümmele (Kultur- und Kunstverein Edmund Kalb, Dornbirn), Kunsttrans GFin Birgit Vikas, Josefine Festetics (Christie's), Dorotheum-Expertin Astrid Fialka-Herics, Susanne Herdey-Herzl und Nina Herdey, Alexandra Kaszay (Hofburg Wien), die UnternehmerInnen Antonella und Josef Rupp, Gerhard Ströck, Autor Max Kübeck, Werber Christian Satek u.v.m.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.leopoldmuseum.org/

 

 

 

 

 

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