Doskozil: Einsatz für Föderalismus – Ludwig: „Sinnlos, an Städten vorbei zu
regieren“ – Riedl am 69. Städtetag: „Keine Wahlzuckerl auf Kosten der Gemeinden und Städte“
Rust/Eisenstadt (blms) - Rust ist Gastgeber des 69. Österreichischen Städtetages. Von 22. bis
24 Mai 2019 nehmen hunderte Kommunalvertreter aus ganz Österreich an der Veranstaltung teil. Im Mittelpunkt
der Gespräche stehen unter anderem Fragen zur Finanzierung der Pflege, umweltfreundliche Mobilität und
das Spannungsfeld zwischen Baulandentwicklung und Naturschutz. Zur Eröffnung konnte Rusts Bürgermeister
Gerold Stagl auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, den Präsidenten des Europäischen Ausschusses der
Regionen, Karl-Heinz Lambertz, die Regierungsmitglieder Astrid Eisenkkopf, Daniela Winkler und Christian Illedits,
den Präsidenten des Österreichischen Städtebundes, Bgm. Michael Ludwig, Städtebund Obfrau Ingrid
Salamon und Alfred Riedl, Präsident Österreichischer Gemeindebundes, begrüßen.
In seiner Begrüßungsrede brach Landeshauptmann Hans Peter Doskozil einmal mehr eine Lanze für den
Föderalismus – auch mit Blick auf die aktuellen Ereignisse auf Bundesebene: „Die Gemeinden, die Städte
und auch die Länder sind DER stabilisierende Faktor in unserem Land. Daran sollten wir denken, wenn wir über
mehr Zentralismus oder mehr Föderalismus reden. Es geht dabei um Kompetenz und das Übernehmen von Verantwortung.“
Beispielhaft dafür stünden der geplante Ausbau des Englischunterrichts an den burgenländischen Volksschulen
und der Gratiskindergarten, den man im landesweit auf den Weg bringen werde. „Diese Maßnahmen sind ein Ausfluss
des Föderalismus – dort, wo wir uns bewegen können. Wir schauen uns an, was die Menschen in der Region
brauchen.“ Dies könne man nicht von oben diktieren, sondern müsse „in der Region gelebt werden, mit den
Menschen gelebt werden“, so Doskozil. Die Entscheidungsträger in den Gemeinden und Städten würden
viel dazu beitragen und viel Verantwortung tragen. „Wir müssen gemeinsam – Gemeinden, Städte und Länder
– selbstbewusst auftreten und das, was wir wollen, selbstbewusst einfordern. Wir arbeiten nicht mit dem Steuergeld
des Bundes, sondern mit dem Steuergeld der Menschen. Es geht um das, was wir sind.“
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Ludwig bei Eröffnung „Sinnlos, an Städten vorbei zu regieren“
Rust/Wien (rk) - Bei der feierlichen Eröffnung des 69. Städtetages 2019 in Rust, bei der sowohl Bundespräsident
also auch Minister aufgrund der Angelobung der neuen MinisterInnen der Übergangsregierung auf Bundesebene
ihre Teilnahme abgesagt hatten, standen am 22. Mai das Vertrauen in die Politik und die europäischen
Grundwerte im Mittelpunkt der Reden.
„Freiheit, Gleichheit, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten
angehören, sind Grundwerte, die nicht leichtfertigt verspielt werden dürfen“, warnte Städtebund-Präsident
Bürgermeister Michael Ludwig. In Bezug auf die Privatisierung der Daseinsvorsorge sagte er, es gehe darum,
diese „für die Zukunft abzusichern und nicht unser Wasser an russische Oligarchen zu verkaufen“.
Kritisch äußerte sich Ludwig über die Zusammenarbeit der Städte und Gemeinden mit dem Bund:
„Das Gespräch zu suchen und mit der Bundesregierung auf Augenhöhe verhandeln zu können, das haben
wir vermisst in den letzten Monaten“, sagte Ludwig. Er verwies auf ein Schreiben des Österreichischen Städtebundes
an die Regierung, indem für die zu erwartenden Mindereinnahmen durch die geplante Steuerreform rund eine Milliarde
betragen würden, „dafür erwarten wir eine Kompensation“, so Ludwig. Eine entsprechende Antwort sei ausgeblieben,
ob und wie diese Steuerreform nun kommt, sei nun nach der Auflösung der bisherigen Regierung ohnehin ungewiss.
Er kritisierte die Verordnung des Innenministeriums die Entschädigung für Asylwerber für Hilfstätigkeiten
auf 1,5-Euro pro Stunde zu beschränken. „Spielen wir nicht Arme gegen noch Ärmere aus, das ist unwürdig
in einem Land wie Österreich“, sagte Ludwig.
Zuletzt appellierte er an die künftige Bundesregierung, „reden Sie mit uns, es hat keinen Sinn an den Städten
vorbei zu regieren. Das Ergebnis wird am Ende ein besseres sein“, so Ludwig.
Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen verglich die EU mit einem
Schiff auf hoher See bei starkem Wellengang. Damit die Reise sicher fortgesetzt werden könne, müsse sich
die Erkenntnis in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchsetzen, dass „die EU nicht das oft ferne
Brüssel ist, sondern überall da, wo die Menschen leben“. Das zu vermitteln, sei die Aufgabe der Regionen
und Kommunen, die am nächsten bei den Menschen und ihren Anliegen sind. Wie Doskozil forderte er eine neue
Form der Subsidiarität in der EU, die den Zusammenhalt in den Vordergrund stellt. Die Ideen aus Brüssel
müssten vor Ort umsetzbar sein, bei EU-Entscheidungen müssten jene Themen Priorität haben, die Menschen
in den Kommunen bewegen. Die Daseinsvorsorge werde von der EU oft „gegängelt statt gefördert“.
Festrednerin Zehnpfennig: Idee Europa bezwingt Populismus
Abschließend sprach Barbara Zehnpfennig, Politikwissenschafterin an der Uni Passau in ihrem Festreferat
„Europa – unser Schicksal“ über die Herausforderungen der EU vor dem Hintergrund von erstarkendem Nationalismus
und Rechtspopulismus. Populisten würden vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme präsentieren.
Am Beispiel des „Brexit“ zeige sich, wie „skrupellose Politiker Gefühle von Menschen instrumentalisiert haben“.
Mit dem Streuen von Vorurteilen, falschen Fakten und unrealistischen Versprechen hätten sie erfolgreich Stimmung
gegen die EU gemacht. Populismus sei ein „Warnsignal“, dem eine pro-europäische Politik die der Union zu Grunde
liegende Idee einer gemeinsamen Geschichte, einer gemeinsamen Zukunft und insbesondere einer europäischen
Identität entgegengesetzt werden müsse. Um Populisten den Nährboden zu entziehen, dürften Politikerinnen
und Politiker nicht auf die „Wut-Welle“ aufspringen, die derzeit vor allem Rechtspopulisten trage, sondern Herausforderungen
und Probleme bei Migration und Zusammenleben analysieren und ein Gesamtkonzept für Zuwanderung und Integration
auf europäischer Ebene entwickeln – und das nicht den Kommunen überlassen. Die EU müsse einen Mittelweg
zwischen „Nationalismus und verordnetem Multikulti“ finden: Das sei nur durch eine Diskussion über die gemeinsame
kulturelle Identität Europas möglich, bei der die Errungenschaften der EU hervorgekehrt und eindeutig
benannt werden müssten.
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Riedl: “Keine Wahlzuckerl auf Kosten der Gemeinden und Städte”
Rust/Wien (gemeindebund) - Im Zuge seiner Grußworte bei der Eröffnung des 69. Städtetages
in Rust appellierte Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl an alle Parteien im österreichischen
Nationalrat, bis zur Wahl im September keine Beschlüsse auf Kosten der Gemeinden und Städte zu fassen.
“Ich erinnere nur an einen Beschluss vor zwei Jahren, der uns bis heute beschäftigt: Die Abschaffung des Pflegeregresses
im Juni 2017 ohne Kostenersatz für Länder und Gemeinden. So etwas darf sich nicht wiederholen”, betonte
der Gemeindebund-Präsident am Städtetag.
Appell an Bürgermeister/innen im Nationalrat
Neuwahlzeiten sind herausfordernde Zeiten, besonders für die Gemeinden und Städte. “Jetzt gilt es
bei dringenden Reformvorhaben Gemeinde- und Städtevertreter intensiv einzubinden. Ich appelliere besonders
an die Bürgermeister/innen und Gemeindevertreter/innen aller Parteien im Nationalrat, noch stärker darauf
zu achten, dass die Gemeinden durch “Wahlzuckerl”-Beschlüsse später nicht draufzahlen. Die Abgeordneten
aller Parteien haben gerade im freien Spiel der Kräfte die besonders große Verantwortung, bei Gesetzen
auch über den Wahltag hinaus zu denken”, so Riedl am Städtetag.
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