WIFO: Tourismusanalyse Wintersaison 2018/19
Wien (wifo) - Der Winter 2018/19 startete mit kräftigen Nächtigungszuwächsen im November
und Dezember 2018 (insgesamt +8,0%). In den Hauptmonaten Jänner bis März 2019 (zusammen rund zwei Drittel
der Saisonnächtigungen) zeigte sich die Nachfrage jedoch aufgrund überdurchschnittlicher Schneemengen
und des späten Ostertermins rückläufig (-2,4%). Der vor allem durch die Osterverschiebung bedingte
kräftige Nächtigungsanstieg im April (+13,2%; 11,3% der Saisonnachfrage) konnte das Ergebnis des gesamten
Winters 2018/19 jedoch nur moderat verbessern (Gästeankünfte +2,8%; Übernachtungen +1,4%).
Der Tourismus in der mit April zu Ende gegangenen Wintersaison 2018/19 hatte mit erschwerten Rahmenbedingungen
zu kämpfen: Zum einen verursachten die starken Schneefälle zu Jahresbeginn Sperren von Skigebieten und
Straßenverkehrsverbindungen, zum anderen fielen die Osterferien auf einen relativ späten Termin Mitte
April. Nach Schätzungen des WIFO erzielte die heimische Tourismuswirtschaft von November 2018 bis April 2019
Einnahmen von insgesamt 14,40 Mrd. € (zu laufenden Preisen). Damit stieg das Volumen gegenüber 2017/18 um
1,4%.
Die verschobene Lage der Osterwoche zwischen den Vergleichsperioden (März 2018, April 2019) beeinträchtigt
jedoch die Aussagekraft dieses Ergebnisses: Späte Osterfeiertage sind für Gäste deutlich weniger
attraktiv, sodass die Nachfrage in solchen Jahren erfahrungsgemäß geringer ausfällt als in Jahren
mit frühen Osterterminen. Für eine Betrachtung der Entwicklung des heimischen Wintertourismus über
die Zeit erscheint es daher sinnvoll, eine statistische Bereinigung[1]) um diesen Ostereffekt vorzunehmen.
Auf Basis solcher Anpassungen belaufen sich die nominellen Einnahmen des Winters 2018/19 auf 14,60 Mrd. €, liegen
also höher als die tatsächlich realisierten. Das entspricht einer Steigerung gegenüber dem (ebenfalls
bereinigten) Vergleichsniveau 2017/18 (14,09 Mrd. €) von 3,6%. Auch in realer Rechnung fiel das um die Osterwoche
bereinigte Ergebnis der aktuellen Wintersaison mit +1,7% deutlich positiv aus, während sich die Einnahmen
auf Basis unbereinigter Werte mit -0,4% hingegen leicht rückläufig zeigten.
Die auf Bundesländerebene nur unbereinigt verfügbaren Daten zur Wintersaison 2018/19 sind dementsprechend
mit Vorsicht zu interpretieren: Während der späte Ostertermin in wintersportdominierten Regionen eine
gedämpfte Nachfrage bewirkt haben dürfte, könnten Bundesländer mit Kernangeboten in den Bereichen
Kultur, Kulinarik und Wellness davon sogar profitiert haben.
Ohne Bereinigung des Ostereffektes expandierten im Zeitraum November 2018 bis April 2019 die nominellen Tourismuseinnahmen
in Wien besonders stark (+15,2%), was auf einen ungebrochenen Boom für Städtereisen hinweist. Ebenso
erzielten Ober- und Niederösterreich ein deutliches Umsatzplus (+6,0% bzw. +4,0%). Das Einnahmenvolumen des
Burgenlandes überstieg jenes des Winters 2017/18 mit nominell +0,9% nur leicht, was sich in realer Rechnung
in Einbußen niederschlägt. Salzburg, Tirol, Vorarlberg und die Steiermark konnten aufgrund der starken
Nachfrage im April die bis dahin aufgetretenen Verluste dämpfen, schlossen die Wintersaison 2018/19 aber dennoch
mit rückläufigen Tourismuseinnahmen ab (-0,2% bis -2,6%; zu laufenden Preisen). Kärnten war als
einziges Bundesland mit einer sinkenden Nachfrage im April konfrontiert, sodass sich das bis März nominell
erzielte leichte Umsatzwachstum mit Abschluss der Wintersaison 2018/19 in einen Rückgang von 0,3% verwandelte.
Der April 2019 war im Vergleich zum langjährigen Mittel 1981/2010 um 1,5 °C zu warm und im Norden und
Osten Österreichs niederschlagsarm. Ende des Monats fiel jedoch Schnee bis in viele Täler (vor allem
in Osttirol und Kärnten), was zum späten Ostertermin und über das Monatsende hinaus die Möglichkeit
zum verlängerten Schilauf bot. Wie bereits erwähnt, lässt im April die Nachfrage nach Wintersporturlauben
aber auch bei guter Schneelage bereits deutlich nach, sodass der alpine Wintertourismus davon kaum profitieren
konnte; dies zeigt sich nicht nur bei den Einnahmen, sondern auch bei den Nächtigungszahlen:
Nach Einbußen in den Hauptsaisonmonaten Jänner (-1,7%), Februar (-1,9%) und März (-3,5%, negativer
Einfluss des Ostereffektes), die zusammen rund zwei Drittel des Nächtigungsaufkommens im Winter stellen, nahm
die Nachfrage im April 2019 deutlich zu (+13,2%). Dieser durch die Osterfeiertage ausgelöste Nachfrageanstieg
war allerdings zu gering, um die Gesamtentwicklung des Winters 2018/19 wesentlich zu verbessern, auch wenn von
November 2018 bis April 2019 sowohl bei Gästeankünften (+2,8% auf 20,39 Mio.) als auch bei Übernachtungen
(+1,4% auf 72,88 Mio.) ein Wachstum und damit neue Höchststände erzielt wurden. Gleichzeitig ging die
durchschnittliche Verweildauer der Österreich-Gäste pro Unterkunft auf 3,57 Nächte zurück.
Gegenüber der Saison 2017/18 bedeutet dies einen wieder etwas stärkeren Rückgang um 1,3% (nach -0,6%
im Winter 2017/18); seit 1992/93 beträgt das Minus 31,7% - damit ist der Aufenthalt eines durchschnittlichen
Österreich-Gastes an dem jeweiligen Urlaubsort aktuell um etwa 1,7 Nächte kürzer als noch vor 25
Jahren.
Eine Bereinigung der Daten für März und April um den Ostereffekt[2]) zeichnet hinsichtlich des Winterergebnisses
2018/19 - wie schon bei den Einnahmen - ein deutlich positiveres Bild: Die Zahl der Ankünfte wäre demnach
im Hinblick auf Ostern im März mit +3,7% um 0,9 Prozentpunkte stärker gewachsen, das bereinigte
Wachstum der Nächtigungen liegt mit +3,6% sogar noch wesentlich stärker über dem unbereinigten Wert
(Differenz von +2,2 Prozentpunkten).
Von den tatsächlich in der Wintersaison 2018/19 in Österreich registrierten Nächtigungen entfielen
mit 77,3% gut drei Viertel auf internationale Gäste. Die Nachfrage aus dem Ausland zog gegenüber 2017/18
zudem deutlich stärker an als jene aus dem Inland (Ankünfte +3,9% bei Gästen aus dem Ausland im
Vergleich zu +0,3% bei Gästen aus dem Inland, Übernachtungen +1,8% im Vergleich zu +0,4%). Nach Bereinigung
um den Ostereffekt liegen die Zuwächse jeweils über diesen Werten (Gästeankünfte aus dem Ausland
+5,0%, aus dem Inland +0,6%, Nächtigungen: von internationalen Gästen +4,3%, von Binnenreisenden +1,2%).
Von November 2018 bis April 2019 wurden in österreichischen Beherbergungsbetrieben 56,37 Mio. Übernachtungen
ausländischer Gäste registriert. 88,2% stammten davon aus nur 15 ausgewählten Herkunftsländern,
welche sich im Durchschnitt mit +0,9% aber nur halb so stark wie die internationale Gesamtnachfrage entwickelten
(nur unbereinigte Ist-Werte verfügbar): Maßgeblich hierfür waren vor allem die Einbußen bei
den für den österreichischen Markt so wichtigen deutschen Gästen (-0,8%; 47,7% der Nächtigungen
aus dem Ausland), aber auch die spürbar rückläufige Nachfrage aus der Schweiz (-1,9%) und Russland
(-7,4%), deren Marktanteil zusammen 5,3% ausmacht. Gegenüber dem Winter 2013/14 klafft bei den Gästen
aus Russland zudem bereits eine Lücke von rund 605.500 Übernachtungen bzw. 44,5% auf das damals bereits
erreichte Volumen. Im Gegensatz dazu entwickelte sich im Analysezeitraum die Nachfrage aus den USA (+14,3%), Italien
(+7,7%), Rumänien (+6,3%), Dänemark (+6,1%), Tschechien (+5,6%), Belgien (+4,4%) und Polen (+4,0%) zum
Teil besonders kräftig (diese sieben Märkte stellen gemeinsam 15,3% der internationalen Nächtigungen).
Auch die Niederlande, mit gut 1 Zehntel (11,1%) der zweitwichtigste Auslandsmarkt des österreichischen Tourismus,
trug mit einer überdurchschnittlichen Nächtigungsentwicklung (+3,2%) zum positiven Gesamtergebnis bei,
ebenso die Quellmärkte Frankreich und Ungarn (+2,8% bzw. +2,1%). Die Nachfrage aus dem Vereinigten Königreich
(-0,3%) und Schweden (-0,5%) blieb etwas unter dem Niveau des Winters 2017/18.
Von den einzelnen Unterkunftsarten profitierten in der Wintersaison 2018/19 abermals die gewerblichen Ferienwohnungen
von einer deutlich gestiegenen Nächtigungszahl (+5,5%). In der Hotellerie entwickelte sich sowohl das Top-Segment
(5/4-Stern) als auch die preisgünstigen 2/1-Stern-Betriebe ähnlich dem Durchschnitt aller Beherbergungsbetriebe
(jeweils +1,5%), die 3-Stern-Kategorie stagnierte beinahe (+0,4%). Private Ferienunterkünfte wuchsen von November
2018 bis April 2019 mit +0,8% nur mäßig, während Campingplätze, Unterkünfte für
Kinder und Jugendliche, Kurheime, bewirtschaftete Schutzhütten und sonstige Unterkünfte zusammen einen
überdurchschnittlichen Zuwachs von 1,9% realisieren konnten. Einzig die Privatquartiere verzeichneten einen
deutlichen Rückgang (-3,7%).
[1]) Für die Ermittlung der Kalendereffekte (z. B. die Lage von Ostern oder
die Berücksichtigung eines Schaltjahres) wurde das Programm JDemetra+ verwendet. Als Datenbasis dienten Monatsdaten
von Jänner 1996 bis Dezember 2018; die Bereinigung erfolgte für Ankünfte, Übernachtungen und
Umsätze im Gesamtreiseverkehr (jeweils für Österreich insgesamt). Für den "reinen"
Ostereffekt im jeweiligen Kalenderjahr und Monat (März bzw. April) maßgeblich ist die Verteilung der
Tage vor dem Ostersonntag (Palmsamstag bis Karsamstag) zwischen den beiden Monaten. Die Bereinigung der Umsätze
um den reinen Ostereffekt erfolgte für März 2018 durch eine Korrektur des Ist-Wertes um 9,2% nach unten,
der (Ist-)Wert vom März 2019 erfuhr gleichzeitig eine Aufwertung um 8,5%; dem entgegengesetzt wurden die tatsächlich
realisierten Umsätze im April 2018 um 8,5% auf-, 2019 um 9,2% abgewertet.
[2]) Die Ist-Werte erfuhren hier 2019 im März eine Anhebung um 6,2% (Ankünfte) bzw. 9,6% (Nächtigungen),
die Hochrechnungsergebnisse für April wurden um 6,7% bei Ankünften bzw. um 10,9% bei Übernachtungen
verringert; gleichzeitig erfolgte für die Vergleichswerte 2018 im März eine Verringerung um 6,7% (Ankünfte)
bzw. 10,6% (Übernachtungen) und im April eine Aufwertung derselben (Ankünfte +6,2%; Nächtigungen
+9,6%).
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