Ausstellung von 27. Juni bis 3. August 2019
im FOTOHOF Salzburg
Salzburg (fotohof) - Der in Japan lebende Schriftsteller und Übersetzer Leopold Federmair hat zur Arbeit
von Gerti Deutsch einen neuen Text geschrieben, der von Hannes Eichmann gelesen wird. Zur Veranstaltung werden
auch die Töchter von Gerti Deutsch, Amanda Hopkinson und Nicolette Roeske, in einem Gespräch mit Kurt
Kaindl eine Einführung in die Ausstellung geben.
Die neue FOTOHOF archiv Präsentation "Life in Japan" der Fotografin Gerti Deutsch gibt einerseits
einen Einblick in Kultur und Alltagsleben in Japan im Jahr 1960, andererseits werden unterschiedliche Ausdrucksformen
und Gebrauchsweisen der Fotografie sichtbar gemacht.
Die Japan Reportage von Gerti Deutsch
Nach dem Beginn einer erfolgreichen Karriere als Fotojournalistin für eine der ersten moderne Illustrierten,
der Londoner "Picture Post", nimmt Gerti Deutsch 1960 eine mehrwöchige Einladung der japanischen
Kameraindustrie an, das Land für eine Fotoreportage zu besuchen. Mit dem Blick einer Europäerin fotografiert
sie Kultureinrichtungen, Industrie, ursprüngliches Landleben, Menschen auf der Straße - sie ist in ihren
Bildern auf der Suche nach Berührungspunkten von Tradition und Moderne in Japan. Heute wissen wir, dass diese
Zeit tatsächlich eine des entscheidenden Wandels in der japanischen Gesellschaft war.
Das FOTOHOF archiv besitzt den sehr umfangreichen Nachlass dieser Reise, der sowohl die Negative als auch die Originalbilder
einer 1962 in London veranstalten Ausstellung von Gerti Deutsch umfasst. Der Aufgabe eines Archivs für Fotokunst
gemäß, zeigen wir in dieser Werkschau eine Auswahl von großformatigen analogen Bildern, aufgezogen
auf Hartfaserplatte, wie es dem Zeitgeist der 1960er Jahre entsprach. Daneben stehen digitale Kopien von damals
nicht beachteten Motiven, die jetzt durch Mitarbeiter des Archivs ausgearbeitet wurden. Eine besondere Rarität
sind auf Karton im geplanten Layout montierte Druckvorlagen für ein Buch über Japan, das aber nie verwirklicht
wurde. Darüber hinaus gibt es Beispiele der Verwendung ihrer Fotos in zeitgenössischen Zeitschriften,
Dokumente zu ihrer Reise und schließlich großformatige Kontaktkopien ihrer Filme, die das "visuelle
Tagebuch" der Fotografin sind.
Die Fotografische Laufbahn von Gerti Deutsch
Zwischen 1937 und den frühen 1960er Jahren produzierte sie zahlreiche Fotoreportagen für die Zeitschriften
Picture Post, Nova, Holiday, Queen, Harper's Bazaar, The Tatler und den Schweizer Magazinen Atlantis und L'Oeil.
Zu ihren wichtigen Reportagen zählen unter anderem: "Ihr erster Tag in England (1938)", die Fotografien
über die Flüchtlingstransporte jüdischer Kinder aus Nazideutschland nach England zeigt, und die
Dokumentation des besetzten Nachkriegs-Wien (1948). In den 1950er Jahren kooperierte sie öfter mit der ebenfalls
aus Österreich emigrierten Fotografin Inge Morath. In Deutschs Nachlass finden sich zahlreiche Fotografien,
die von beiden Fotografinnen signiert sind; über das genaue Ausmaß der Kooperation ist jedoch nichts
erhalten. Des Weiteren hinterlässt Deutsch mehrere Entwürfe zu nicht verwirklichten Buchprojekten, erhalten
in Form von Maquetten. Wegen ihrer großen Liebe zur Musik porträtierte sie immer wieder Größen
der Musikwelt wie Yehudi Menuhin, Benjamin Britten, Arturo Toscanini, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan
oder Irmgard Seefried. Die Musikerporträts nahm sie oft in Salzburg oder Wien auf. In den 1960er Jahren zog
sich Gerti Deutsch von der Fotografie zurück und übersiedelte von London nach Salzburg.
Während ihrer Lebenszeit hatte Gerti Deutsch zwei große Ausstellungen: die erste 1958 über Österreich
im "Austrian Institute" und eine über Japan, die 1962 anlässlich der "Trade Fair"
in der Londoner Olympia-Messehalle stattfand. Sie beruhte auf einem Auftrag, der ihr über die japanische Botschaft
in London zugegangen war. Nach ihrer Wiederentdeckung gab es eine Ausstellung im Österreichischen Kulturforum
in London von Februar bis Mai 2010 und in Berlin im Januar 2011, gefolgt von einer umfangreicheren in der FOTOHOF
galerie in Salzburg von Juni bis Juli 2011.
Gerti Deutsch (*1908 in Wien, †1979 in Leamington Spa, UK) war Fotografin. Sie lebte und arbeitete in Österreich
und England.
Leopold Federmair, geboren 1957 in Oberösterreich, Studium der Germanistik, Publizistik und Geschichte
in Salzburg. Schriftsteller, Essayist, Kritiker und Übersetzer. Lebt in Hiroshima und hat zuletzt das viel
beachtete Buch "Tokyo Fragmente" (Salzburg, Otto Müller Verlag, 2018) veröffentlicht.
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