Haus der Musik: Neue Sonderausstellung „Neue Wiener Lieder“
Wien (rk) - Was wäre Wien ohne das berühmte Wienerlied mit den leichtfüßigen Melodien,
seiner Melancholie und dem oft tiefschwarzen Humor? Das Haus der Musik, ein Museum der Wien Holding, präsentiert
von 31. Mai bis 13. Oktober 2019 die neue Kabinettausstellung „Neue Wiener Lieder“ im glasüberdachten Innenhof
des Museums. Der Eintritt zur Sonderausstellung ist frei!
Das Wienerlied – aktueller denn je
Dass das Wienerlied, ob in seiner traditionellen Form oder erfolgreich gemischt mit aktuellen Popströmungen,
noch lange nicht zur Vergangenheit gehört, zeigt die neue Sonderausstellung im Innenhof des Museums. Mit historischen
Plattencovern, Instrumentenleihgaben, Bühnenrequisiten, Anekdoten und vielen Musikbeispielen spannt die Schau
den Bogen von der Geschichte des modernen Wienerlieds zu bekannten, aktuell bedeutenden, Wiener KünstlerInnen
wie etwa Ernst Molden und den Strottern und beleuchtet das Wiederaufleben des berühmten Liedgenres.
„Als Museum sehen wir unseren Auftrag nicht nur in der Vermittlung der Tradition der Wiener Klassik, sondern haben
uns als Veranstalter von Singer-Songwriter Konzerten und dem jährlichen ‚Sinnesrauschen‘ Festival auch die
Aufgabe gestellt, der heimische Musikszene eine Bühne zu geben. Umso mehr freut es mich, dass wir mit der
neuen Sonderausstellung nun den Fokus auf die aktuelle Wienerlied Szene legen, die so lebendig ist, wie nie zuvor“,
so Haus der Musik-Direktor Simon Posch zur Ausstellung.
„Wien, Wien, nur Du allein“: eine Stadt, die eine eigene Musikgattung hat und pflegt
Wien, die Stadt der vielen Gesichter, der vielen Legenden, weltberühmt für ihre Einzigartigkeit und ureigene
Kultur. Eine ganz wesentliche Rolle dabei spielt das Wienerlied, das etwa um 1800 entstanden ist und bis heute
in vielen Schattierungen gepflegt wird. Während das traditionelle Wienerlied, oft als altmodisch abgetan,
also nicht umzubringen ist, ist es in den vergangenen Jahren einer jungen Generation an MusikerInnen gelungen,
mit unterschiedlichen neuen Ansätzen dieses Genre endgültig ins „Jetzt“ zu holen und für ein neues
Publikum attraktiv zu machen: Künstler wie Ernst Molden, Kollegium Kalksburg, Roland Neuwirth, Der Nino aus
Wien oder Voodoo Jürgens spielen klug und gekonnt mit der Tradition, sie verändern sie mit dem Einarbeiten
neuerer Strömungen, indem sie zum
Beispiel Rock, Reggae, Blues und Pop einfließen lassen. Die Stärken des Wienerliedes – Ironie, Humor,
Zeitgeist, auch Gesellschaftskritik – werden oft in einer anderen Sprache zum Ausdruck gebracht. Man fühlt
sich ertappt, wenn man das Lied „Hättma, kenntma (mochma oba net)“ der Gebrüder Marx hört:
Kenntma besser Fuassboi spün,
Woima oba net.
Kenntma amoi wön gehn,
Mochma oba net.
Das Dogma des Wienerliedes: Poesie, Provokation, Pop
Bewusst trägt die Ausstellung den plakativen Untertitel „Poesie, Provokation, Pop“ – all diese Begriffe
waren schon immer Dogma und Anliegen des Wienerliedes. Das galt früher und gilt auch heute wieder, vielleicht
stärker, aber jedenfalls zeitgeistiger. Das Wienerlied wurde zum zeitgeistigen, kritischen „Mainstream“ der
Popgeneration.
Der leider viel zu früh verstorbene Musiker und Songschreiber Georg Danzer sagte einmal:
„Mit Austropop habe ich eigentlich nichts am Hut. Nicht nur weil vieles, das man mit dem Attribut Austro- versehen
hat, später den Bach runter gegangen ist. Das schlimmste Beispiel ist wohl der Austrofaschismus“. Mit dieser
wohl sehr provokanten Aussage hat einer der großen Chansoniers und Poeten der heimischen Szene seine Position
klargelegt. Nie ging es ihm um Kommerz, sondern immer um Kritik, Ironie und Haltung. Danzer beweist eindringlich,
dass eingängige Melodien nicht oberflächlich sein müssen. Wie bei vielen seiner Musikerkollegen
verbergen seine Texte einen wachen Geist hinter plumpem Spott, Humanismus hinter purem Zorn.
Auch die neue Generation liebt die Provokation dieser Art. Voodoo Jürgens gräbt Tote aus, Sigi Maron
lobt Hitler, da er zumindest Vegetarier war und Wanda erklären Inzest mit Amore. Sigmund Freud schau obe.
Es geht um das Goldene Wienerherz, das Raunzen und die Liebe
Neben einer Audio/Video-Station bei der die BesucherInnen in die musikalische Welt des Neuen Wienerlieds eintauchen
können, versammelt die Ausstellung im Innenhof viele historische Plattencover und Fotoaufnahmen aus den letzten
50 Jahren der Szene. Auch Künstler haben wertvolle Leihgaben beigesteuert, so etwa Ernst Molden einen Hut,
sein Markenzeichen oder Nino aus Wien einige Bühnenrequisiten. Es finden sich aber auch ganz besondere Stücke
wie ein altes Apple Powerbook Duo 230, der erste Computer, auf dem Georg Danzer seine Texte geschrieben hat. Von
der vielleicht „ersten Popband des Wienerischen“, der Worried Men Skiffle Group (gegründet 1960), sind Instrumente
zu sehen.
In einem Versuch, die Erzählstränge der Ausstellung zusammenzufassen, meint Kurator Klaus Totzler: „Hier
geht es um das Entlarven und das Spiegelvorhalten, aber auch um eine Liebeserklärung. Es geht um das Raunzertum
und die Arroganz genauso, wie um das Goldene Wienerherz und die Heimatverbundenheit abseits politisch fragwürdiger
Ideologien. Es geht um die Liebe.“
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