Linz (biz-up) - Den steigenden Fachkräftebedarf schaffen wir nur mit Menschen aus
EU-Drittstaaten. Und die Herausforderungen der Digitalisierung meistern wir nur mit lebenslangem Lernen und einem
flexibleren Bildungssystem. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der oö. Standortagentur Business
Upper Austria.
Digitale Kompetenzen erlernen und vermitteln ist ein zentraler Standortfaktor in Oberösterreich. Nur so bleiben
Unternehmen wettbewerbsfähig und Menschen beruflich auf dem Laufenden. Der vom Land OÖ, dem AMS OÖ
und der oö. Standortagentur Business Upper Austria gegründete Qualifizierungsverbund „Digitale Kompetenz“
bietet Unternehmen und deren Mitarbeiter eine Möglichkeit, sich durch Schulungen auf den digitalen Wandel
vorzubereiten. Um den Qualifizierungsverbund zu evaluieren und zu verbessern, wurde die 3s Unternehmensberatung
mit der Studie „Digitalisierung weiterdenken“ beauftragt.
Studie über Weiterbildung
Einerseits erhob die Studie, welche Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich digitaler Kompetenzen in Oberösterreich
und angrenzenden Bundesländern angeboten werden. Andererseits wurde in qualitativen Interviews der Weiterbildungsbedarf
in Unternehmen erhoben. Aus den Ergebnissen leiteten die Studienautoren auch Empfehlungen ab.
Überangebot an Programmier-Kursen
Bei der Analyse des bestehenden Schulungsangebots stellte sich heraus, dass die meisten Kurse spezielle Software-
und Programmierkenntnisse vermitteln, vor allem im Bereich CAD, CNC und Steuerungstechnik. Das Angebot an Schulungen
zu Querkompetenzen wie Innovation oder soziale Kompetenzen sind eher unterrepräsentiert. Auch Angebote zu
Management, Unternehmensprozessen und neuen Produktionstechnologien im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind
eher selten.
Diskrepanz Angebot-Bedarf
Aus den Interviews mit den Unternehmen ergaben sich Diskrepanzen zwischen Angebot und Bedarf. Es fehlt an Basiskursen,
Seminaren zur Datensicherheit, Angeboten zum Führen von internationalen und virtuellen Teams, Programmieren
von Web-Anwendungen und Apps sowie niederschwelligen Angeboten, in denen neue Technologien einfach ausprobiert
werden können. Auch das Finden geeigneter Trainer ist mitunter eine kaum bewältigbare Herausforderung.
Fehlende niederschwellige Angebote
Aus diesen Ergebnissen leitete die 3s Unternehmensberatung zahlreiche Empfehlungen ab. Kurzfristig sollten Unternehmen
– vor allem KMU – bei der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie unterstützt werden. Noch immer gibt
es Mitarbeiter, die keinen Bezug zum Internet haben und nicht mit einem Smartphone umgehen können. Für
sie braucht es Kurse, die digitale Grundkompetenzen vermitteln. Von zentraler Bedeutung sind auch Schulungen zur
Datensicherheit, um Unternehmen vor Cyberangriffen zu schützen. Häufig nehmen nur jüngere Mitarbeiter
digitale Weiterbildungen in Anspruch. Daher sollte es für alle Mitarbeiter niederschwellige Angebote zum Ausprobieren
von Technologien geben.
Arbeitsrechtliche Empfehlungen
Kurzfristig wird der Fachkräftebedarf in der IT laut den Experten nur mit ausländischen Fachkräften
zu decken sein. Sie empfehlen daher der Politik arbeitsrechtliche Änderungen, etwa im Bereich der Rot-Weiß-Rot-Karte
für ausländische Schlüsselkräfte sowie die Verfügbarkeit der dazugehörigen Informationen
in vielen Sprachen. Ebenso ist es wichtig, dass Arbeitsgenehmigungen für Menschen aus Drittländern sowie
Änderungen bei der Bewertung und Anerkennung der Vorkenntnisse von Migranten aus Nicht-EU-Ländern rascher
erfolgen.
Umschulungen zur Bedarfsdeckung
Mittel- und langfristig empfiehlt die Studie, den Fachkräftebedarf durch Umschulungen in den Unternehmen zu
decken. Hier brauche es eine engere Zusammenarbeit zwischen Betrieben und dem AMS. Auch die Weiterbildungsanbieter
sollten sich stärker mit Unternehmen austauschen, um geeignete Trainer zu finden und zu wissen, welchen Schulungsbedarf
in IT und Mechatronik die Wirtschaft konkret hat.
Qualifizierungsverbund ausbauen
Die Unternehmen wünschen sich außerdem Hilfe beim Erkennen ihres Schulungsbedarfs und beim Entwickeln
einer geeigneten Strategie. Hier loben sie die Vernetzungsveranstaltungen des Qualifizierungsverbundes „Digitale
Kompetenz“, weil der Austausch mit anderen neue Ideen liefert. Der Qualifizierungsverbund sollte dahingehend auch
ausgebaut werden. Ganz oben auf der Wunschliste der Betriebe steht auch eine unabhängige Plattform für
digitales Lernen, auf der Schulungsinhalte gesammelt abrufbar sind.
Bildungssystem mangelhaft
Der Großteil der Experten kritisierte, dass das Bildungssystem nicht ausreichend auf die Herausforderungen
der Zukunft vorbereite. In der Schule sollte ein Basisverständnis der Digitalisierung vermittelt werden –
etwa in Fächern wie Mathematik, Elektrotechnik-Grundlagen, IT-Grundlagen oder Mechatronik. Individualisierte
Ausbildungswege fehlen, eine stärkere Kooperation der schulischen Ausbildung von der Volksschule weg mit der
Praxis, also Unternehmen, wäre ebenso wünschenswert wie Initiativen analog zu „Lehrer in die Wirtschaft“.
Hier arbeiten Lehrer in Unternehmen und erhalten so Einblick in die tägliche wirtschaftliche Praxis.
Strategische Begleitmaßnahmen
Außerdem müssten Lehr- und Ausbildungspläne im Zeitalter des digitalen Wandels schneller auf Änderungen
reagieren können. Derzeit dauert es sieben bis zehn Jahre, um einen Lehrplan zu ändern. Vor dem Hintergrund
der Digitalisierung ist das natürlich viel zu lang. Es braucht in diesem Zusammenhang außerdem Bewusstseinsbildung
für Lebenslanges Lernen. Unterstützende strategische Begleitmaßnahmen sollten den Qualifizierungsverbund
„Digitale Kompetenz“ stärken, beispielsweise durch eine Beratungs- oder Förderstelle für Unternehmen.
Förderungen der öffentlichen Hand spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
Qualifizierungsverbund „Digitale Kompetenz“
Der Qualifizierungsverbund „Digitale Kompetenz“ unterstützt Unternehmen bei der betrieblichen Weiterbildung
zur Förderung digitaler Kompetenzen. Die Schulungen werden vom AMS OÖ und vom Wirtschaftsressort des
Landes OÖ gefördert. Der Verbund ist Teil der „Leitinitiative Digitalisierung“ des Landes, die Oberösterreich
fit für die digitale Zukunft macht. Die oö. Standortagentur Business Upper Austria koordiniert die Umsetzung.
http://www.digitalregion.at/digitalskills
„InnoPeer AVM“
Das Interreh Central Europe Projekt „InnoPeer AVM“ ist ein Qualifizierungsprogramm für Industrie 4.0. Es wird
speziell für Mitarbeiter von KMU in Zentral- und Osteuropa angeboten. Der Mechatronik-Cluster ist für
die Koordination verantwortlich. Ein internationales Projektteam aus Deutschland, Ungarn, Polen und Italien unterstützt
dabei. Die Teilnahme am Lehrgang ist für Unternehmen aus Zentral- und Osteuropa kostenlos.
http://www.digitalregion.at/schwerpunkte/ausbildung-qualifizierung
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