Neue Dimensionen bei bionischer Rekonstruktion

 

erstellt am
05. 06. 19
13:00 MEZ

Eröffnung des Klinischen Labors für Bionische Extremitäten-Rekonstruktion an MedUni Wien/AKH Wien
Wien (med-uni) - Die MedUni Wien ist mit dem Team um Oskar Aszmann von der Klinischen Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie seit dem Jahr 2009 die weltweit führende Innovationskraft in der bionischen Rekonstruktion. Der erste Aufsehen erregende Fall war jener des Elektrikers Patrick Mayrhofer, der im Frühjahr 2011 eine „bionische Hand“ erhielt, nachdem er bei Arbeiten in den Stromkreis geraten und die Hand funktionslos geworden war. Das Behandlungsspektrum zur Wiederherstellung verlorener Körperfunktionen wurde durch eine Vielzahl an revolutionären Ansätzen erweitert. Das ist auch das Ziel des gestern, Dienstag, an der MedUni Wien/AKH Wien eröffneten Klinischen Labors für Bionische Extremitätenrekonstruktion: Neue Bionik-Dimension an der Grenze von Mensch und Maschine zu erschließen.

Ganz konkret ist dabei ein Projekt (Natural BionicS), für das Aszmann und die MedUni Wien gemeinsam mit IIT Genua und dem Imperial College London vor kurzem einen mit 10 Millionen Euro dotierten ERC-Synergy-Grant erhalten hat. Dabei geht es um die Entwicklung von Bionik-Prothesen der neuesten Generation. Ziel ist es PatientInnen nach Extremitätenverlust mit diesem neuen Konzept zu behandeln und ihnen so wieder eine möglichst natürliche Körperlichkeit und Funktionalität im Umgang mit moderner Prothetik zu ermöglichen.

„Ein zentrales Element ist hierbei die Schaffung eines so genannten Manunkulus“, sagt Aszmann in Anspielung auf das bekannte „Homunkulus“-Konzept der zentralen sensomotorischen Bewegungskontrolle. Dabei soll eine biologische Schnittstelle geschaffen werden, welche als Interface verlorener Körperteile mit entsprechenden mechatronischen Ersatzteilen dienen kann.

In einem komplexen neuromuskulären Eingriff wird eine Matrix geschaffen, welche Biosignale für modernste Technik greifbar macht und so für die Steuerung bionischer Prothesen herangezogen werden kann. Aszmann: „Zusammen mit neuen Errungenschaften in der Signalübertragung und mechatronischen Entwicklung wird so eine neue Dimension im bionischen Extremitätenersatz eröffnet und eine fast uneingeschränkte Intuitivität der Bewegungskontrolle und Wahrnehmung ermöglicht.“

Labor auf vier Säulen
Das am Dienstag eröffnete Labor steht auf vier wichtigen Säulen: (Grundlagen-)Forschung, die Behandlung von Betroffenen, Lehre und Public-Private-Partnership. Mit dem Healthcare-Products-Unternehmen Ottobock, mit dem Aszmann seit Jahren eng zusammenarbeitet und deren Prothesen ein wichtiger Baustein in der Bionischen Rekonstruktion darstellen, wurde ein neuer Vertrag bis 2025 abgeschlossen, der dem Labor eine Forschungsförderung von einer Million Euro sichert. Für die bahnbrechende Weiterentwicklung in der Anwendung von bionischen Oberarmprothesen wurden Aszmann gemeinsam mit Otto Bock Healthcare Products 2015 mit dem renommierten Houskapreis zur Forschungsförderung ausgezeichnet.

MedUni Wien und AKH Wien mit Vorreiterrolle
Bei der Eröffnungsfeier am Dienstag war auch Aszmanns bekanntester Patient, Patrick Mayrhofer mit dabei. Der 31-Jährige ist mittlerweile erfolgreicher Paralympic Snowboarder und gewann bei den Winter-Paralympics 2018 Silber im Banked Slalom. 2008 war der Elektriker aus dem Mühlviertel schuldlos bei Arbeiten an einem Kabel in den Stromkreis geraten. Die Folge: schwerste Verletzungen an Händen und Beinen, Not-Operationen, monatelange Reha. Die Beine und die rechte Hand konnten gerettet werden, die linke Hand blieb funktionslos. Dann entschied sich Patrick, die Hand amputieren zu lassen und einige Wochen später durch eine bionische Prothese zu ersetzen. Viele namhafte Universitäten (Johns Hopkins, MIT, Harvard, HSS New York, Ann Arbor, U-Michigan) sind in den vergangenen Jahren mit ähnlichen Konzepten und Forschungsprogrammen nachgezogen.

 

 

 

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