Diagnose und Therapie von Pilzerkrankungen im Visier der Wissenschaft
's-Hertogenbosch/Graz (med-uni) - Pilzinfektionen sind weltweit auf dem Vormarsch und treten in vielen verschiedenen,
teils lebensbedrohlichen, Formen auf. Grundpfeiler für eine erfolgreiche Behandlung von solchen Infektionen
stellen Diagnose und eine zielgerichtete, rasche Therapie dar. Als eines von weltweit nur acht Zentren, wurde eine
interdisziplinäre Kooperation von vier Einrichtungen der Medizinischen Universität Graz nun das höchst
mögliche Zertifikat (Diamond Certificate) der European Confederation of Medical Mycology (ECMM) zuerkannt,
womit die Expertise in Forschung, Diagnostik und Therapie von Pilzerkrankungen an der Med Uni Graz hochrangig ausgezeichnet
wurde. Neue Diagnosemöglichkeiten und personalisierte Therapieoptionen sind das Ziel der Grazer Wissenschafterinnen
und Wissenschafter.
Pilzerkrankungen: Immunschwache Personen besonders gefährdet
Groß ist die Zahl der Pilzerkrankungen, wobei von den rund 100.000 bekannten Pilzarten nur einige hundert
aus medizinischer Sicht für den Menschen von Bedeutung sind. Pilze im Körper zu haben ist aber noch keine
Krankheit. Hefepilze zum Beispiel gehören, wenn auch in geringer Anzahl, zur normalen Keimflora des Körpers.
„Pilzerkrankungen können oberflächlich (Haut, Nägel und Schleimhäute) oder systemisch (in den
inneren Organen) auftreten. Pilzinfektionen treten vor allem bei Patientinnen und Patienten mit geschwächtem
Immunsystem – wie beispielsweise bei Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation, nach chirurgischen Eingriffen
oder bei Therapien bösartiger Erkrankungen auf“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Robert Krause, Leiter der Sektion
Infektiologie und Tropenmedizin an der Medizinischen Universität Graz. Neben eher harmlosen Erkrankungen,
wie Nagelpilz, können Pilzerkrankungen auch lebensbedrohliche Formen annehmen, die mit einer hohen Sterblichkeit
einhergehen. Daher kommt der Forschung in diesem Bereich und daraus abgeleitet einer exzellenten Diagnostik und
Therapie große Bedeutung zu.
ECMM: Interdisziplinäre Forschung an der Med Uni Graz ausgezeichnet
Die European Confederation of Medical Mycology (ECMM) ist weltweit die bedeutendste wissenschaftliche Gesellschaft
im Bereich der medizinischen Mykologie. Nach einem detaillierten Audit vor Ort wurde der Medizinischen Universität
Graz von der ECMM nun der Diamond Status verliehen (https://www.ecmm.info/ecmm-excellence-centers/). Damit zählt
die Med Uni Graz zu den weltweit acht ausgezeichneten Zentren, um Patientinnen und Patienten mit Pilzinfektionen
Diagnostik und Therapie auf weltweit höchsten Niveau anbieten zu können und hochrangige mykologische
Forschung zu betreiben. „Unsere Gruppe an der Med Uni Graz arbeitet interdisziplinär und schließt viele
Bereiche mit ein, sowohl im Patienten nahen Bereich am LKH-Univ. Klinikum Graz, als auch an anderen Universitäten
in Graz und hat zahlreiche nationale und internationale Kooperationspartner“, beschreibt Robert Krause. Die Kerngruppe
des ECMM excellence centers besteht aus der Sektion für Infektiologie und Tropenmedizin und dem Klinischen
Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik am LKH-Univ. Klinikum Graz, sowie den Diagnostik-
und Forschungsinstituten für Pathologie und Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin der Med Uni Graz.
Kürzlich erschienene Diagnose- und Behandlungsleitlinien (z.B. für die Diagnose der invasiven Aspergillus
Schimmelpilzinfektion) wurden maßgeblich von Grazer Forschungsergebnissen beeinflusst (z.B. Verwendung des
Aspergillus Lateral Flow Test). Dabei arbeiten die Grazer Forschungsgruppen Hand in Hand. Die Pathologie liefert
beispielsweise den Pilznachweis im Gewebe mit mikroskopischen und modernsten molekularbiologischen Methoden, während
die Kolleginnen und Kollegen aus dem Bereich der Hygiene und Mikrobiologie an der Resistenztestung und Identifikationen
von Pilzen arbeiten. Auch in der Biomarkerforschung an der Med Uni Graz sind Pilzinfektionen ein wichtiger Teil
des Forschungsportfolios. So wurden bestimmte Pilzantigentest am Klinischen Institut für Medizinische und
Chemische Labordiagnostik weiterentwickelt und für den Einsatz bei Patienten optimiert.
In der Sektion für Infektiologie und Tropenmedizin wurden die Biomarker Galaktomannan und der Aspergillus
Lateral flow Test für den Nachweis von Aspergillus- Schimmelpilzinfektionen erforscht. „In einer rezent erschienen
systemischen Übersichtsarbeit der renommierten Cochrane Collaboration stammen ein Viertel der darin erwähnten
wissenschaftlichen Arbeiten über den Galaktomannan Test aus Graz“, erwähnt Priv.-Doz. DDr. Jürgen
Prattes, Sektion Infektiologie und Tropenmedizin an der Medizinischen Universität Graz. „Die internationale
Wahrnehmung unserer Grazer Forschungsergebnisse freut uns natürlich besonders“, meint Jürgen Prattes.
Pilzforschung wird weiters im Zentrum für Mikrobiomforschung und mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Grazer
Forschungsnetzwerk BioTechMed-Graz auf dem Gebiet der Pilz-Sepsis erfolgreich durchgeführt. Aus diesen Kooperationen
sind in Zukunft weitere wichtige Erkenntnisse über die Entstehung und Auswirkungen von Pilzinfektionen auf
den Menschen zu erwarten.
Zielgerichtete Therapien und Diagnosetools im Visier der Forschung
Die Entwicklung neuer Diagnosetools ist das erklärte Ziel im ausgezeichneten Forschungszentrum an der Med
Uni Graz. „Eine frühe Diagnose und damit verbunden eine frühe Pilztherapie sind essentiell für den
Behandlungserfolg“, beschreibt Robert Krause. Da Pilztherapien aber auch Nebenwirkungen haben können, ist
eine zielgerichtete Therapiestrategie sehr wichtig. Während bei manchen immungeschwächten Patienten eine
Pilzprophylaxe einen Vorteil bringt ist eine vorsorgliche Behandlung von beispielsweise Patienten auf der Intensivstation
nicht zielführend. Pilztherapien sollten bei solchen Patienten nur dann durchgeführt werden, wenn moderne
Testsysteme eine Pilzinfektion anzeigen oder wahrscheinlich machen. Daher kommt vor allem der optimalen Diagnostik
eine zentral Bedeutung für das Management von Pilzinfektionen zu.
„Die wissenschaftliche und klinische Zusammenarbeit der letzten Jahre hat dazu geführt, dass wir unseren Patienten
mit Pilzinfektionen nun die bestmögliche Diagnostik und Therapie anbieten können“, schließen Jürgen
Prattes und Robert Krause.
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