Hans Hollein ausgepackt

 

erstellt am
12. 06. 19
13:00 MEZ

Das Haas-Haus SammlungsLab #4 im Architekturzentrum Wien
Wien (azw) - Das Haas-Haus, gleich vis-à-vis dem Stephansdom, erregte bereits vor seiner Eröffnung die Gemüter. Anlässlich des 85. Geburtstages von Hans Hollein (1934–2014) öffnet das Architekturzentrum Wien das Archiv des Architekten und ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Entstehung dieses „Eckhauses der Nation“.

Vor 35 Jahren wurde Hans Hollein beauftragt, eine Umbaustudie für das Haas-Haus zu erstellen. Aus dem Umbau wurde ein Neubau, der 1990 eröffnet wurde. Das einst kontrovers diskutierte Gebäude ist inzwischen fester Bestandteil der Wiener Innenstadt. Geblieben ist die Frage, was kann und darf zeitgenössische Architektur im historischen Zentrum?

Die Ausstellung „Hans Hollein ausgepackt: Das Haas-Haus“ vergegenwärtigt einerseits die Diskussionen von damals und zeigt andererseits die Entstehung des Projektes anhand beeindruckender Objekte, darunter viele Originalzeichnungen und Modelle. Erstmals können Az W-Besucher*innen, einzelne Arbeitsschritte Holleins – das Verwerfen und Wiederaufgreifen von Varianten, seine Akribie und das Suchen nach einer Lösung für diesen neuralgischen Ort – nachvollziehen. Obwohl Hollein den Begriff der Postmoderne als mediales Konstrukt ablehnte und sich der Vereinnahmung seiner Architektur durch diesen verwehrte, gilt er als einer ihrer Vorreiter. In seiner Rückbesinnung auf das historische Bewusstsein und dem Spiel mit historischen Zitaten wendet er sich gegen den Dogmatismus der Klassischen Moderne.

Hollein hatte bereits mit seinen frühen Wiener Projekten, wie dem Kerzengeschäft Retti oder den Geschäften für den Juwelier Schullin in den 1960er und 1970er Jahren für Aufmerksamkeit gesorgt. Der prominente Standort und der Maßstab des Haas-Hauses ermöglichten Hollein aber nun erstmals, das Stadtbild nachhaltig zu prägen. Zu diesem Zeitpunkt war Hollein bereits ein international anerkannter Architekt mit weltweiter Bautätigkeit. Bis heute ist Hollein der einzige österreichische Pritzker-Preis-Träger.

In Österreich standen viele Zeitgenoss*innen dem Projekt Haas-Haus skeptisch gegenüber. Der öffentliche Druck war enorm. Initiativen und ein „Proponentenkomitee“ unter der Leitung des Architekten Walter Jaksch forderten die Erhaltung des vorhandenen Nachkriegsbaus. Heftige Diskussionen wurden dabei nicht nur in Fachkreisen geführt, alle schienen eine Meinung zu diesem innerstädtischen Bauvorhaben zu haben. Politische Rückendeckung bekam Hollein vom damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk. Seit 2012 steht das Gebäude unter Denkmalschutz.

Die Ausstellung „Hans Hollein ausgepackt: Das Haas-Haus“ ist die vierte Ausgabe der Reihe SammlungsLab im Architekturzentrum Wien. Sie macht erstmals einen Teil der riesigen Bestände des „Archiv Hans Hollein, Az W und MAK, Wien“ für die Öffentlichkeit zugänglich.

Zur Ausstellung
Die Ausstellung beginnt mit einem einführenden Exkurs in die Geschichte des Ortes, vom römischen Legionslager über das imposante Geschäftshaus der Firma Philipp Haas & Söhne, errichtet 1865–1867 von August Siccard von Siccardsburg und Eduard van der Nüll, und dem 1953 fertiggestellten zweiten Haas-Haus von Carl Appel, Max Fellerer und Eugen Wörle. Unter dem Titel „Geteilte Meinungen“ vergegenwärtigt der zweite Abschnitt die Diskussionen rund um das Projekt von Hans Hollein, bevor sich die Ausstellung mit einer großen Materialfülle auf die formale Genese des Haas-Hauses konzentriert. Nebeneinander, übereinander, kontrapunktisch und aufeinanderfolgend entstanden im Atelier Hans Hollein Varianten und Studien zum Haas-Haus. Das fortwährende Deklinieren jeder Fassung und ihre Überprüfung auf dem Papier, im Modell, mittels Fotografien und Collagen gehörten zum zeitaufwendigen Arbeitsablauf. Durch die Zusammenschau unterschiedlicher Sammlungsobjekte aus der gesamten Entwurfs- und Bauphase stellt die Ausstellung ganz neue Verknüpfungen her. Das Feld der Untersuchungen reicht von städtebaulichen Fragestellungen bis zur Gestaltung des Bauzauns.

Im letzten Abschnitt wird das Gebäude nach der Fertigstellung gezeigt. Außen- und Innenaufnahmen sowie ein „visuelles Bauprotokoll“, welches im Zeitraffer-Modus die Abtragung des Vorgängerbaus und die Errichtung des Holleinschen Haas-Hauses abbildet, machen die teils nicht mehr vorhandenen Spuren sichtbar. Veränderungen und Umnutzungen des Gebäudes seit seiner Errichtung werden thematisiert, vom Rückbau des komplexen Atriums im Jahr 2002 bis heute.

Das Architekturzentrum Wien verfügt über die umfassendste Architektursammlung des 20. und 21. Jahrhunderts in Österreich. Eine für Österreich einzigartige Sammlungskooperation entstand im Jahr 2016, als der durch die Republik Österreich erworbene und durch das MAK übernommene umfangreiche Teilnachlass „Archiv Hans Hollein, Az W und MAK, Wien“ in Form einer Dauerleihgabe an das Az W zur Überarbeitung übergeben wurde.
Die umfangreichen Materialien, die in der Ausstellung „Hans Hollein ausgepackt: Das Haas-Haus“ gezeigt werden, machen dabei nur einen Bruchteil des Projektmaterials zum Haas-Haus sichtbar. Dieses wiederum stellt nur etwa 1,5 % des gesamten Materials des Archivs Hans Hollein dar.

Kuratorin: Mechthild Ebert, Az W
Ausstellungsgestaltung: Alexander Barina

Ausstellung: 13.06. - 19.08.2019, Az W Galerie

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.azw.at

 

 

 

 

 

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