St. Pölten (nöwpd) - Die Lehre in NÖ ist deutlich im Aufwind – in vielerlei Hinsicht, wie eine
aktuelle Studie des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) zeigt. Die gute Zusammenarbeit der
Sozialpartner, die auch Auftraggeber der Studie waren, ist wohl mit ein Grund für diese positive Entwicklung
gewesen.
„Das Image der Lehre ist gestiegen“, betont NÖ Wirtschaftskammerpräsidentin Sonja Zwazl – und verweist
auf ein Plus von 2,1 Prozent bei der Anzahl der Lehrlinge. 16.154 sind es Ende 2018 gewesen. Das sei der stärkste
Zuwachs aller Bundesländer. Auch der Anteil der Jugendlichen, die sich für eine Lehre entschieden haben,
ist mit 30,4 Prozent deutlich angestiegen. Dazu kommt, dass Niederösterreich mit einer Drop-Out-Rate von 11,6
Prozent bei den Lehrlingen den niedrigsten Wert aller Bundesländer aufweist. Zum Vergleich: Bei den Schulen
in Niederösterreich liegt die Drop-Out-Rate zwischen 22 (AHS) und 43 Prozent (BMS).
Diese Entwicklung zeige „wieder einmal, was die Sozialpartner alles auf den Weg bringen“, sagt NÖ Arbeiterkammer
(AKNÖ)-Präsident Markus Wieser – wohl auch mit Blick auf die Bundespolitik. Die Trendwende in der dualen
Berufsausbildung sei sehr erfreulich, „die Lehre verdient sich einen hohen Stellenwert“, so Wieser. Angesichts
dieser Tatsache haben die Sozialpartner in Niederösterreich eine Vielzahl gemeinsamer Aktivitäten gesetzt
– von der Berufsinformations-Messe bis zur Berufsorientierung an der Pädagogischen Hochschule in Baden, die
mittlerweile schon zahlreiche Anfragen aus anderen Bundesländern ausgelöst hat. „Berufsorientierung soll
an den Schulen ein Pflichtfach werden“, meinen die Sozialpartner und hoffen, dass die künftige Bundesregierung
ihnen Gehör schenkt.
Während früher rund 80 Prozent der Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern wieder weiterführende
Schulen empfohlen haben, will man mit einer Trendwende dort anknüpfen. Zwazl: „Wir bieten in Niederösterreich
den Begabungskompass an, der den Jugendlichen den für sie best geeigneten Weg in die Berufswelt weist.“ Dabei
sollen– als neue Zielgruppe – auch mehr Maturanten für eine Lehre gewonnen werden. „Derzeit sind das nur 2,5
Prozent, in Deutschland beispielsweise aber bereits 28 Prozent“, so die WKNÖ-Präsidentin. Die Lehrstellenberaterinnen
der WKNÖ seien bereits in diesem Feld aktiv, um auf die Möglichkeiten einer verkürzten Lehre für
Maturanten hinzuweisen.
Die blau-gelben Sozialpartner haben auch eine Reihe von Projekten mit dem Ziel vorangetrieben, auch Erwachsenen
den späteren Einstieg in eine Lehre möglich zu machen. Erst vor kurzem ist gemeinsam mit dem AMS Niederösterreich
das Programm AQUA vorgestellt worden, das keine Altersgrenze nach oben kennt (siehe NÖ Wirtschaftspressedienst
Ausgabe Nr. 1535 vom 3. Mai 2019). Ebenfalls ein Beispiel für die Bildungs-Offensiven der Sozialpartner ist
die Berufslenker-Akademie. Offene Lehrstellen für hochwertige und krisensichere Berufe gebe es quer durch
alle Branchen, betont Sonja Zwazl. Eine aktuelle Umfrage unter NÖ Lehrlingen habe „Top-Werte der Zufriedenheit
mit der Ausbildung“ ergeben.
AKNÖ-Präsident Wieser regt außerdem an, dass die Anmeldung zur Lehrabschlussprüfung auch vom
Lehrberechtigten gestellt werden kann. Damit würde man auch der Prüfungsangst begegnen. Wieser: „Im Tourismus
melden sich fast acht Prozent der Jugendlichen nicht zur Prüfung an, obwohl sie die volle Lehrzeit erfolgreich
absolviert haben.“
Die Top-Plätze unter den rund 200 Lehrberufen in Österreich sind in Niederösterreich nach wie vor
relativ geschlechter-spezifisch besetzt, obwohl auch hier der Wandel bereits eingesetzt hat. Bei den Frauen liegt
der Einzelhandel mit seinen verschiedenen Schwerpunkten auf Platz 1, gefolgt von der Friseurin/Perückenmacherin
und der Bürokauffrau. Aber auch in der Metalltechnik (Platz 10) sind die Frauen im Vormarsch.
Bei den Männern rangiert der Modul-Lehrberuf Elektrotechnik an der Spitze, gefolgt von der KFZ- und der Metalltechnik.
Warum die Gleisbautechnik mit 278 Lehrlingen auf Platz 9 der Lehrberufe in Niederösterreich rangiert, ist
schnell erklärt. Helmut Dornmayer vom ibw: „In diesem Lehrberuf werden alle Lehrlinge aus ganz Österreich
bei den ÖBB in St. Pölten ausgebildet.“
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