Neue Regierung steht für Stabilität, breiten Dialog und enge Zusammenarbeit mit dem
Bundesrat
Wien (pk) - Die "Gewährleistung von Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit"
bis nach den Nationalratswahlen sei die zentrale Aufgabe der neuen Regierung, betonte Bundeskanzlerin Brigitte
Bierlein am 19. Juni anlässlich ihrer Erklärung vor der Länderkammer. Im Zentrum des Handelns
stehen die BürgerInnen, "diesen Menschen dienen wir". Der Bundesrat sei ein wichtiger, fester und
unverzichtbarer Bestandteil der Gesetzgebung, dem gerade in der jetzigen Situation, wo es keine Unterscheidung
zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien gebe, eine besondere Rolle zukomme. Auch Vizekanzler Clemens Jabloner
legte anlässlich des Amtsantritts der neuen Bundesregierung ein Bekenntnis zur Bedeutung der Bundesrats ab
und bezeichnete den Föderalismus als ein wichtiges persönliches Anliegen.
Bierlein: Höchstmögliche Qualität und größtmögliche Sparsamkeit als Grundsätze
der neuen Regierung
Wie schon bei ihrer Antrittsrede im Nationalrat vor einer Woche verwies die neue Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein
auf das für die Regierung geltende Leitmotiv: "Nichts hält das Gemeinwesen besser zusammen als die
Verlässlichkeit". Alle Minister und Ministerinnen seien sich der Besonderheit der politischen Situation
bewusst, zumal es eine vom Bundespräsidenten eingesetzte Regierung in der Geschichte Österreichs bis
dato noch nicht gegeben habe. Die Bundesverfassung, die im nächsten Jahr den 100. Geburtstag feiere, habe
sich in den vergangenen Tagen als weitsichtiges und verlässliches Regelwerk erwiesen.
Auch wenn das Amt der Bundeskanzlerin nicht in ihrer Lebensplanung stand, habe sie diese Aufgabe mit großer
Demut und Freude übernommen, unterstrich Bierlein. Wichtig sei es ihr vor allem, einen möglichst breiten
und konstruktiven Dialog mit allen politischen Fraktionen und VertreterInnen der Zivilgesellschaft zu führen.
Ein besonderes Anliegen sei ihr ein intensiver Austausch mit den Ländern, die eine starke Rolle im österreichischen
Gemeinwesen innehaben. Sie werde daher in den nächsten Wochen mit allen Landeshauptleuten zusammentreffen,
kündigte Bierlein an. Auch wenn die Regierung über kein Wahlprogramm verfüge, sei sie voll handlungsfähig
und garantiere, dass alle Dienstleistungen des Staates im vollen Umfang zur Verfügung stehen. Es gehe primär
darum, Schaden von der Republik abzuwenden und keine besonders wichtigen Personalentscheidungen zu treffen. Dabei
sei man den Grundsätzen "höchstmögliche Qualität, größtmögliche Sparsamkeit
und Verzicht auf tagespolitisches Kalkül" verpflichtet. Wichtige politische Entscheidungen müssen
und sollen von der nächsten Bundesregierung getroffen werden, ist Bierlein überzeugt. Es liege zu Recht
in der Hand der ParlamentarierInnen, die aus ihrer Sicht notwendigen Beschlüsse bis zur Wahl "mit Maß,
Weitblick und Verantwortungsbewusstsein" zu treffen.
Österreich ist und bleibt zudem ein verlässlicher Partner in der Welt und Europa, führte die Bundeskanzlerin
weiter aus. Nach den Wahlen zum Europäischen Parlament müssen wichtige Weichenstellungen vorgenommen
werden, die die Zukunft aller maßgeblich beeinflussen. Neben den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen
und der Abwicklung des Brexit seien auch weitreichende Personalentscheidungen zu treffen. Schon heute Nachmittag
werde sie in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des EU-Hauptausschusses über diese Thematik sprechen,
informierte die Bundeskanzlerin. Morgen werde sie gemeinsam mit dem Außenminister am Europäischen Rat
in Brüssel teilnehmen. Bei allen Personalfragen stehen für sie jedenfalls sowohl die fachliche Expertise
als auch das politische Können im Vordergrund.
Jabloner: Sachkundige Fortführung der Verwaltung und Grundrechte als oberste Maxime
Vizekanzler und Justizminister Clemens Jabloner sprach von einer "ungewöhnlichen und heiklen Zeit",
die das Land derzeit durchlaufe. Die Besonderheit bestehe darin, dass die neue Bundesregierung nicht auf eine gesicherte
parlamentarische Mehrheit zurückgreifen könne. Es bestehe jedoch kein Zweifel daran, dass die Regierung
demokratisch legitimiert ist, hob Jabloner hervor, da der Bundespräsident vom Volk gewählt wird. Die
Handlungsmöglichkeiten einer solchen ExpertInnenregierung bzw. eines Übergangskabinetts seien aber beschränkt;
dies halte er auch für richtig und angebracht. Jabloner versicherte gegenüber der Länderkammer,
dass für die Regierung die sachkundige Fortführung der Verwaltung im Mittelpunkt steht. Sie werde von
Initiativen absehen, denen gesellschaftliche Wertentscheidungen zugrunde liegen. Aktiv müsse sie aber dort
werden, wo es gelte, Schaden abzuwenden.
Als Justizminister seien ihm der Rechtsstaat und die Grundrechte oberste Handlungsmaxime, führte Jabloner
weiter aus. Besonders die Europäische Menschenrechtskonvention mit ihrer beispielslosen Erfolgsgeschichte
stehe für ihn unverrückbar im Zentrum des politischen Handelns. Als zuständiger Minister für
den Föderalismus nahm er die Gelegenheit wahr, um den Bundesrat seinen allergrößten Respekt zu
entbieten. Der Bundesrat sei schon in der Verfassung von 1920 auf eine sehr kluge Weise eingerichtet worden und
er erfülle im Staatsgefüge ein ganz wesentliche Funktion. Der Föderalismus war ihm immer ein sehr
wichtiges Anliegen, betonte Jabloner, weshalb er sich in seiner früheren Funktion für eine Reform der
Verwaltungsgerichtsbarkeit stark gemacht habe. Er schloss sich den Ausführungen von Bundeskanzlerin Bierlein
vollinhaltlich an und bat schließlich um das Vertrauen der Länderkammer.
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