Gesamtwahlvorschlag erhielt Zustimmung von ÖVP, SPÖ, FPÖ und JETZT
Wien (pk) - Geht es nach dem Hauptausschuss des Nationalrats werden die neuen Volksanwälte Werner Amon,
Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz heißen. Die Ausschussmitglieder stimmten am 6. Junimit ÖVP-SPÖ-FPÖ-JETZT-Mehrheit
dafür, dem Nationalrat einen entsprechenden Wahlvorschlag vorzulegen. Das Trio soll ab Juli 2019 die Nachfolge
von Günther Kräuter, Gertrude Brinek und Peter Fichtenbauer antreten. Kritik am Gesamtwahlvorschlag kommt
von den NEOS, auch die Liste JETZT hält den Bestellmodus für reformbedürftig.
Gemäß der Bundesverfassung obliegt es den drei mandatsstärksten Parteien im Nationalrat, ein Mitglied
der Volksanwaltschaft zu nominieren. In diesem Sinn hat die ÖVP ihren langjährigen Sicherheitssprecher
und früheren Generalsekretär Werner Amon, die SPÖ den Leitenden ÖGB-Sekretär Bernhard
Achitz und die FPÖ ihren bisherigen Klubobmann Walter Rosenkranz, im Zivilberuf Rechtsanwalt, vorgeschlagen.
Alle drei Kandidaten seien bestens geeignet und brächten die von der Verfassung geforderten Qualifikationen
– Kenntnisse der Organisation und Funktionsweise der Verwaltung sowie Kenntnisse auf dem Gebiet der Menschenrechte
– mit, machten SPÖ, ÖVP und FPÖ geltend. Auch nach Überzeugung von Nationalratspräsident
Wolfgang Sobotka ist den verfassungsrechtlichen Erfordernissen Rechnung getragen.
Die endgültige Wahl der drei Volksanwälte im Nationalrat ist für kommenden Donnerstag vorgesehen.
Ihre Angelobung erfolgt durch den Bundespräsidenten.
NEOS und JETZT halten Bestellmodus für reformbedürftig
Kritik am Bestellmodus der VolksanwältInnen äußerten Wolfgang Zinggl (JETZT) und Stephanie Krisper
(NEOS). Aus demokratiepolitischer Sicht wäre es besser, hätten die kleineren Nationalratsfraktionen ein
Nominierungsrecht für die VolksanwältInnen, sagte Zinggl. Schließlich seien die großen Fraktionen
zumeist in der Regierung vertreten und es sei Aufgabe der Volksanwaltschaft, die Verwaltung zu kontrollieren. Der
JETZT-Abgeordnete vermisst überdies ein Hearing mit den von SPÖ, ÖVP und FPÖ nominierten Kandidaten.
Krisper wies darauf hin, dass es gegen den derzeitigen Bestellvorgang schon lange verfassungsrechtliche Bedenken
gebe. In Wahrheit handle es sich um keine Wahl der VolksanwältInnen, sondern um eine Entsendung durch die
mandatsstärksten Parteien im Nationalrat, kritisierte sie. Das sei vor allem auch deshalb bedenklich, da die
Volksanwaltschaft seit einigen Jahren auch für die Menschenrechtskontrolle gemäß der UN-Antifolterkonvention
zuständig ist. Vor diesem Hintergrund hinterfragte sie auch die Qualifikation der nominierten Kandidaten.
Bewusste Kandidatenauswahl
Demgegenüber stellten sich Andrea Kuntzl (SPÖ), Reinhold Lopatka (ÖVP), Annelise Kitzmüller
(FPÖ), Johannes Jarolim (SPÖ), Robert Lugar (FPÖ) und August Wöginger (ÖVP) hinter den
Gesamtwahlvorschlag, auch wenn Jarolim in Zusammenhang mit der Nominierung von ÖVP-Abgeordnetem Amon von einer
"gewissen Originalität" sprach. Die SPÖ habe sich mit Achitz bewusst für einen Sozial-
und Gesundheitsexperten entschieden, sagte Kuntzl. Schließlich betreffe ein Drittel der Beschwerden bei der
Volksanwaltschaft diesen Bereich. Im Rahmen seiner Mitarbeit im Verfassungskonvent sei Achitz außerdem im
Bereich Menschen- und Grundrechte tätig gewesen. Jarolim betonte, dass der Nominierung von Achitz ein intensiver
Auswahlvorgang vorangegangen sei.
Gegen ein zu enges Qualifikationskorsett für VolksanwältInnen sprach sich ÖVP-Abgeordneter Lopatka
aus. Entscheidend sei, dass es sich um durchsetzungsstarke Personen handelt, die auf der Seite der Bürger
stehen, meinte er. Als engagierte Abgeordnete hätten sowohl Amon als auch Rosenkranz bewiesen, dass sie geeignet
sind. Auch der von der SPÖ nominierte Achitz bringe zweifellos die geforderten Qualifikationen mit. Einwänden
von NEOS-Abgeordneter Krisper hielt ÖVP-Klubobmann Wöginger entgegen, man könne einem Abgeordneten,
der seit 25 Jahren im Parlament ist, nicht absprechen, über Kenntnisse der Menschenrechte zu verfügen.
Auch am Bestellmodus der VolksanwältInnen will Lopatka nicht rütteln.
Dritte Nationalratspräsidentin Kitzmüller (FPÖ) erwartet sich von Rosenkranz, Amon und Achitz ebenfalls
eine Fortsetzung der guten Arbeit der Volksanwaltschaft. Rosenkranz sei lange Jahre als Rechtsanwalt tätig
gewesen, hob sie hervor. Seine Qualifikation gehe weit über das hinaus, was von der Verfassung gefordert wird,
ergänzt Lugar. Ihm zufolge hat man lange über die Nominierung nachgedacht und auch ein FPÖ-internes
Hearing durchgeführt. Was den Bestellmodus betrifft, hielten Kitzmüller wie auch Kuntzl fest, dass dieser
nicht kurzfristig geändert werden könne.
Breites Lob von Kuntzl, Kitzmüller und anderen Abgeordneten gab es für die Tätigkeit der scheidenden
VolksanwältInnen.
Volksanwaltschaft wurde 1977 eingerichtet
Eingerichtet wurde die Volksanwaltschaft im Jahr 1977 als Hilfsorgan des Parlaments zur Kontrolle der Verwaltung.
Mit Juli 2019 beginnt damit die achte Funktionsperiode. VolksanwältInnen sind überparteilich und unabhängig
und können nicht abgewählt werden. Sie werden vom Nationalrat für eine Funktionsperiode von sechs
Jahren gewählt, wobei eine einmalige Wiederwahl möglich ist.
Aufgabe der VolksanwältInnen ist es, behauptete oder vermutete Missstände in der Verwaltung zu prüfen.
Sie können aber auch von Amts wegen tätig werden. Seit Juli 2012 fungiert die Volksanwaltschaft außerdem
als zentrale Anlaufstelle zur Verhütung von Folter und zur Prüfung von Foltervorwürfen gemäß
der UN-Antifolterkonvention (OPCAT). In diesem Sinn darf sie überall dort, wo Menschen festgehalten werden,
etwa in Gefängnissen oder Pflegeheimen, die Einhaltung der Menschenrechte überprüfen. Dazu sind
eigene Kommissionen eingerichtet. Eingebunden ist die Volksanwaltschaft darüber hinaus in bestimmten Fällen
in die Gewährung von Heimopferrenten.
Grundsätzlich kann sich jede Person, unabhängig von Alter, Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz, an
die Volksanwaltschaft wenden, sofern sie von einem Missstand in der Verwaltung betroffen ist und gegen diesen Missstand
kein Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung steht. Beschwerden sind gebührenfrei. 2018 haben sich beispielsweise
mehr als 16.000 Personen an die Volksanwaltschaft gewendet, 9.546 Prüfverfahren wurden abgeschlossen.
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