Ärztekammer, Gebietskrankenkasse und Land NÖ schaffen Voraussetzungen für die
Weiterführung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes an Wochenenden und Feiertagen
Wien (arzt.noe/noegkk) - Nach intensiven Verhandlungen zur Neuregelung des Bereitschaftsdienstes an Wochenenden
und Feiertagen hat die Kurienversammlung der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Niederösterreich
am Nachmittag des 5. Juni einstimmig dem Verhandlungsergebnis zugestimmt. Damit gelten ab 1. Juli 2019 –
vorbehaltlich der Zustimmung in den Gremien der Sozialversicherung – neue Bedingungen, die sowohl für die
Ärzteschaft als auch die Bevölkerung deutliche Verbesserungen bringen. Der Präsident der NÖ
Ärztekammer, Dr. Christoph Reisner, MSc, meint dazu: „Wir sind sehr froh, dass wir gemeinsam mit der NÖ
Gebietskrankenkasse und dem Land Niederösterreich eine ausgezeichnete Lösung für alle Beteiligten
erzielen konnten. Es war uns von Beginn an wichtig, die betroffene Kollegenschaft miteinzubeziehen. Wir haben daher
zweimal die Stimmung und Meinung zum jeweils aktuellen Verhandlungsstand abgefragt und das Umfrageergebnis in die
Verhandlungen miteinbezogen.“
Die deutlichste Verbesserung für die Patientinnen und Patienten zeigt sich in den nunmehr niederösterreichweit
geregelten Öffnungszeiten der Ordinationen an Wochenenden und Feiertagen. So werden künftig alle diensthabenden
Ordinationen an Wochenenden und Feiertagen von 9:00 bis 11:00 Uhr geöffnet haben. Davor ab 8 Uhr und danach
bis 14 Uhr haben die zum Dienst eingeteilten Ärztinnen und Ärzte Zeit für Visiten. Teil des Gesamtpakets
ist auch eine deutliche Erhöhung sowohl des Honorars der grundsätzlichen Bereitschaft als auch der Arzttermine
in den Ordinationen und der Visiten. Wichtig war auch, die Freiwilligkeit der Teilnahme von Ärztinnen und
Ärzten mit der verlässlichen Versorgungssicherheit der Menschen im gesamten Bundesland in Einklang zu
bringen.
„Wir sind den Vertretern der Ärzteschaft entgegengekommen und haben für unsere Versicherten und die Menschen
in Niederösterreich viel erreicht“, sagt der Obmann der NÖGKK, Gerhard Hutter, zum Verhandlungsergebnis.
„Kostete der Wochenenddienst pro Halbjahr bisher ca. 3,5 Millionen Euro, so schätzen wir, dass wir allein
für das heurige zweite Halbjahr Mehrkosten von 900.000 Euro haben werden. Das entspricht einer Erhöhung
der Ärztevergütung um rund 26 Prozent.“ Hutter glaubt, dass v. a. die neuen Bereitschaftsdienstzeiten
die Vertragsärzteschaft in Niederösterreich massiv entlasten. Das sei ein wichtiger Schritt zur Attraktivierung
des Hausarztberufs, so der NÖGKK-Obmann weiter. „Bereits 2017 haben wir mit der Neuordnung der Nachtdienste
durch Notruf NÖ den Bereitschaftsdienst für Ärztinnen und Ärzte halbiert. Wir haben in den
letzten Jahren außerdem mit Maßnahmen wie der Einführung innovativer Gruppenpraxenmodelle und
flexibler Vertretungsrichtlinien zusätzlich zu deren Entlastung beigetragen und insgesamt das Image des Hausarztes
in unserem Bundesland angehoben. Niederösterreich ist ein guter Boden für die Allgemeinmedizin“, ist
Gerhard Hutter überzeugt.
Erster Schritt für eine Neuorganisation, weitere folgen
„Die Einigung über den Bereitschaftsdienst freut uns besonders für die Patientinnen und Patienten
in Niederösterreich. Dieser wichtige Schritt ist uns heute gemeinsam gelungen“, so Gesundheitslandesrätin
Ulrike Königsberger-Ludwig und NÖGUS-Vorsitzender Landesrat Martin Eichtinger zur Kurienentscheidung
in der NÖ Ärztekammer.
Die Gespräche, zu denen das Land Niederösterreich im Vorfeld eingeladen hat, sind bereits sehr konstruktiv
verlaufen. Die nun gefundene Lösung ist eine wichtige Grundlage für eine Neuregelung der Wochenenddienste
ab 2020, für die nun ehestmöglich Gespräche aufgenommen werden. „Mit dem bereits erprobten Modell
unter Einbindung von Notruf NÖ kann das Land Niederösterreich hier nötigenfalls einen wertvollen
Beitrag leisten“, so Königsberger-Ludwig und Eichtinger.
Positive Erfahrungen mit einer freiwilligen Diensteinteilung und einer regional angepassten Sprengeleinteilung
hat man bereits bei Notruf NÖ in Zusammenhang mit Bereitschaftsdiensten während der Nacht gemacht. In
den kommenden Wochen soll das System von der NÖ Ärztekammer, der NÖ Gebietskrankenkasse und dem
Land Niederösterreich unter Einbeziehung der Expertise von Notruf NÖ weiterentwickelt werden, sodass
voraussichtlich ab kommendem Jahr auch interessierte Wahlärztinnen und –ärzte mit abgeschlossener allgemeinmedizinischer
Ausbildung sich am Bereitschaftsdienst beteiligen können. Damit erhält die Ärzteschaft in den Regionen
die Chance, ihre Arbeit wesentlich besser mitzugestalten und an die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen.
Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes war Auslöser für Neuregelung
Seit Jahrzehnten haben Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag an Wochenenden und Feiertagen
ihre Ordinationen geöffnet und fahren auf Visiten, um kranke Menschen ärztlich zu versorgen. Grundlage
war eine Regelung im Gesamtvertrag, den jeder Allgemeinmediziner bei Übernahme eines Kassenvertrags mit der
Gebietskrankenkasse unterschrieben hat. Im Februar dieses Jahres hat der Verwaltungsgerichtshof diese Verpflichtung
zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst an Wochenenden und Feiertagen jedoch aus formalen Gründen aufgehoben.
Dennoch haben viele Ärztinnen und Ärzte die Dienste freiwillig weitergeführt. „Dafür wollen
wir uns ausdrücklich bedanken!“, meint Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte
MR Dr. Dietmar Baumgartner und ergänzt abschließend: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes
war für uns die Gelegenheit, die Organisation und die Honorierung neu zu verhandeln. Insbesondere die Reduzierung
der langen Dienste von 12 auf sechs Stunden zählt zu den wichtigsten Neuerungen. Damit konnten wir sicherstellen,
dass auch Kolleginnen und Kollegen nach einem Wochenendbereitschaftsdienst am Montag in der Früh wieder ausgeruht
Patientinnen und Patienten in ihren Ordinationen behandeln können.“
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