Appé: Eine gut funktionierende Demokratie benötigt ein Zweikammersystem
Wien (pk) - Mit einem Appell, trotz emotional geführter Debatten respektvoll miteinander umzugehen,
leitete Bundesratspräsident Ingo Appé am 19. Juni seine Abschiedsrede am Beginn der Sitzung der
Länderkammer ein. Diskussion in der Sache gehöre genauso zur Demokratie wie die Suche nach dem Konsens.
" Gespräche müssen auf Augenhöhe geführt werden, nur dann können wir gemeinsam zum
Wohle unseres Landes tätig sein", so Appé.
Der Bundesratspräsident brach einmal mehr eine Lanze für das Zweikammersystem. "Eine gut funktionierende
Demokratie benötigt ein Zweikammersystem wie es in vielen Staaten der Welt unter Beweis gestellt wird. Die
doppelte Beratung in beiden Kammern durch verschiedene Personen trägt zudem zu nicht übereilten, wohlüberlegten
und damit zu konsensfähigeren Beschlüssen bei." Als eine wesentliche aktuelle Herausforderung sieht
Appé für die Politik, das Vertrauen der Menschen wieder zu gewinnen. Dazu sei es wichtig, ihnen zuzuhören,
Erkenntnisse zu gewinnen und daraus politische Entscheidungen für die Bevölkerung zu treffen. Die Anfang
dieser Woche im Palais Epstein stattgefundene Buchpräsentation "Machtmensch. Spielregeln für den
Weg an die Spitze" des Kärntners Heinz Ortner habe aktueller nicht sein können, sagte Appé.
Der Autor zeige darin auf, dass Macht und Menschen zusammengehören und vermittle Spielregeln, wie Erfolg an
der Spitze gelingen kann.
Schutz des Trinkwassers vor Privatisierung ist heute allgemeiner Konsens
Der Bundesrat sei mehr als eine Brücke zwischen dem Bund und den Ländern, mehr als eine Schnittstelle
zwischen der Europäischen Union und den Bürgerinnen und Bürgern in Österreich, hielt Appé
mit Nachdruck fest. Neben Länderkammer und Europakammer sei er aber auch eine Zukunftskammer, die es schaffe,
nachhaltig Themen zu setzen, bevor diese überhaupt in der Regierung oder auf EU-Ebene behandelt werden und
die in der hektischen Alltagspolitik keinen Platz finden.
Jüngstes Beispiel dafür sei der Schutz und die Sicherung des Trinkwassers – ein Thema, das er als einen
Schwerpunkt seiner Präsidentschaft gewählt hat und das nach dem Ibiza-Video aktueller sei denn je. Dieses
Video beweise, dass die Gefahr der Privatisierung von Trinkwasser durchaus real sei. Appé erinnerte an die
diesbezügliche Enquete des Bundesrats und verwies dabei auch auf das Beispiel Sloweniens, wo das Recht auf
Trinkwasser im Verfassungsrang steht. Damit sei auch festgeschrieben, dass Trinkwasser "keine Ware" ist.
In diesem Zusammenhang zeigte sich der Bundesratspräsident besonders erfreut darüber, dass alle Fraktionen
sein Vorhaben im Nationalrat unterstützen und somit jegliche Privatisierungsbestrebungen in Österreich
zukünftig verhindert werden können. Auch bei seinen Auslandsbesuchen habe er zahlreiche Gespräche
zu diesem Thema führen können, insbesondere auch mit Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Anlässlich
der kürzlich stattgefundenen Konferenz der europäischen Senate in Paris habe er im Zuge seiner Rede neben
der notwendigen Stärkung des Subsidiaritätsprinzips auch die zukünftige Herausforderung "Schutz
des Wassers" in den Fokus der Tagung gerückt.
Auch seine VorgängerInnen wie z.B. Gottfried Kneifel, Mario Lindner, Edgar Mayer, Reinhard Todt und Inge Posch-Gruska
hätten wesentliche aktuelle Fragen aufgegriffen und Grünbücher zu Digitalisierung, Hasskriminalität,
Demokratie und Jugendhilfe in Auftrag gegeben, die unter anderem online, in World Cafés, Symposien oder
aber auch in parlamentarischen Enqueten diskutiert wurden.
Grenzüberschreitende regionale Zusammenarbeit als Chance für Zukunft
In seiner Bilanz ging Appé unter anderem auf den parlamentarischen Abschluss der österreichischen Ratspräsidentschaft
ein, wo er gemeinsam mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka rund 50 europäische ParlamentspräsidentInnen
aus 37 Ländern in Wien begrüßen durfte. Darüber hinaus habe er Slowenien und China an der
Spitze einer parlamentarischen Delegation besucht und sei mit hochrangigen GesprächspartnerInnen zusammengetroffen.
Seine letzte Reise in der Funktion des Bundesratspräsidenten werde ihn nach Kirgisistan und Kasachstan führen.
Er erinnerte zudem an die Veranstaltung gemeinsam mit dem Urban Forum Mitte Mai im Klagenfurter Rathaus unter dem
Titel "Alpe-Adria-Pannonia – eine Zukunftsregion der EU". Dabei diskutierten der Präsident der Zweiten
Kammer Sloweniens Alojz Kovšca, die slowenische Botschafterin Ksenija Škrilec, der Direktor des Balassi Institut
in Ungarn Anzelm Bárány, der Kärntner Landtagspräsident Reinhart Rohr und die Kärntner
Landtagsabgeordnete Ana Blatnik über die Chancen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Europa.
Der Kärntner Ingo Appé gibt mit 1. Juli 2019 den Vorsitz in der Länderkammer an den Niederösterreichischen
Bundesrat Karl Bader ab.
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