Verbesserungspotenziale bei Pensionen, Pflege und bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund
und Ländern
Brüssel/Wien (pk) - Österreich hat bei der Umsetzung der von der Europäischen Kommission
vorgegebenen länderspezifischen Empfehlungen einige Fortschritte erzielt, lautet die Einschätzung der
Europäischen Kommission in ihrer Analyse der heimischen Wirtschafts- und Budgetpolitik. Im Nationalen Reformprogramm
2019 (III-282 d.B.) geht die alte Regierung auf Empfehlungen der Kommission ein, die Verbesserungspotentiale in
den Bereichen Pensionen, Pflege und bei der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ortet. Im Gesundheitssystem
hingegen sieht die Kommission Fortschritte, ebenso wie bei der Verringerung der Steuer-und Abgabenbelastung. Die
Arbeitsmarktergebnisse für Frauen konnten verbessert werden, heißt es, wobei der Anteil von Frauen in
Teilzeitbeschäftigung noch immer sehr hoch sei und auch das Barcelona-Ziel bei der Betreuung der unter Dreijährigen
noch immer nicht erreicht wurde. In der Bilanz der Europäischen Kommission zu den nationalen Europa-2020-Zielen
wird hervorgehoben, dass Österreich die beiden Bildungsziele bereits erreicht habe und sich beim Beschäftigungsziel
und den erneuerbaren Energien auf einem guten Weg befinde.
Fokus auf Pflege daheim
Die EU sieht Verbesserungspotenzial im Gesundheits-und Langzeitpflegesystem sowie dem Pensionssystem. In den Empfehlungen
werden die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und die Einschränkung der Frühpensionierung
empfohlen. Zudem soll Österreich das mittelfristige Haushaltsziel 2019 unter Berücksichtigung der vorübergehenden
Abweichung erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Dienstleistungen effizienter machen. Auch
das Finanzministerium sieht die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zusehends unter
Druck. Die Gesundheitsausgaben werden voraussichtlich bis 2040 um 0,7% von 7% im Jahr 2016 des BIP auf 7,7% ansteigen.
Bis zum Jahr 2070 wird mit einer Erhöhung der Ausgaben um 1,3% auf 8,3% des BIP gerechnet. Ähnlich herausfordernd
wird die Entwicklung im Bereich der Langzeitpflege eingeschätzt.
Im Sinne einer vorausschauenden Politik sollen Reformen im Gesundheitsbereich die Ausgabenzuwächse eindämmen,
Effizienzsteigerungen im System bringen und den breiten Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung aufrechterhalten,
heißt es von österreichischer Seite. Zentrales Steuerungsinstrument im Finanzierungsbereich sei der
Zielsteuerungsvertrag 2017-2021, der eine kontinuierliche Senkung des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6%
im Jahr 2017 auf 3,2% im Jahr 2021 vorsieht. Die frühere Regierung setzte mit dem weiteren Ausbau der Primärversorgungszentren
auf eine Stärkung der wohnortnahen ambulanten Gesundheitsgrundversorgung. Damit soll der kostenintensive Spitalsektor
entlastet und die HausärztInnen gestärkt werden. Auch die Sozialversicherungsreform über die Zusammenlegung
der Versicherungen von derzeit 21 auf 5 ist ein bedeutender Schritt zur Effizienzsteigerung.
Der Fokus wird auf Pflege zu Hause gelegt, der Vorrang vor der Betreuung und Pflege in stationären Einrichtungen
zu geben ist. Ziel ist daher, die Rahmenbedingungen für pflegende Angehörige zu verbessern. Die Abschaffung
des Pflegeregresses per 1. Jänner 2018 stelle eine finanzielle Entlastung für viele Familien dar, so
die Analyse im Bericht.
Engagement zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters
Engagement zeigt Österreich auch bei der Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters, denn laut Berechnung
der Europäischen Kommission werden die Ausgaben für Pensionen von 13,8% des BIP (2016) auf 14,3% des
BIP im Jahr 2070 ansteigen. Die gesamtwirtschaftliche Arbeitskraft soll erhalten bleiben, dazu werden mehrere Maßnahmen
gesetzt, unter anderem eine Reform der Altersteilzeit, die eine Änderung des Zutrittsalters beinhaltet.
Entgegen der Empfehlung der Kommission ist eine Koppelung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung oder
eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters nicht geplant.
Steuer- und Abgabenbelastung soll gesenkt werden
In der zweiten länderspezifischen Empfehlung der EU liegt der Fokus auf der Steuer- und Abgabenbelastung.
Diese sei besonders für GeringverdienerInnen zu reduzieren. Die Empfehlung zielt des Weiteren auf Verbesserungen
bei den Arbeitsmarktergebnissen der Frauen und eine Erhöhung der Grundkompetenzen benachteiligter junger Menschen
ab. Außerdem soll die Unternehmensdigitalisierung vorangetrieben werden.
An der Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung werde gearbeitet, liest man im Bericht. Maßnahmen wie der
Familienbonus Plus oder die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge wurden bereits gesetzt. Die Einführung
der Digitalsteuer von 5% für digitale Großkonzerne soll der Empfehlung Rechnung tragen.
Die Arbeitsmarktergebnisse der Frauen sind auf einem steigenden Kurs. Im europäischen Vergleich ist die Erwerbsbeteiligung
der Frauen hoch. Durch den Anstieg der Erwerbstätigkeit von Frauen, steigt auch der Anteil an Teilzeitbeschäftigungen.
38,2% der Frauen erklären ihre Teilzeitbeschäftigung mit Betreuungspflichten für Kinder oder erwerbsunfähige
Erwachsene. Der Ausbau des Kinderbetreuungsangebots nimmt daher eine hohe Priorität auf der politischen Agenda
ein, so das Nationale Reformprogramm. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern, soll das
Kinderbetreuungsangebot für die unter Dreijährigen ausgebaut sowie die Öffnungszeiten im Kindergartenbereich
verlängert werden.
Fokus auf Verbesserung der Grundkompetenzen benachteiligter Jugendlicher
Damit alle Kinder und Jugendlichen die bestmöglichen Bildungs- und Berufschancen erhalten, legt die Bundesregierung
einen starken Fokus auf den Erwerb von Grundkompetenzen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf das Lernen der Unterrichtssprache
Deutsch gelegt wird, heißt es im Nationalen Reformprogramm. Dazu gibt es zahlreiche Ansätze, beispielsweise
der weitere Ausbau ganztätiger Schulformen sowie Deutsch als zusätzliches Schulreifekriterium und das
Pädagogikpaket.
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